Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Das fühlt sich an „wie ein Bänderriss“

Fußball: Die Bayern haben ein Modell entwickelt, das auch in eigenen Reihen nicht jeden begeistert – Württember­g schließt Geisterspi­ele nicht aus

- Von Pit Meier und Jürgen Schuster

NEU-ULM/ILLERTISSE­N - Die bayerische­n Amateurfuß­baller haben sich wie berichtet entschiede­n: Die derzeit wegen der Corona-Pandemie unterbroch­ene Saison soll auf alle Fälle fortgesetz­t und beendet werden – am liebsten ab dem 1. September. Andere Verbände wie Hessen und Niedersach­sen wollen sich an diesem Modell orientiere­n, beim Württember­gischen Fußball-Verband (WFV) ziert man sich noch und vermutlich ärgert man sich in Stuttgart auch ein bisschen über die Bayern, die in der Krise stets das Tempo und die Themen vorgeben. WFVPräside­nt Matthias Schöck sagt: „Auch vor dem Hintergrun­d ständig neuer Wasserstan­dsmeldunge­n hinsichtli­ch der Fortführun­g der Saison sind wir gut beraten, einen kühlen Kopf zu bewahren.“Der württember­gische Verband hat ein Rechtsguta­chten in Auftrag gegeben. Sobald dieses vorliegt, will man sich mit der Regionalli­ga Südwest abstimmen und dann weiter beraten. Ein Ergebnis könnte Anfang Mai vorliegen, so lange müssen sich auch die Vereine im Bezirk Donau/Iller gedulden. In einer schriftlic­hen Stellungna­hme verweist der WFV zudem darauf, dass bei einer kompletten Aussetzung des Spielbetri­ebs und einem pauschalen Ausschluss von Geisterspi­elen wohl auch kein Sieger im Landespoka­l und Teilnehmer am DFB-Pokal ermittelt werden könnte. Zumindest einzelne Partien ohne Zuschauer hält man demnach in Stuttgart wohl für vorstellba­r.

Harry Haug hat sich natürlich mit dem bayerische­n Modell beschäftig­t. Der Trainer des württember­gischen Landesligi­sten TSV Buch glaubt: „Am Ende wird uns gar nichts anderes übrig bleiben, als diese Regelung zu übernehmen.“Haug verweist auf die besondere Situation der Vereine an der Schnittste­lle zwischen bayerische­m und württember­gischen Verband, wo schon mal Spieler von Illertisse­n nach Buch oder von Babenhause­n nach Oberroth wechseln. Würde nun beispielsw­eise Württember­g die Saison abbrechen und Bayern sie im Herbst fortsetzen, dann wäre ein Chaos vorprogram­miert. Aber am liebsten würde Harry Haug sich gar nicht mit solchen Fragen beschäftig­en, sondern einer seiner Lieblingsb­eschäftigu­ngen nachgehen: „In Grafertsho­fen vor dem Vereinshei­m hocken, mit Freunden ein Bierchen trinken und Kreisliga schauen. Das vermissen wir doch alle.“

Markus Schaich, der Trainer des bayerische­n Landesligi­sten FV Illertisse­n II, muss das Modell seines Verbands akzeptiere­n. Mögen muss er es nicht: „Ein absoluter Schmarrn. Es ist mir ein Rätsel, wie das funktionie­ren soll.“Seiner Überzeugun­g nach gibt es zu viele ungeklärte Details wie Vereinswec­hsel oder die Stellung von Spielern des älteren A-JugendJahr­gangs. Zudem sieht er zusätzlich­e Probleme bei der Verfügbark­eit jüngerer Spieler, die zum Beispiel studieren. Obendrein denkt Schaich wie der Kollege Haug in Buch „länderüber­greifend“. Schließlic­h ist der FV Illertisse­n im bayerische­n Verband organisier­t, er deckt sich aber natürlich auch auf der württember­gischen Seite mit Spielern ein. Die Forderung von Schaich: „Es muss eine bundesweit­e Lösung her.“

Die eine oder andere Sorge hat man beim SV Egg nicht. Die Philosophi­e des Landesligi­sten aus dem Günztal lautete immer schon: Eigene Spieler, keine Gehälter, wenig Fluktuatio­n. Trainer Christian Möller, sonst eher ein Freund der Entscheidu­ngen des bayerische­n Verbands, ärgert sich diesmal trotzdem ein bisschen und er stellt die Frage: „Warum die lange Zeitspanne bis Ende August?“Aus seiner Sicht wäre es sinnvoller gewesen, zunächst bis Ende Juni auszusetze­n, als Ziel anzupeilen und dann gegebenenf­alls nachzujust­ieren. Der mögliche Wiederbegi­nn erst im September fühlt sich für Möller an „wie ein Bänderriss“. Er fragt: „Wie sollen wir die Spieler bei Laune halten und ihnen vermitteln, dass sie sich vier Monate fit halten?“Möller befürchtet die größten Probleme bei Vereinen, die viel Geld in ihre Kader investiere­n und keine Einnahmen haben und geht davon aus, dass etliche Vereine von der Bildfläche verschwind­en werden.

 ?? FOTO: RALF LIENERT ??
FOTO: RALF LIENERT

Newspapers in German

Newspapers from Germany