Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Keine Fluchttreppe außen, dafür Trennungswand innen
Gemeinderat Westerheim befasst sich mit dem Brandschutzkonzept für Haus des Gastes und billigt neue Lösung
WESTERHEIM - In Sachen Brandschutz am Haus des Gastes haben die Westerheimer einen Knoten hingebracht, die brandschutztechnischen Auflagen können umgesetzt werden. Im Dachgeschoss des Gebäudes, in dem die Gemeindebücherei ihre zweite Etage hat, wird ein Rettungsbalkon an ein großes Fenster mit Geländer geschaffen, von wo aus dann die Feuerwehr im Notfall Menschen über eine Rettungsleiter befreien kann. Die zunächst angedachte Außentreppe ist vom Tisch. Der Rettungsbalkon im Dachgeschoss soll am südlichen Fenster auf der Westseite des Hauses installiert werden, direkt neben dem Treppenraum.
Der Westerheimer Gemeinderat befasste sich einmal mehr mit dem Thema Brandschutz am Haus des Gastes, das das Gremium seit dem 26. November begleitet. Denn damals hat die untere Baurechtsbehörde des Landratsamts aus Gründen des Brandschutzes die Nutzung des Dachgeschosses untersagt. Ein Brandschutzkonzept kam ins Rollen, bei dem lange eine Außentreppe zur Debatte stand.
„Sofern das Dachgeschoss der Bücherei im Haus des Gastes wieder benutzt werden soll, muss das Brandschutzkonzept umgesetzt werden“, betonte die stellvertretende Bürgermeisterin Wilma Rauschmaier, die die Sitzung am Dienstagabend für den erkrankten Bürgermeister Hartmut Walz leitete. Es müssten die baulichen Voraussetzungen erfüllt werden, ansonsten dürfe das Dachgeschoss nicht weiter benutzt werden. Wilma Rauschmaier legte nochmals kurz die Gründe für das Brandschutzkonzept vor, das eine Brandschau durch das Landratsamt des Alb-Donau-Kreises in Gang brachte. Ein fehlender gesicherter Rettungsweg aus dem Dachgeschoss habe sofort zu einer Nutzungsuntersagung der Räumlichkeiten geführt, das Dachgeschoss sei gesperrt worden und die Bücher im Dachgeschoss ins Nepomukstüble verlagert worden, erinnerte Rauschmaier.
Der Anbau einer Außentreppe sei verworfen worden, nachdem die damalige Gebietsreferentin AnneChristin Schöne die Zustimmung des Denkmalamts nicht in Aussicht gestellt hat. Mit der neuen Gebietsreferentin Susanne Gugler vom Landesamt für Denkmalpflege sowie Vertretern der Baurechtsbehörde, des Brandschutzes und Architekt Tobias Frohberger habe dann am 14. Juli ein wichtiger Vororttermin stattgefunden, bei dem die Gemeinderäte Pius Kneer und Robert Baumeister von den Aktiven Bürgern einen anderen Lösungsweg vorschlugen: den Einbau einer Dachgaube oder den Einbau eines größeren Fensters im Südgiebel. Die Anregung führte zur Ausarbeitung
eines alternativen Brandschutzkonzepts ohne Außentreppe.
Lukas Heimann von der UMT Umweltingenieure GmbH aus Ulm erläuterte die Konzepte, mit denen seine Firma am 11. Dezember 2019 von der Gemeinde Westerheim beauftragt worden war. Die erste Version sei am 25. Februar fertiggestellt worden, mit dem Vorschlag einer Außentreppe. Doch die Denkmalbehörde lehnte dieses ab, so dass dieses überarbeitet werden musste. Es folgte eine Überarbeitung.
Lukas Heimann erläuterte die Vorgaben der Bauordnung, nach denen jede Nutzungseinheit in jedem Geschoss mit Aufenthaltsräumen über mindestens zwei voneinander unabhängige Rettungswege verfügen muss: Ein Rettungsweg ist baulich herzustellen, der andere ebenfalls baulich oder über ein Rettungsgerät der Feuerwehr – meist eine tragbare Leiter. Notausstiegsöffnungen
müssten mindestens 0,9 auf 1,2 Meter groß sein, Fenster im Dachgeschoss 0,6 auf 0,6 Meter. „Ein zweiter Rettungsweg hat im Dachgeschoss gefehlt, da musste eine Lösung her“, erklärte der Ingenieur für Brandschutz, Bauphysik und Sicherheit.
Er nannte die Vorteile einer Außentreppe am Haus des Gastes: Sie hätte keine baulichen Veränderungen innerhalb des Gebäudes und der Außenhülle bedeutet, zwei von einander unabhängige Rettungswege wären zur Verfügung gestanden. Doch das Landesamt für Denkmalpflege habe diese Möglichkeit entschieden abgelehnt. So sei der Vorschlag mit einer baulichen Abtrennung des Dachgeschosses ins Spiel gekommen, bei der nun ein zweiter Rettungsweg über eine erweiterte Dachgaube und einen Rettungsbalkon erfolge, unter Hinzunahme einer Rettungsleiter der Feuerwehr. Doch bei dieser Lösung werde der Einbau einer inneren Trennungswand mit Festverglasung der Bauart E30 notwendig, führte Heimann aus.
„Ein zweiter baulicher Rettungsweg ist dann entbehrlich, wenn eine Flucht in einem feuer- und rauchschutztechnisch abgetrennten Bereich möglich ist, aus dem eine Rettung mittels Rettungsgeräten der Feuerwehr innerhalb einer sicheren Verweildauer ohne Zeitdruck erfolgen kann“, erklärte Lukas Heimann. Dies werde mit dem neuen Konzept sichergestellt und ein Rettungsweg reiche aus. Im Erd- und Obergeschoss würden der Ausgang über die Treppen sowie ebenfalls ein Notausstieg die Rettungswege bilden.
