Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Und täglich grüßt der Gislason
Nach langem Warten feiert der Bundestrainer nun wohl doch sein DHB-Debüt
DÜSSELDORF (SID) - Alfred Gislason war um Normalität bemüht. Videoschulung am Morgen, danach scheuchte der Bundestrainer seine Handballstars um Kapitän Uwe Gensheimer und Torhüter Johannes Bitter knapp zwei Stunden durch die Halle im Sportpark Niederheid in Düsseldorf. „Alfred war sehr motiviert nach langer Zeit und ist mit vollem Ehrgeiz ins Training gestartet“, berichtete 2007-Weltmeister Bitter hinterher. Am Abend war dann auch die drohende Absage des EM-Qualifikationsspiels gegen Bosnien-Herzegowina, seiner monatelang ersehnten Premiere mit dem DHBTeam, vom Tisch. Die Europäische Handball-Föderation EHF bestätigte den Spieltermin am Donnerstag in Düsseldorf (16.15 Uhr/ZDF). Zuvor hatten die Bosnier wegen zahlreicher coronabedingter Ausfälle eine Verlegung der Partie beantragt.
„Die EHF sah aber keine formale Basis, diesem Wunsch zu entsprechen“, teilte der Deutsche Handballbund (DHB) mit. Die bosnische Delegation werde am Mittwochabend in Düsseldorf erwartet und unterziehe sich einem weiteren Corona-Test.
Die deutsche Mannschaft hatte das lange Zittern auch zum Schmunzeln gebracht, sonst bekäme man von den ganzen Gedanken „irgendwann Kopfschmerzen“, hatte Bitter betont: „Wer Alfred kennt, der weiß, dass er mit einer großen Portion Selbstironie ausgestattet ist und darüber schon auch Späße macht.“
Und Bob Hanning war überzeugt, dass Gislason sich von der Unsicherheit nicht aus der Ruhe bringen lassen werde. „Es ist keine einfache Situation für Alfred, wir hätten uns alle etwas anderes gewünscht“, sagte der DHB-Vizepräsident: „Aber wenn einer mit schwierigen Situationen umgehen kann, dann er.“
Das Szenario rund um Gislason und das deutsche Team erinnerte in Zügen an den Klassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Gislason wäre demnach die Filmfigur Phil Connors, gespielt von Bill Murray, der in eine sonderbare Zeitschleife gerät und denselben Tag immer wieder aufs Neue erlebt. Denn schon einmal bereitete Gislason seine Spieler, es war im März, auf sein vermeintliches Länderspiel-Debüt vor, schon einmal hing die Partie coronabedingt am seidenen Faden, ehe die niederländische Regierung ihr Team kurz vor dem Anpfiff nach Hause beorderte.
Corona ist im deutschen Team seit Tagen das Thema Nummer 1 und beeinträchtigt die Arbeit von Gislason massiv. Ursprünglich wollte der Isländer in der einzig verbleibenden Lehrgangswoche in diesem Jahr den Ernstfall proben und Gensheimer und Co. auf die WM im Januar in Ägypten einschwören, doch die pandemiebedingten Ausfälle von Stammkeeper Andreas Wolff und Spielmacher Philipp Weber wiegen schwer. Zu allem Übel musste nun auch noch Rückraum-Shooter Christian Dissinger passen. Der Europameister von 2016 war schon in Deutschland gelandet, ehe ihn Corona-Fälle im Umfeld seines Vereins Vardar Skopje ausbremsten. „Das ist hart, denn wie Andreas Wolff ist auch Christian Dissinger bisher ohne Befund“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer.
Das DHB-Team kann nun aller Voraussicht nach zwei Spiele in dieser Woche bestreiten. Am Spiel am Sonntag in Tallinn gegen Estland (15.15 Uhr/ZDF) bestehen laut Kromer nämlich „aktuell überhaupt keine Zweifel“. Zuvor darf sich Gislason aber auch auf Donnerstag freuen.
„Aber wenn einer mit schwierigen Situationen umgehen kann, dann er.“
Bob Hanning