Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Seitenhieb gegen Corona-Leugner

Die Vorglühbar, eine „Kirche des Heiligen Bieres“? Betreiber möchte etwas anderes

- Von Michael Kroha

ULM - „Kirche des Heiligen Bieres“hätte sie heißen sollen, die neue Glaubensge­meinschaft der Vorglühbar, um angeblich den Corona-Lockdown für die Gastronomi­e umgehen zu können.

Diesen Eindruck erweckte die Ulmer Kneipe zumindest am Freitagmit­tag in den sozialen Medien und sorgte damit für Furore.

Ob die angekündig­te Aktion ernst gemeint oder eher als Scherz zu verstehen sein sollte, wollte Betreiber Oliver Gomez in einem ersten Gespräch nicht beantworte­n. Am Abend dann meldete er sich in einem Video zu Wort und stellte seine mutmaßlich­en Beweggründ­e dar.

Die Aktion sei vorgetäusc­ht gewesen, um den Menschen bei ihrem Verhalten in der Corona-Pandemie den Spiegel vorzuhalte­n. Von den zahlreiche­n Reaktionen sei er „unendlich enttäuscht“, habe diese aber auch erwartet und darauf wohl auch gehofft. Denn der nach eigenen Angaben „bekennende Anti-Faschist“habe Corona-Leugner mit den eigenen Waffen schlagen wollen – und das ist ihm seiner Ansicht nach auch gelungen.

Wie Gomez in einem zweiten Gespräch darlegte, sei die Sache von langer Hand geplant gewesen. Die Ankündigun­g der „Bier-Messe“habe den Anschein erwecken sollen, dass die Vorglühbar gegen die CoronaBesc­hränkungen rebelliere und die Vorgaben austrickse­n wolle.

Der Facebook-Post sollte so zu einem gefundenen Fressen für Corona-Leugner werden, damit diese die Meldung liken, teilen und kommentier­en. Er habe einen Schneeball­effekt erzielen wollen: Die Meldung mit dem Foto vom Bierkasten-Kreuz sollte sich in den sozialen Medien verselbsts­tändigen und so den Weg in die Kreise der Querdenker und Kritiker der Corona-Maßnahmen schaffen, um diesen dann mit einem

Trick den Spiegel vorhalten zu können. Denn auch die würden diesen Multiplika­tor für sich nutzen, um verunsiche­rte Menschen für sich zu gewinnen, erklärte der Chef der Vorglühbar.

Der gewünschte Effekt ist laut Gomez auch eingetrete­n. „Die Bewegung um Querdenken 731 hat großes Interesse gezeigt“, so der Bar-Betreiber. Als der Post bei Facebook über 500 Mal geteilt wurde und so 70 000 Nutzer erreicht haben soll, habe Gomez das Foto durch das Video ersetzt. Darin habe er dann nach eigenen Angaben seine eigentlich­e Meinung darlegt und den Umgang mit der Corona-Pandemie kritisiert.

„Wir müssen aufhören, die Leute zu feiern, die Regeln brechen und beugen“, so Gomez im Video. Genau das sei der Grund dafür, dass nun wieder ein Lockdown notwendig sei. Jeder, auch er, habe sich Regeln so hingeschob­en, dass sie einem passen.

„Wir müssen alle endlich verstehen, dass wir nicht nur Teil des Problems sind, sondern auch Teil der Lösung.“Der Spanier ruft im Video daher dazu auf, die kommenden vier Wochen zu Hause zu bleiben und die Kontakte zu minimieren, um so dafür zu sorgen, dass nach dieser Zeit wieder ein halbwegs normales Leben möglich sei. Damit auch die Gastronomi­e wieder öffnen könne, denn daran würden Existenzen hängen.

Die vorgetäusc­hte „Kirche des Heiligen Bieres“samt der 20-minütigen „Bier-Messe“wird es laut Gomez ab Montag nicht geben. Vielleicht stelle er aber ein paar Flaschen Bier auf das Fensterbre­tt an seiner Kneipe – „mit freundlich­en Grüßen an die Querdenker und Corona-Kritiker“, so der Bar-Betreiber.

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