Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Autobranche erwacht aus dem Corona-Schlaf
Deutsche Autobauer fahren ihre Produktion wieder hoch – Hersteller und Händler plädieren für staatliche Prämien
FRANKFURT – Die Autohersteller haben am Montag in einigen Werken die Produktion wieder angefahren, die sie wegen der Corona-Krise gestoppt hatten, so etwa Daimler in einigen seiner Motorenwerke. Auch die anderen deutschen Hersteller lassen die Bänder allmählich wieder anrollen, VW etwa zunächst in den Werken in Zwickau und Bratislava, BMW wartet mit dem Anfahren in den meisten Werken bis Anfang Mai.
Auch die vierwöchige Zwangspause beim Absatz ist vorbei. Die Autohäuser sind wieder geöffnet. Im März hatte sich die Absatzflaute schon deutlich in den Zahlen gezeigt, da war der Absatz in Europa um 55 Prozent eingebrochen. Für April rechnet die Unternehmensberatung EY sogar mit einem Minus von 70 Prozent.
„Das Frühjahr ist da eigentlich mit die stärkste Phase im Automobilhandel. Einen Teil dieses Geschäfts wollen wir natürlich gerne noch mitnehmen“, sagte Ulrich Köster, Sprecher des Verbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Viele Menschen, die sich jetzt mit dem Kauf eines neuen Fahrzeugs beschäftigten, würden das sehr gerne im Autohaus machen: „Sie wollen das Auto anfassen, damit Probe fahren, es riechen und die Farbe und auch die Felgen aussuchen. Das ist ein Stück weit ein emotionales Einkaufserlebnis.“Das könne man über digitale Kanäle nur unvollkommen abbilden.
Wer jetzt gern ein Auto kaufen möchte, hat eine gute Auswahl vor Ort, denn die Lagerbestände in den
Autohäusern sind groß. Kunden, die ihr Fahrzeug selbst konfigurieren, müssen natürlich warten, bis die Autoproduktion wieder voll angelaufen ist. Wer jedoch schnell ein neues Auto braucht, könnte noch auf ein weiteres Problem stoßen: Viele Zulassungsstellen sind noch nicht geöffnet oder sie arbeiten nur eingeschränkt.
Doch viele Menschen dürften ihre Kaufpläne wegen Kurzarbeit zunächst zurückstellen. Auch die für die Branche so wichtigen gewerblichen Neuzulassungen dürften stark zurückgehen, glaubt Peter Fuß, Autoexperte der Unternehmensberatung EY. Denn die massiven Umsatzrückgänge zwängen viele Unternehmen zum Sparen. Deshalb plädieren sowohl die Hersteller als auch die Autohändler für staatliche Kaufanreize. BMW schlägt dafür eine „Innovationsprämie“vor, sie könne, so meint BMW-Chef Oliver Zipse, als Konjunkturmaßnahme die Wirtschaft ankurbeln und gleichzeitig den Umstieg der Kunden auf klimaschonende Technologien beschleunigen. VW hielte eine Prämie für sinnvoll, die sich nicht nur auf Elektroautos beschränkt, sondern auch moderne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor umfasse. Die Hersteller finden zum Teil Unterstützung in der Politik, so etwa in Bayern oder Niedersachsen, deren jeweilige Regierungschefs Markus Söder und Stephan Weil sich entsprechend äußerten.
Gegen ein Konjunkturpaket sprach sich aber Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, im Deutschlandfunk aus. Der Autobranche helfe die Öffnung der Autohäuser da schon sehr. Er warnte jedoch, den Branchen, die ein Konjunkturprogramm forderten „Geld auf den Tisch“zu legen: „Dann kommt es zu Mitnahmeeffekten, die in einer Situation, wie wir sie heute haben, mit dem größten Budgetdefizit aller Zeiten, nur viele Kosten verursacht, aber sehr zweifelhafte ökonomische Wirkung hätte.“
Weitere staatliche Hilfen für die Autoindustrie schließt die Bundesregierung zwar nicht aus. Doch diese werden aktuell nicht diskutiert. Das aber könnte am 5. Mai geschehen, denn dann ist dem Vernehmen nach ein Autogipfel angesetzt, auf dem Vertreter der Branche mit den wichtigsten Ministern, aber auch Branchenverbänden und Gewerkschaften zusammenkommen sollen. Bis dahin zeichnet sich auch besser ab, wie stark die Branche durch die Coronakrise geschädigt ist.