Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Das Wasserschutzgebiet bleibt weiterhin Problemgebiet
Überprüfung 2020 zeigt steigende Nitratwerte im Durchschnitt – Trockenjahre und Bodenschicht erschweren Verbesserung
MERKLINGEN - Das Wasserschutzgebiet Lautertal des Zweckverbandes Ulmer Alb ist zu Beginn dieses Jahres erneut als Problemgebiet eingestuft worden. Die Hochstufung des Gebiets resultierte ursprünglich zwar nicht auf einer Überschreitung des Grenzwertes, sondern auf einem deutlichen Aufwärtstrend der Nitratbelastung. Im vergangenen Jahr hat sich die Situation weiter verschärft. Ob und bis wann sich etwas bessert, können die Experten des Landratsamtes des Alb-DonauKreises bisher noch nicht sagen.
Das Wasserschutzgebiet Lautertal des Zweckverbandes Ulmer Alb hat eine Gesamtfläche von rund 10 500 Hektar. 6500 Hektar davon werden landwirtschaftlich genutzt, 1400 Hektar als Grünland und 5100 Hektar als Acker. Die Zahl der aktiven Landwirte innerhalb des Wasserschutzgebiets Lautertal liegt bei geschätzten 200-220.
Für die Beurteilung der Nitratbelastung in einem Wasserschutzgebiet wird zum einen die Nitratkonzentration im Rohwasser im Mittel von zwei Jahren betrachtet, zum anderen der mittlere jährliche Konzentrationsanstieg im Rohwasser – derzeit im Mittel von fünf Jahren, künftig soll dies im Turnus von sechs Jahren erfolgen. Als Problemgebiet wird ein Wasserschutzgebiet nach der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) eingestuft, wenn das zu Zwecken der öffentlichen Wasserversorgung gewonnene Rohwasser (bzw. bei Vorliegen mehrerer Wasserfassungen das gewonnene Rohmischwasser) über die Dauer von zwei Jahren eine durchschnittliche Nitratkonzentration von mehr als 35 mg/l oder eine durchschnittliche Nitratkonzentration von mehr als 25 mg/l und gleichzeitig einen mittleren jährlichen Konzentrationsanstieg von mehr als 0,5 mg/l über die Dauer von fünf Jahren aufweist.
Das Wasserschutzgebiet Lautertal verfügt über drei Entnahmestellen.
Die Nitratkonzentration im Rohwasser wird für jede Entnahmestelle einmal pro Quartal gemessen. Die für die Einstufung nach SchALVO relevante Nitratkonzentration für das Rohmischwasser wird als gewichteter Mittelwert aus den Messwerten der drei Entnahme- und Messstellen berechnet.
Wie in allen Wasserschutzgebieten, die als Problemgebiete eingestuft sind, werden jährlich zwischen dem 15. Oktober und dem 15. November stichprobenartig Bodenproben genommen und auf den Rest-Nitratgehalt untersucht. Dazu gibt es Flächen
und Betriebskontrollen von landwirtschaftlichen Betrieben hinsichtlich der Einhaltung der Vorgaben.
Im Wasserschutzgebiet Lautertal wurde der Wert von 35 mg/l Nitrat im Rohwasser seit Inkrafttreten der aktuellen SchALVO im Jahr 2001 nicht überschritten. Die Hochstufung zum Problemgebiet zum 1. Januar 2019 erfolgte aufgrund des Trend-Kriteriums, teilt das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises mit. Das Wasserschutzgebiet Lautertal war bereits einmal bei Inkrafttreten der aktuellen SchALVO im Jahr 2001 bis einschließlich 2004 Problemgebiet. Im Jahr 2005 wurde das Wasserschutzgebiet wieder als Normalgebiet eingestuft und blieb in dieser Einstufung bis Ende 2018.
Trotz der nun erneut härteren Kriterien in Sachen Düngung stiegen die Werte im Vorjahr weiter. Im Jahr 2018 lag der mittlere jährliche
Konzentrationsanstieg bei 0,8 mg/l Nitrat im fünfjährigen Durchschnitt (Zeitraum 2014 bis 2018), im Jahr 2019 bei 0,93 mg/l (Zeitraum 2015 bis 2019). Die mittlere Nitratkonzentration über die Dauer von zwei Jahren betrug 2018 31,8 mg/l und 2019 32,4 mg/l.
