Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mit Most das Feuer gelöscht
Kuh an ihrem Platz mitten in den Trümmern des abgebrannten Stalles stehen geblieben
WESTERHEIM (sz) - Die inzwischen verstorbene Paula Wiedmann hat die Schrecken des 21. April 1945 miterlebt und vor Jahren ihre Erlebnisse niedergeschrieben:
„In der Kirche hörte ich die ersten Explosionen. Ich schnappte meine kleine Schwester. Wir rannten durch den Südausgang. Die Schwester verlor ihr Gebetbuch, wollte zurück, ich riss sie aber mit mir fort in das nächste Haus am Kirchplatz und dort in den Keller. Später suchten wir Unterschlupf beim „Steigbauer“. Der hatte oben im Haus eine frisch geschlachtete Sau hängen, im Keller hing eine zweite. Im Keller waren bereits viele Leute untergebracht. Auf dem Sofa lag ein verletzter Bub.
In der Nacht beobachteten wir, wie sich deutsche Soldaten hinter den Hecken Richtung Dorf auf den Weg machten. Weil wir nicht wussten, was das zu bedeuten hat und ob es nicht vielleicht einen Gegenangriff der Deutschen geben könnte, blieben wir nicht da, sondern gingen in einen nahe gelegenen Wald. Mein Vater brachte in einem Wagen Bettzeug dahin. Er erzählte, der Stall und die Scheune seien abgebrannt, aber die vier Kühe gerettet und im Wald.
Später erfuhr ich, dass meine größere Schwester im Haus geblieben war. Als unsere Scheune brannte, fing auch das Wohnhaus an zu brennen. Sie versuchte es mit unserem polnischen Fremdarbeiter zu löschen. Er half ihr sehr, wie ich später erfuhr. Weil kein Wasser mehr verfügbar war, löschten die beiden es mit Most aus dem Keller. So blieb wenigstens unser Haus stehen und wir hatten ein Dach über dem Kopf. Als wir uns am Sonntag wieder zurück trauten, stand eine unserer vielen Kühe an ihrem Platz mitten in den Trümmern des abgebrannten Stalles.