Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Alles, bloß kein Verein
Barca-Präsident Bartomeu spaltet den Club – Ex-Direktoren werfen ihm Korruption vor
BARCELONA (SID/dpa/zak) - „FC Barcelona – mehr als ein Verein.“Mit diesem Slogan wirbt Spaniens Meister für seine Künste. Seit der Corona-Krise aber gilt: Der wohl beliebteste Fußballclub der Welt ist meilenweit davon entfernt, ein Verein zu sein – also vereint zu handeln, zusammenzuhalten.
Nicht nur Lionel Messi fand die jüngsten Entwicklungen seltsam. Eine eigene Agentur, die Club-Legenden wie ihn, Gerard Piqué, Xavi oder Pep Guardiola in den Sozialen Medien attackierte, nur um das Image von ClubPräsident Josep Maria Bartomeu zu stärken? Das sogenannte Barcagate sorgt seit Wochen für böses Blut. Nun verdichten sich die Anzeichen, sechs Clubdirektoren traten geräuschvoll von ihren Ämtern zurück und erhoben teils schwere Vorwürfe.
In einem offenen Brief, der am Karfreitag in der Zeitung „La Vanguardia“erschien, forderten die beiden Vizepräsidenten Emili Rousaud und Enrique Tombas sowie Silvio Elias, Maria Teixidor, Josep Pont und Jordi Clasamiglia eine vorgezogene Neuwahl und beanstandeten Mängel bei der Aufarbeitung des Barcagate.
Der umstrittene Bartomeu, der 2021 nach zwei Amtszeiten als Präsident laut Statuten abtreten muss, soll dem Unternehmen I3 Ventura eine Millionensumme für gezielte Diffamierungen gezahlt haben, um ihn und die Vereinsführung in der Öffentlichkeit zu stärken. Die spanische Zeitung „Sport“schrieb von einem „Bürgerkrieg“und bezeichnete die Geschehnisse als „Zeitbombe“.
Bereits im Februar waren erste Details ans Licht gekommen, Bartomeu kündigte den Vertrag mit I3 Ventura und betonte, dass das Unternehmen ausschließlich Social-Media-Posts überwacht habe. Unabhängige Wirtschaftsprüfer starteten eine interne Untersuchung, die noch andauert.
Laut „Sport“zahlte der Club für die Dienste an die in Uruguay ansässige Firma allerdings üppige 980 000 Euro statt der marktüblichen 120 000 bis 150 000 Euro. Zudem sollen die Rechnungen in fünf Tranchen aufgeteilt worden sein, um keine Aufmerksamkeit bei den Kontrollbehörden zu erwecken. „Wenn die Rechnungsprüfer uns sagen, dass die Kosten für diese Dienstleistungen 100 000 Euro betragen und wir eine Million bezahlt haben, bedeutet das, dass jemand seine Hand in die Kasse gelegt hat. Ich habe keine Beweise, und ich kann nicht sagen wer“, sagte Rousaud dem Radiosender RAC1.
Der Abgang des Vizepräsidenten kam besonders überraschend, ihm wurde ein gutes Verhältnis zu Bartomeu nachgesagt. Der Club reagierte verärgert auf die Vorwürfe. „Der FC Barcelona bestreitet kategorisch jede Handlung, die als Korruption bezeichnet werden könnte und behält sich das Recht vor, gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten“, erklärte der spanische Meister und Tabellenführer.
Die abgetretenen Direktoren erklärten, sie seien weder mit der Handhabung der Krise noch mit den Szenarien, die sich für die Zeit nach der Pandemie abzeichneten, einverstanden. Dabei geht es auch um den Gehaltsverzicht der Profis.
Die zähen Verhandlungen mit den Spielern hatten hohe Wellen geschlagen, auch in diesem Punkt fühlten sich die Stars um Kapitän und Weltfußballer Messi durch die Vereinsführung in ein schlechtes Licht gerückt. Der Argentinier sah sich gar zu einem Statement veranlasst. Er betonte, die Mannschaft habe sich der Kürzung gar nicht widersetzt. „Es überrascht uns, dass es im Club Menschen gab, die versucht haben, uns ins Rampenlicht zu stellen und Druck auf uns auszuüben, damit wir etwas tun, was wir ohnehin tun wollten.“Das Team von Nationaltorwart Marc-André ter Stegen hatte Ende März einen vorübergehenden Gehaltsverzicht von 70 Prozent akzeptiert.
Rousaud hatte am Mittwoch beim Radiosender Cadena Ser Unstimmigkeiten in der Club-Führung durchblicken lassen: „Bartomeu rief mich an und sagte mir, er wolle das Management umbauen, weil er einigen der Direktoren misstraue, mich eingeschlossen.“Nun kamen ihm die Vorstandsmitglieder zuvor. Bartomeus Position scheint im clubeigenen „Game of Thrones“, wie ein Mitarbeiter die Abläufe hinter den Kulissen bei ESPN bezeichnete, dennoch gefestigt zu sein. Die restlichen 13 Direktoren stärkten dem Chef offenbar den Rücken, weitere Rücktritte werde es nicht geben. Damit sollte Bartomeu für seine finalen 14 Monate als Präsident fest im Sattel sitzen – trotz aller Scharmützel.