Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Es geht einfach weiter
Joachim Löw erhält bei einem Treffen der DFB-Spitze volle Rückendeckung
FRANKFURT (dpa) - Joachim Löw verzichtete nach einem seiner wichtigsten Siege auf die große Bühne. Der Bundestrainer verabschiedete sich nach dem erfolgreichen Kampf um seinen Job beim Gipfel in der Frankfurter DFB-Zentrale aus einem Nebeneingang – fünf Kamerateams und über ein Dutzend Reporter warteten vergeblich. Dabei hätte Löw nach dem „Weiter so!“der Verbandsführung guten Grund gehabt für ein strahlendes Lächeln. Auch nach dem 0:6-Debakel in Spanien und einem heftigen öffentlichen Sturm in den Tagen danach setzt der Deutsche Fußball-Bund Richtung EM 2021 weiter unverdrossen auf den Bundestrainer. „Ein einzelnes Spiel kann und darf nicht Gradmesser für die grundsätzliche Leistung der Nationalmannschaft und des Bundestrainers sein“, lautete ein zentraler Satz in der Mitteilung des Verbandes nach einer Telefonkonferenz mit der Entscheidung des DFB-Präsidiums.
„Einvernehmlich“beschloss das Führungsgremium, „den seit März 2019 eingeschlagenen Weg der Erneuerung der Nationalmannschaft mit Bundestrainer Joachim Löw uneingeschränkt fortzusetzen“. Das Präsidium sei einer Empfehlung des Präsidialausschusses um DFB-Chef Fritz Keller und dem für die Auswahlteams verantwortlichen Direktor Oliver Bierhoff gefolgt. Ein halbes Jahr vor dem EM-Auftakt in München gegen Weltmeister Frankreich konnte der 60 Jahre alte Löw die DFB-Zentrale nach dem Gipfeltreffen verbal gestärkt verlassen. Wie nach dem historischen WM-Desaster 2018 darf er weitermachen.
Löw wurde zum Abschluss des verflixten Corona-Jahres sogar als Gewinner dargestellt. „Auf dem Weg zur EM 2021 sind bereits wichtige sportliche Ziele erreicht worden – darunter die EM-Qualifikation, der Verbleib in Liga A der Nations League und die Positionierung im ersten Lostopf bei der WM-Qualifikation. Entsprechend hat Joachim Löw weiterhin das Vertrauen des DFB-Präsidiums“, urteilte der Verband.
Der Blick gehe nun wieder „zielgerichtet und fokussiert“nach vorne zur EM. Es bestehe die feste Überzeugung, dass Löw mit seinem Stab „trotz einer für alle herausfordernden Situation erfolgreiche Spiele und Ergebnisse liefern“werde. DFBPräsident
Keller hatte bereits das Halbfinale zur ambitionierten Zielvorgabe erklärt. „Der Bundestrainer wird alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um mit der Mannschaft eine begeisternde EM 2021 zu spielen“, versicherte der Verband den Fans.
Nach knapp zwei Wochen innerer Einkehr hatte Löw am Vormittag persönlich für sich und seine Arbeit geworben, zunächst vor dem Präsidialausschuss um Präsident Keller und auch Bierhoff. Es sei dem Bundestrainer wichtig gewesen, „in einem offenen, konstruktiven und intensiven Austausch die aktuelle Lage, die Niederlage gegen Spanien und die bevorstehenden Monate bis zur Europameisterschaft zu erörtern“, hieß es. Die DFB-Spitze stellte demnach „übereinstimmend fest, dass die hochqualitative Arbeit des Trainerstabes, das intakte Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer sowie ein klares Konzept für das bisherige und weitere Vorgehen zählen“.
Löw ist auch nach 14 Jahren nicht amtsmüde. Sein Blick ging sogar über die EM hinaus. Sein Vertrag läuft ohnehin bis zur WM 2022. „Zustimmung erhält auch die Einschätzung des Bundestrainers, dass nachfolgende Turniere – konkret die WM 2022 in Katar und die EM 2024, die im eigenen Land stattfindet – als Perspektiven und sportliche Ziele bereits zum jetzigen Zeitpunkt in den weiteren sportlichen und personellen Überlegungen eine Rolle spielen müssen“, teilte der Verband mit und erteilte einer Rückkehr der drei ausgebooteten Rio-Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng indirekt eine Abfuhr.
Die Hängepartie um Löw wollte der DFB ursprünglich erst auf der turnusgemäßen Präsidiumssitzung am Freitag mit einem Votum pro oder contra beenden. Dass der Bundestrainer von sich aus hinwerfen könnte, hielten Personen aus dem direkten Dunstkreis der DFB-Auswahl und im Umfeld von Verbandsfunktionären aber stets für unwahrscheinlich. Löw hatte sich vor zwei Wochen in Sevilla nach dem 0:6 mit der Aussage verabschiedet, dass es jetzt darum gehe, „die richtigen Schlüsse“aus dem „rabenschwarzen Abend“zu ziehen.
Er äußerte aber nach seiner höchsten Niederlage in 189 Länderspielen unter seiner Führung keine Zweifel an sich selbst oder seinem Kurs, den er ganz auf den EM-Sommer ausgerichtet hat. Das Spiel gegen Spanien bewertet(e) er als einen punktuellen Systemabsturz.
Die Nationalelf geht jetzt erst mal in eine lange Winterpause. Erst im März folgen drei WM-Qualifikationsspiele. Löw weiß aber, dass es spätestens bei der EM im kommenden Sommer wieder um seinen Job gehen wird. „Es ist immer von einem Turnier abhängig, wie es weitergeht“, sagte er zuletzt.
„Ein einzelnes Spiel kann und darf nicht Gradmesser für die grundsätzliche Leistung der Nationalmannschaft und des Bundestrainers sein.“Mitteilung des DFB