Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kennzeichnung war überfällig
Die Einführung einer eindeutigen und schnell zu erfassenden Kennzeichnung von Lebensmitteln im Hinblick auf die Frage, wie gesund ein Produkt ist, war überfällig. Dabei geht es nicht darum, die Vielfalt oder die freie Wahl der Produkte einzuschränken, sondern darum, dass Verbraucher auf den ersten Blick erkennen, ob ein Gemüseeintopf, ein Joghurt oder ein Streichkäse etwas zu einer ausgewogenen Ernährung beitragen oder nicht. Die Nährwerttabellen, die die Produzenten seit 2016 auf die Packungen drucken müssen, reichen dafür nicht, da sie zu detailreich und unübersichtlich sind, um Kunden im Einkaufsstress im Supermarkt einen schnellen Überblick zu ermöglichen.
Ärzte und Ernährungsspezialisten fordern eine solche Kennzeichnung wie den nun auf den Weg gebrachten Nutri-Score seit Jahren – und genauso lange führt die Lebensmittelindustrie einen Abwehrkampf gegen ein solches Logo. Der Grund liegt auf der Hand: Die Hersteller von Fertigpizzen, Fruchtlimonaden und Schokoladencremes haben berechtigte Angst, dass nun eindeutig und sehr schnell für jeden erkennbar ist, wie ungesund die Produkte sind, obwohl die Bilder auf den Verpackungen einen ganz anderen Eindruck zu vermitteln versuchen.
Bundesverbraucherministerin Julia Klöckner hat sich lange zur Klassensprecherin solcher Unternehmen und nicht zur Vertreterin der deutschen Verbraucher gemacht. Erst als eine im vergangenen Jahr von ihr in Auftrag gegebene Umfrage eindeutig ergab, dass die Bürger eine klare Bezeichnung wollen, hat sie ihren Widerstand aufgeben – und die Einführung des Logos vorbereitet. Wie ernst es ihr mit dem Verbraucherschutz ist, kann die CDU-Politikerin beweisen, wenn es daran geht, während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft einen Rechtsrahmen zu schaffen, dass der Score europaweit als Pflicht eingeführt wird.
Denn noch bleibt es den Unternehmen überlassen, ob sie das Logo nutzen oder nicht. Ziel muss es aber sein, dass die Kennzeichnung Pflicht wird. Nur dann können Verbraucher innerhalb einer Produktkategorie wirklich danach auswählen, ob ein Lebensmittel gesund ist.
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