Allerdings bedeutet das keineswegs, dass die Landwirte vor Ort nichts tun, um die Lage zu verbessern. Der Fachdienst Landwirtschaft des Alb-Donau-Kreises bestätigt, dass die Rückmeldungen der Landwirte eine hohe Bereitschaft und Interesse zeigen, die geforderten Auflagen umzusetzen. „Es ist nicht auszuschließen, dass die warmen und niederschlagsarmen Jahre 2016 und 2017 sowie das extreme Trockenjahr 2018 durch fehlende Verdünnungseffekte zu dem steigenden Trend geführt haben“, erklärt das Landratsamt. Ein besonderes Problem seien zudem die Lage und die Bodenstruktur des betroffenen Gebietes. Das Wasserschutzgebiet erstreckt sich über weite Teile der Kuppen-Alb mit teilweise sehr flachgründigen Böden und damit auf einem sensiblen Gebiet. Kein neues Problem, denn die Nitratkonzentration im Wasserschutzgebiet Lautertal schwankt seit 2001 um den Wert 30 mg/l.
Damit trotzdem eine Verbesserung eintritt, die nicht nur im Sinn der Allgemeinheit ist, sonder auch der Landwirte, die durch weniger Düngung natürlich auch weniger Ertrag erwirtschaften können, greifen harte Maßnahmen. In der SchALVO sind für Problemgebiete Auflagen vorgeschrieben, die in einzelnen Bereichen über die Vorgaben der verschärften Düngeverordnung hinausgehen, beispielsweise Beschränkung der Höhe von Einzeldüngergaben, verpflichtenden Ansaat von Zwischenfrüchten, weitergehende Ausbringverbote für Gülle und Einschränkung von Bodenbearbeitungsmaßnahmen. Des Weiteren muss unter bestimmten Voraussetzungen die Düngebedarfsermittlung auf Grundlage eigener Bodenuntersuchungen erfolgen und nicht unter Verwendung von regionalen Durchschnittswerten. Die besonderen Schutzbestimmungen nach SchALVO, das heißt die Auflagen für die Bewirtschaftung, bleiben solange bestehen, bis sich eine neue Einstufung ergibt.
Die zwischen Oberfläche und Grundwasserköper liegende Bodenschicht verzögert den Eintrag von Nitrat in das Grundwasser, auch Maßnahmen zur Nitratreduktion können daher erst mit zeitlicher Verzögerung Erfolge im Grundwasser zeigen. „Eine Vorhersage der Entwicklung der Nitratkonzentrationen ist nicht möglich, da sie von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Sowohl im Boden als auch im Grundwasser sind Verbrauch und Austragung von Nitrat komplexen Prozessen unterworfen“, so die Experten des Landratsamtes. Im Grundwasser spielen die Mächtigkeit, Fließgeschwindigkeit und Grundwasserneubildung eine große Rolle. Auch im Boden laufen verschiedene Prozesse parallel (Mineralisierung, Nitrifizierung, Denitrifizierung, Nährstoffaufnahme durch Pflanzen, Verlagerung, Auswaschung von Nährstoffen). Diese Prozesse werden zudem stark vom Wetter (z.B. Trockenperioden oder starke Niederschläge über längere Zeiträume) beeinflusst.
Eine Einstufung als Problemoder Sanierungsgebiet bleibt wirksam, bis die Bedingungen über die Dauer von drei aufeinander folgenden Jahren nicht mehr vorliegen. Bei der Einstufung zum 1. Januar 2020 wurden die Messwerte aus dem Jahr 2019 berücksichtigt. Sowohl die mittlere Nitratkonzentration über zwei Jahre als auch der durchschnittliche Konzentrationsanstieg über fünf Jahre lagen 2019 höher als 2018. Das Wasserschutzgebiet Lautertal wurde deshalb erneut als Problemgebiet eingestuft. Wenn für die nächsten drei Jahre die Kriterien zur Einstufung als Problemgebiet nicht erfüllt werden, kann das Wasserschutzgebiet frühestens zum 1. Januar 2024 erstmals wieder als Normalgebiet eingestuft werden. Bei einer Zurückstufung zum Normalgebiet entfallen die nach SchALVO vorgeschriebenen besonderen Schutzbestimmungen.
Eine Informationsveranstaltung zu diesen Bestimmungen ist nicht geplant. Im Rahmen anderer Veranstaltungen, beispielsweise zur Novellierung der Düngeverordnung, wird auf entsprechende Vorgaben hingewiesen. Aufgrund des CoronaGeschehens werden derzeit keine Veranstaltungen durchgeführt.