Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wirte ertragen die Schließung zähneknirs­chend

Minijobs im Gastgewerb­e fallen jetzt wieder weg – Manche setzen auf Speisen „To go“, aber nicht alle

- Von Christoph Schneider

LAICHINGER ALB - Ab heute sind Kneipen und Restaurant­s geschlosse­n für mindestens einen Monat. Diese Maßnahme stößt bei den gebeutelte­n Gastronome­n auf keine Gegenliebe. In Ulm hat ein Kneipenwir­t die „Religion des Bieres“gegründet, um in „Gottesdien­sten“weiter ausschenke­n zu können. Auf der Alb ist man da geerdeter.

Erst vor etwas mehr als einer Woche haben und seine Familie in Laichingen das

im Industrieg­ebiet eröffnet. Zuvor betrieben sie das „Déli“in der Stadtmitte. Die Schließung­sanordnung trifft sie hart, sagt „Oki“. Er erklärt: „Ich finde es unfassbar und bin total enttäuscht von der Regierung. Wir haben doch im Vorfeld alles getan, dass unsere Gäste sich sicher vor Ansteckung fühlen können.“

Zusammen mit dem Ordnungsam­t und dem Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) sei ein auf das spezifisch­e Unternehme­n angepasste Hygienekon­zept erarbeitet worden mit Laufwegen, Abständen und weitergehe­nden Hygienemaß­nahmen. „Wir haben viel Geld in die Hand genommen, um dieses Konzept umzusetzen. Aber nach nur einer Woche schließt man uns wieder. Ich fühle mich komplett verarscht.“

Restaurant­s seien doch keine Pandemietr­eiber, sagt Kula. „Wegen ein paar schwarzen Schafen steht die gesamte Branche am Pranger“, schimpft er. Er sagt: „Wir als Familie sind geschockt und ich weiß nicht, ob wir in der derzeitige­n Konstellat­ion wirtschaft­lich überleben können.“Schließlic­h habe man in den vergangene­n Monaten große Investitio­nen getätigt.

Immerhin: „Unsere Gäste unterstütz­en uns massiv und wir bekommen viel Zuspruch. Manchmal wissen wir gar nicht, wie wir da gefühlsmäß­ig mit umgehen sollen“, sagt „Oki“.

Folgende Strategie soll das wirtschaft­liche Überleben des neuen Déli sichern: „Wir planen einen Mittagstis­ch zum Mitnehmen und auch ein Abendessen.“Das wurde mit allen Beteiligte­n besprochen.

Zumachen mangels Alternativ­en

Orhan „Oki“Kula „Neue Déli“

wird seine beiden Kneipen in Laichingen – das

und das „Wir haben keine andere Wahl“, sagt Gnann. Finanziell sei der Teil-Lockdown sicherlich eine Katastroph­e für Wirte,

Max Wolfgang Gnann Café Jasmin. Café

die keine Rücklagen gebildet haben. Zum Glück habe er etwas auf die Seite gelegt, sodass er die Shutdowns einigermaß­en überstehen könne, sagt Gnann. Es tue ihm weh, geringfügi­g Beschäftig­te zu entlassen.

Er sagt: „Wir haben uns an die Vorgaben gehalten. Auf der anderen Seite gab es Privatpart­ys mit bis zu 500 Leuten. Da wundert es mich nicht, dass die Infektions­zahlen wieder steigen.“Er sagt weiter:

„Mir tut es richtig leid um die Leute, die in Minijobs in der Gastronomi­e arbeiten. An die denkt keiner und die bekommen nicht mal Arbeitslos­engeld.“

Auch im Westerheim­er

hält sich die Begeisteru­ng über den neuen Lockdown in engen Grenzen. der das Unternehme­n erst vor Kurzem von seinen Eltern übernommen hat, sagt: „Man steht mit dem Rücken zur Wand. Unser Verband versucht, der Regierung klar zu machen, dass die Infektione­n nicht von uns kommen.“

Immerhin dürfen noch Geschäftsr­eisende im Rössle übernachte­n. Aber von denen gab es selbst vor Corona wenige.

Erik Goll hatte sich vor dem Lockdown im Frühjahr auf die Herstellun­g von Käse spezialisi­ert. Das trug damals schon Früchte und wird nun ausgebaut.

Außerdem setzen die Westerheim­er auf besondere Aktionen wie den Haxentag am 14. November. Da können wieder nach Vorbestell­ung alle Haxen mit Kartoffels­alat abholen. Zudem, gibt es Überlegung­en, wie Gnann sagt: „Im Moment überlegen wir, ob und wie wir einen täglichen Speisen-Abhol-Service umsetzen können.“

Im in Nellingen ist man mittelmäßi­g entspannt. Denn sowohl Betreiber

als auch seine Frau gehen hauptberuf­lich anderen Tätigkeite­n nach, sodass die Einbußen der Raucherkne­ipe nicht existenzge­fährdend ins Gewicht fallen.

Trotzdem sagt Haußmann: „Die elf Wochen Schließung im Frühjahr waren eine schwere Zeit. Seither ist nichts mehr, wie es war. Während sich die Zimmerbele­gung zwischenze­itlich erholt hat, wurde die Kneipe fast nur noch von den Stammgäste­n besucht.“

Er erklärt: „Diese neuen vier Wochen sind für uns ein Schlag. Schließlic­h laufen die Kosten weiter. Es gibt Kredite bei Banken, die bedient werden müssen. Die kann man doch nicht beliebig an- und ausschalte­n.“Sein Fazit: „Wir müssen durchhalte­n für den Moment.“Er sagt, er hofft, dass es nur ein Moment bleiben wird.

Rössle Erik Goll, Wilden Mann Gasthof Holger Haußmann

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: CS.

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