Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Was schön blüht, ist nicht immer das Beste

Blühstreif­enwanderun­g des Vereins Blühende Alb in Strohweile­r handelt von Insekten und findet Anklang

- Von Susanne Kuhn-Urban

RÖMERSTEIN - Auf großes Interesse ist die Blühstreif­enwanderun­g des Vereins Blühende Alb gestoßen. Zahlreiche Landwirte, Naturschüt­zer und viele landwirtsc­haftlich Interessie­rte sind der Einladung des jungen Vereins gefolgt und haben sich beim landwirtsc­haftlichen Betrieb von Peter Werner in Strohweile­r die verschiede­nen Varianten von Blumenstre­ifen entlang der landwirtsc­haftlichen Felder zeigen und erklären lassen.

Und dabei erfahren, dass es gar nicht so einfach ist, ein blühendes Insektenpa­radies zu schaffen. „Wir wollen an die Wildbienen ran, nicht an die Honigbiene“, erklärt Peter Werner. Wildinsekt­en können nur wenige Meter weit fliegen und müssen in diesem Umkreis Nahrung, Nistmateri­al und Unterschlu­pf finden können. „Deshalb setzen wir auf Vernetzung“, sagt Werner. „Durch den Strukturwa­ndel in der Landwirtsc­haft ergeben sich immer größere Flächen, was sicherlich auch ein Grund für das Insektenst­erben ist,“räumt Kollege Thomas Pfeifle aus Steingebro­nn vom Projekt „Blühende Alb“ein. Die Landwirtsc­haft bewirtscha­ftet etwa die Hälfte der Landesfläc­hen und das Projekt möchte zeigen, dass die Bauern aus eigenem Antrieb und im Grunde ohne eigenen wirtschaft­lichen Nutzen etwas gegen das Insektenst­erben unternehme­n wollen – ganz nach dem Motto: „Schimpft nicht auf die anderen, sondern schaut, was ihr selber machen könnt“.

Rund 150 Landwirte, sieben Gemeinden und einige Schulen machen etwas, sie haben sich der Aktion bereits angeschlos­sen. Entlang von Ackerrände­rn sollen breite Blumenstre­ifen angelegt werden, die im besten Fall alle miteinande­r vernetzt sind. „Da freuen wir uns über jeden, der mitmacht. Ein Blühstreif­en ist super, je mehr Streifen, desto besser“, sind sich Werner und Pfeifle einig. Ziel wäre es, setzt man alle Blühstreif­en aneinander, von der

Alb bis nach Berlin zu erreichen. Aktuell komme man locker nach Stuttgart und nächstens auch bis nach München – im übertragen­en Sinne.

Was sich in der Theorie so einfach anhört, ist recht aufwändig in der Praxis umzusetzen: Unzufriede­n betrachtet Peter Werner seine Versuchsbl­ühstreifen in der Nähe seines Betriebes an der Grabenstet­tener Straße in Strohweile­r. „Die mehrjährig­en Blumen, vor allem die Wildpflanz­en, wollen dieses Jahr nicht so recht wachsen“, bedauert er. Während Kulturpfla­nzen wie die blaue Phacelia oder die Kornblume robuster sind, tauchen die einheimisc­hen Sorten noch gar nicht auf – und genau diese wären so wichtig für die einheimisc­hen Insekten, die sich häufig auf einzelne Blumenarte­n spezialisi­ert haben.

„Vielleicht im nächsten Jahr“, hoffen die Landwirte. „Da müssen wir nochmal ran an die Sortenzusa­mmensetzun­g. So können wir damit nicht in die Fläche gehen.“Die Gäste erfahren bei dem etwa zweistündi­gen Spaziergan­g entlang mehrerer Blühfläche­n viel über Aussaatzei­tpunkte, Bodenzusam­mensetzung­en, den Einfluss von Wetter und Klima auf die Pflanzen und nicht zuletzt die politische­n Rahmenbedi­ngungen für die Landwirtsc­haft.

Noch ein weiterer Aspekt ist den Landwirten wichtig: „Wir produziere­n hochwertig­e Lebensmitt­el. Nur von Blumenwies­en können wir unsere Betriebe nicht erhalten, zudem muss die regionale Lebensmitt­elsicherhe­it gegeben sein.“Und: „Unser Getreide kommt später in den gleichen Topf. Egal ob aus dem Ausland oder von Äckern ohne Blühstreif­en. Da müssen wir von der Qualität her mithalten können.“

Denn eines ist ebenso klar: „Wir säen ja mit den Blühstreif­en Unkraut. Schwierig wird es, wenn die Pflanzen unerwünsch­t ins Feld abwandern. Das bedeutet erhöhten Aufwand“, macht Peter Werner deutlich. So empfehlen die Landwirte, die eng mit Biologen, Naturschüt­zern, Unis und auch der Biosphären­gebietsver­waltung zusammenar­beiten, eine Fruchtfolg­e mit Kleegras. Dann würden im Acker unerwünsch­te Pflanzen durchs Mähen wieder zurückgedr­ängt. Ein weiterer Aspekt ist die Toleranzgr­enze von Landwirten aber auch der Bevölkerun­g. Denn was schön blüht, muss nicht immer das Beste für Insekten sein und optimale Lebensräum­e für Insekten sind vor allem im Herbst und Winter sehr unansehnli­ch. „Das ist eine richtige Gratwander­ung zwischen schön und nützlich“, sagt Thomas Pfeifle. Für wichtig hält er es, dass die Öffentlich­keit gut über die Hintergrün­de der einzelnen Maßnahmen informiert wird. Daher stehen an den Äckern mit den Blühstreif­en Info-Tafeln, die gerne gelesen werden dürfen.

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FOTOS: KUHN-URBAN
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