Abschließend zog er als Fazit des überarbeiteten Brandschutzkonzepts für das Haus des Gastes: Geschaffen werden soll eine frühzeitige Alarmierung durch zusätzlich installierte funkvernetzte Rauchwarnmelder einschließlich einer akustischen Alarmierung innerhalb der Geschosse. Durch die bauliche Abtrennung werde die Rauchausbreitung ins Dachgeschoss verhindert. Personen im Obergeschoss könnten im rauchfreien Bereich auf das Eintreffen der Feuerwehr warten. „Die Anforderungen der Bauordnung zu den Flucht- und Rettungswegen werden eingehalten“, unterstrich Lukas Heimann. Im Unterschied zu dem Konzept mit der Außentreppe sei jetzt im Dachgeschoss keine eigenständige Flucht mehr möglich.
Architekt Tobias Frohberger aus Berghülen ließ am Rande wissen, dass unterm Strich die äußere Stahltreppe die wohl preisgünstigere Variante gewesen wäre. Mit 22 000 Euro war die Stahltreppe veranschlagt. Die feuer- und rauchsichere Glastrennwand dürfte um die 15 000 Euro verschlingen. Hinzu würden Kosten für Bauarbeiten kommen und der Einbau der Rauchwarnmelder und des Warnsystems.
„Wenn der Bürger bei den Entscheidungen nicht vollständig mitgenommen wird und sämtliche Fakten nicht offen gelegt werden, ist es sehr schwierig die Entscheidungen eines Gremiums nachzuvollziehen. Bei der Entscheidung des Gemeinderats über den neuen Standort wurde der Bürger in die Entscheidung nicht mit einbezogen. In der Sitzung konnte den Zuhörern nicht plausibel dargelegt werden, wie es zu dieser Entscheidung kam. In zwei Workshops des Gemeinderats (im letzten Workshop waren nur noch die Hälfte der Gemeinderäte anwesend) fiel die Entscheidung für den neuen und damit den alten Standort.
Der Bürger erfuhr jedoch keinerlei Gründe und Fakten, die für den neuen/alten Standort sprechen und auch nicht welche Alternativen überhaupt zur Debatte standen und warum diese nicht in Betracht kommen. Den Bürgern wurden keine ausreichende Möglichkeiten gegeben, sich ein Bild zu machen, um die Entscheidung nachzuvollziehen. Eine simple Umfrage einer Gemeinderatsliste ohne ausreichende Informationen kann nicht als Bürgerbeteiligung genügen und dient nur zur Alibifunktion. Bei dieser weittragenden, kostenintensiven und zukunftsweisenden Entscheidung für die Gemeinde fehlt die Transparenz für den Bürger. Welche Gemeinderatsliste hatte das nicht bei der Gemeinderatswahl 2019 gefordert, zusammen mit mehr Bürgerbeteiligung? Aber anscheinend ist Transparenz nicht mehr notwendig – nach der Wahl.
Welcher Bauherr legt den Standort seines Bauvorhabens fest, wenn sämtliche Randbedingungen noch nicht geklärt sind. Das Raumprogramm ist völlig offen: Also die benötigten Flächen und somit die Größe steht noch gar nicht fest. Wie viele Räume werden überhaupt benötigt ? – Eine Organisationsuntersuchung folgt erst noch. Passt das neue Gebäude überhaupt noch auf das Grundstück? Was ist mit dem schlechten Baugrund an der jetzigen Stelle? Notwendige Fachgespräche mit beteiligten Behörden fehlen. Stimmt das Denkmalsamt überhaupt einem mindestens doppelt so großem Gebäude zu? Viele offen Fragen.
Zur Erinnerung: Bei der Außentreppe am Haus des Gastes gab es auch nur die eine richtige Lösung, bis das Denkmalsamt kam und eine komplette neue Planung notwendig war. Und dann die Aussage, das regelt man alles über den Ideenwettbewerb. Ein Ideenwettbewerb ist dazu da, Ideen zu entwickeln und nicht Denkmalfragen zu klären, das muss vorher geklärt werden. Soll jetzt jeder beteiligte Planer beim Denkmalamt anrufen und nachfragen, was es zu der Idee sagt und ob er für den Wettbewerb so weiter planen kann? Das Denkmalamt ist bestimmt begeistert. Man stelle sich vor, es gibt tolle Ideen, aber nichts davon kann umgesetzt werden, weil das Denkmalsamt nicht zustimmt.
Ein erster Ideenwettbewerb wäre, dass man den Planern verschiedene Standorte zur Verfügung stellt, um dann mit diesen Ideen Entscheidungshilfen zu haben. Auf diese Basis können die Bürger direkt am Wettbewerb beteiligten werden. Es soll schon vorgekommen sein, dass dadurch plötzlich ganz neue Erkenntnisse sichtbar werden.
Es soll Gemeinden geben, da werden die Bürger zu den Workshops eingeladen und dürfen sich beteiligen. Aber es gibt ja jetzt Corona als Ausrede und der Rathausneubau ist das wichtigste und dringendste Problem der Gemeinde und musste jetzt entschieden werden!
Zu dem Artikel „Westerheims Rathaus bleibt im Ort bei St. Stephanus“in der SZ und zur Sitzung des Westerheimers Gemeinderat am Dienstagabend erhielten wir folgendes Schreiben:
Hermann W. Tappe, Westerheim