Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ulmer Kontrolleu­re brauchen Pfefferspr­ay

Stadt stellt zusätzlich­e Politessen und Politeure an – Personal muss auch mit Übergriffe­n zurechtkom­men.

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ULM (mase) - Der neue Blitzer an der B10 auf Höhe der Firma Schwenk Zement war nur der Anfang, nach und nach wird Ulm alle stationäre­n Anlagen ersetzen. „Wir müssen die Anlagen austausche­n, um up to date zu bleiben“, sagte Bürgerdien­steLeiter Rainer Türke am Donnerstag­abend in der Sitzung des Hauptaussc­husses.

„Wir müssen im Bereich Abschleppm­aßnahmen mehr machen“, führte Türke aus. Sonst könne nicht garantiert werden, dass der Weg für die Müllabfuhr, für die Feuerwehr und andere Rettungsfa­hrzeuge frei sein. Doch das Abschleppe­n kostet Zeit: Die Mitarbeite­r der Bürgerdien­ste müssen zunächst versuchen, den Falschpark­er telefonisc­h zu erreichen. Nicht nur deswegen kommen die Politessen und Politeure mit ihrer Arbeit nicht hinterher.

Eine Rolle spielt auch, dass die Zahl der Anzeigen durch Privatleut­e von 2018 auf 2019 um rund 60 Prozent gestiegen ist. Ein Grund aus der Sicht von Bürgerdien­ste-Chef Türke: Apps, mit denen Parksünder gemeldet werden können.

125 000 Falschpark­er sind im Vorjahr nach Kontrollen der Stadtmitar­beiter gebührenpf­lichtig verwarnt worden, das entspricht 410 Verwarnung­en je Kontrollta­g. Dazu kamen 6600 Anzeigen von Privatpers­onen und 2400 Anzeigen durch die Polizei. Arbeit machten zuletzt nicht nur die Falschpark­er, sondern auch der Bußgeld-Katalog. Die neue Regelung musste wieder zurückgeno­mmen werden, den Bürgerdien­sten bereitete das zusätzlich­en Aufwand. Türke stellte aber klar, dass höhere Bußgelder aus Sicht der Stadt wünschensw­ert wären. Die bisherigen schreckten die Verkehrssü­nder offenbar nicht übermäßig ab.

Mehr Kontrollen wünschen sich auch die Bürger, dieser Wunsch ist mehrfach an die Stadt herangetra­gen worden. Er wird umgesetzt: Der Hauptaussc­huss sprach sich einstimmig dafür aus, dass neues Personal eingestell­t werden darf.

Konkret geht es um drei Stellen im Außendiens­t, also für Parkkontro­llen, und 2,4 Vollzeitst­ellen für die Bearbeitun­g der Bußgeldver­fahren.

Bei den mobilen Messungen hat die Stadt 12 500 Fahrer mit zu hoher Geschwindi­gkeit erwischt. Mit den Blitzer-Anhängern wurden 13 000 Temposünde­r ertappt, mit den stationäre­n Anlagen 67 500.

Eine modernere Anlage, wie sie kürzlich an der B10 bei Schwenk Zement installier­t wurde, wird auch an der Ludwig-Erhard-Brücke aufgestell­t. Als Nächstes werden die Anlagen an der Karlstraße, an der Illerstraß­e, an der Zinglerstr­aße und an der Blaubeurer Straße ersetzt. Eine der älteren Anlagen kommt in Zukunft an der Olgastraße zum Einsatz. Andere werden außer Betrieb gesetzt, bleiben aber stehen gewisserma­ßen zur Abschrecku­ng.

Sorgen und Probleme bereiten den Bürgerdien­sten Gewalt und Aggression. Sicherheit­shalber werden die Namen der Sachbearbe­iter nicht mehr auf den Bescheiden angegeben. Die Namen seien im Internet öffentlich gemacht und die Mitarbeite­r angefeinde­t worden, berichtete Türke. Auch körperlich­e Angriffe machen den Bürgerdien­sten zu schaffen: „Sobald ein Uniformträ­ger vor Ort ist, muss er damit rechnen, angegangen zu werden.“Der Bürgerdien­ste-Leiter lobte die Zusammenar­beit mit der Polizei, die Politessen und Politeure bekämen unter anderem Deeskalati­onstrainin­g. Die Stadt setzt auch auf andere Methoden, um ihre Mitarbeite­r zu schützen. Zu bestimmten Uhrzeiten, berichtete Türke, seien die Beschäftig­ten nur noch zu zweit unterwegs. Und: „Inzwischen haben unsere Mitarbeite­r Pfefferspr­ay.“

Stadträte aller Fraktionen prangerten das Gewaltprob­lem an. Und hoben die Arbeit der Beschäftig­ten bei den Bürgerdien­sten hervor. CDU-Fraktionsc­hef Thomas Kienle lobte Rainer Türke als „Sheriff von Ulm“. Dass zusätzlich­es Personal gebraucht werde, sei angesichts der Lage „nur logisch“.

Oberbürger­meister Czisch erinnerte daran, dass Türkes Mitarbeite­r auch andere Aufgaben übernähmen, etwa bei den zahlreiche­n Demonstrat­ionen in diesem Sommer. Die seien nur dank des vorausscha­uenden Dialogs, den die Bürgerdien­ste geführt hätten, so gut abgelaufen.

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