Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Amazon-Verteilzentrum soll im Herbst in Betrieb gehen
Am Standort Meßkirch sollen 130 Mitarbeiter beschäftigt werden – Geschäft des Onlineversandhändlers boomt auch wegen der Corona-Krise
MESSKIRCH - Der Himmel über der Amazon-Baustelle südlich von Meßkirch ist strahlend blau, etwa zwei Dutzend Bauarbeiter gehen ihren Aufgaben nach. Von der Corona-Krise ist hier zwischen Donau und Bodensee nichts zu spüren. Welchen Einfluss hat die Krise tatsächlich auf Amazon und auf den Bau des Verteilzentrums auf dem Grundstück des Mega-Konzerns, das rund ein Drittel der Fläche des Industrieparks Nördlicher Bodensee einnimmt? Jedenfalls, so viel lässt sich sagen, keinen negativen.
„Wir rechnen damit, dass das Verteilzentrum in Meßkirch voraussichtlich im Herbst 2020 in Betrieb gehen wird“, sagt Nadiya Lubnina, Pressesprecherin bei Amazon, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Ihr Unternehmen stehe weltweit vor einer noch nie dagewesenen Situation: Einer gleichzeitigen Krise von Gesundheitsversorgung und Wirtschaft. Und gleichzeitig, das sagt die Sprecherin nicht, vor einem regelrechten Boom des Onlineversandgiganten.
So sei ihr Unternehmen stolz darauf, benötigte Artikel des täglichen Bedarfs an die Menschen liefern zu können. Solange die Bürger aufgerufen sind, gegenseitig einen Mindestabstand von eineinhalb Metern einzuhalten, sei die Zustellung bis vor die Haustür so wichtig wie nie zuvor.
Aktuell will Amazon im Zuge der Corona-Krise 350 zusätzliche Vollund Teilzeitstellen in seinem Logistiknetzwerk in Deutschland schaffen, um der steigenden Nachfrage der Kunden gerecht zu werden, die in dieser Zeit auf den Service von Amazon bauen. Die Stellenangebote richten sich laut Lubina explizit an die Menschen, deren Arbeitsplätze in Hotellerie und Gastronomie aufgrund der Corona-Krise wegfallen.
Genau diese Leute will Amazon einstellen, wenn auch nur zeitlich befristet, bis sich die Dinge wieder normalisierten und ihr früherer Arbeitgeber wieder in der Lage sei, sie zu beschäftigen. Bereits vor längerer Zeit schon habe Amazon Investitionen und 2000 weitere Arbeitsplätze in den zwei Logistikzentren in Oelde und Sülzetal angekündigt. Beides soll noch in diesem Jahr realisiert werden.
Das Verteilzentrum, das aktuell bei Meßkirch entsteht, ist mit rund 130 Mitarbeitern – im November 2019 waren noch 200 Mitarbeiter im Gespräch, die ihren Dienst in Meßkirch verrichten sollen – dagegen einer der kleinsten Standorte von Amazon. Dort ankommende Pakete für den Bodenseeraum werden von einer Nachtschicht sortiert und anschließend ausgefahren.
Unterm Strich scheint sich die Corona-Krise für Amazon als Wachstumsbeschleuniger zu erweisen. Aktuelle Geschäftszahlen gibt das Unternehmen zwar nicht heraus. In einer Pressemitteilung vom 16. April gibt der Onlinehändler jedoch bekannt, dass er europaweit mehrere Millionen Euro zur Unterstützung der von der Krise betroffenen Menschen zur Verfügung gestellt habe. Davon sollen 3,5 Millionen Euro nach Deutschland gehen, der größte Teil – rund 2,5 Millionen Euro – als Spende an den CoronaNothilfefonds des Deutschen Roten Kreuzes. Mit einer Million Euro werden lokale Hilfsorganisationen an den Amazon-Standorten in Deutschland bedacht.