Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Auch in der Krise nur ein Präsident
Es stimmt, Donald Trump hat früher gehandelt als andere, als er Ende Januar ein Einreiseverbot aus China verhängte. Richtig ist auch, dass er auf angesehene Epidemiologen hörte, als er sich zu der Sperre entschloss. Auch kann man ihm kaum widersprechen, wenn er sagt, damit habe er wertvolle Zeit gewonnen. Nur geht das alles am Kern vorbei. Denn jene Zeit hat der USPräsident genutzt, um – nichts zu tun. Länger als einen Monat hat er die Corona-Krise heruntergespielt. Während die Virologen seiner Taskforce bereits Kontaktbeschränkungen anmahnten, sprach er von einem Virus, das im April wie durch ein Wunder verschwinden werde.
Nur will ein Donald Trump nicht an eigene Fehler erinnert werden. In seinem Film hat er den Ernst der Lage von allen am schärfsten erkannt, zu Zeiten, in denen die Europäer noch naiv vor sich hinträumten. In seinem Film sind Journalisten, die nach den Unterlassungssünden der folgenden Wochen fragen, erbärmliche Vertreter der Fake-News-Medien. In seinem Film hat das Weiße Haus Weitblick bewiesen, während die Gouverneure der Bundesstaaten leichtsinnig in die Krise schlitterten.
Vielleicht ist es Letzteres, was am meisten irritiert. Als die Zahl der an Covid-19 verstorbenen New Yorker täglich aufs Neue schockierte und Gouverneure in den Epizentren der Epidemie händeringend um Beatmungsgeräte und Schutzmasken baten, gab er den Part des großmütigen Helfers, der gnädig einspringt, obwohl es gar nicht seine Aufgabe wäre. Herrschte Mangel, war die Schuld vor Ort zu suchen. Lief etwas gut, gebührte das Lob natürlich ihm.
Zu diesem ständigen Slalomlauf passt, dass er nun die Entscheidungsgewalt allein für sich beansprucht: Nur der Präsident der USA verfüge über „totale“Autorität. Tatsächlich sind die 50 Bundesstaaten sowohl autonom als auch in einer Union verbunden – eine Balance, die Feingefühl verlangt. Und Andrew Cuomo, der Gouverneur New Yorks, hat alles gesagt, was zu Trumps Autoritätsgetöse zu sagen ist: Auch eine Ausnahmesituation macht aus einem Präsidenten noch lange keinen König.