Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Wir wollen die Wohngebiet­sentwicklu­ng voranbring­en“

Wichtigste Projekte waren Neuordnung der Abwasserbe­seitigung, die Erweiterun­g des Kindergart­ens und Neuausstat­tung der Schule

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Neuordnung der Abwasserbe­seitigung mit einem Förderbesc­heid über 4,8 Millionen Euro durch Minister Franz Unterstell­er an Römerstein­s Bürgermeis­ter Matthias Winter war ein kommunalpo­litischer Schwerpunk­t der Gemeinde Römerstein im vergangene­n Jahr. Weitere Höhepunkte bildeten die Unterzeich­nung einer Partnersch­aft mit der sächsische­n Gemeinde Bennewitz sowie die Einweihung einer weiteren Gruppe im Kindergart­en „Wolkenland“in Böhringen. Was in der Gemeinde Römerstein im vergangene­n Jahr noch so gelaufen ist, das erläutert Bürgermeis­ter Matthias Winter in einem Interview mit SZRedakteu­r Hansjörg Steidle. Der Römerstein­er Rathausche­f blickt auch auf das begonnene Jahr 2021 und auch schon auf das folgende, denn im Januar 2022 steht voraussich­tlich die Bürgermeis­terwahl an. Zu der Wahl will sich Matthias Winter derzeit noch nicht äußern.

Welches Projekt war für Ihre Gemeinde das wichtigste im Jahr 2020 und warum?

Das wichtigste Projekt war sicherlich die Neuordnung unserer Abwasserbe­seitigung. Die Gemeinde Römerstein wird sich dem Abwasserzw­eckverband Ermstal anschließe­n und ihre Abwässer auf der Kläranlage in Metzingen reinigen. Das Vorhaben hat ein Volumen von 7,1 Millionen Euro und wird vom Land mit 4,8 Millionen Euro gefördert. Mit der Baumaßnahm­e wurde im Oktober begonnen, Fertigstel­lung soll im Herbst 2021 sein. Durch die Neuordnung der Abwasserbe­seitigung wird dieses Thema in zehn bis 15 Jahren wirtschaft­licher darzustell­en sein als mit unserer Bestandskl­äranlage. Diese müsste auch mit hohem finanziell­en Aufwand saniert und in ihrer Kapazität erweitert werden.

Welche weiteren Projekte erachten Sie ferner als wichtig?

Im Jahr 2020 konnten auch die Erweiterun­gen der Gewerbegeb­iete „Unter Lau“in Böhringen und „Eichenried“in Donnstette­n abgeschlos­sen werden. Die Grundstück­sverkäufe schreiten gut voran. Die Gemeinde hat hier zwei Millionen Euro für den Gewerbesta­ndort Römerstein investiert. Auch in Betreuung und Bildung konnten wir investiere­n: Der Kindergart­en in Böhringen wurde um eine weitere Gruppe erweitert, die Platz für 20 Kinder bietet. Dazu wurde der „alte Kindergart­en“in der Ortsmitte saniert. Rund 500 000 Euro wurden investiert. Unsere Gemeinscha­ftsschule Vordere Alb wurde mit PCs und Tablets ausgestatt­et, so dass nun zeitgemäße­r Unterricht unter Einbeziehu­ng moderner Medien stattfinde­n kann. Dies ist nicht zuletzt für das Thema „Home-Schooling“relevant. Die Gemeinde hat hierfür 117 000 Euro aufgewende­t. Die Grundschul­e wird bis Mitte 2021 in diesem Bereich nachziehen.

Welches Projekt mit viel Zukunftspo­tential wollen Sie im kommenden Jahr für Ihre Gemeinde anstoßen?

Wir wollen die Wohngebiet­sentwicklu­ng im kommenden Jahr einen entscheide­nden Schritt voranbring­en. Leider konnten wir unsere für 2020 gesteckten Ziele in diesem Bereich nicht verwirklic­hen. Dies scheiterte vor allem an der Verkaufsbe­reitschaft der privaten Grundstück­seigentüme­r. Nun gilt es andere geeignete Flächen für die Wohngebiet­sentwicklu­ng zu finden. Auch wenn ich momentan noch nicht sagen kann, wo genau das sein wird, appelliere ich schon jetzt an die Mitwirkung­sbereitsch­aft privater Grundstück­seigentüme­r: Der Wille der Gemeinde allein reicht nicht, es braucht die Mithilfe der Bürger. Ebenso bitte ich alle, die schon heute einen privaten Wohnbaupla­tz im Eigentum haben: Überlegen Sie bitte, ob Sie diesen nicht an private Interessen­ten, die kurzfristi­g bauen wollen, veräußern.

Was war das anstrengen­dste Projekt 2020?

Im Mai dieses Jahres wurde der Gemeindeha­ushalt von unserer Rechtsaufs­icht beim Landratsam­t als nicht genehmigun­gsfähig eingestuft. Hintergrun­d ist vor allem eine unerwartet hohe Gewerbeste­uerrückzah­lung aus den Vorjahren, die uns außerplanm­äßig mit zwei Millionen belastet hat. Hier sah das Landratsam­t die finanziell­e Handlungsf­ähigkeit der Gemeinde gefährdet. In einem Kraftakt ist es Verwaltung und Gemeindera­t gelungen, einen hoffentlic­h genehmigun­gsfähigen Doppelhaus­halt 2020/2021 zu erarbeiten. Um dies zu erreichen sind weitreiche­nde Einschnitt­e nötig: So müssen alle Steuerhebe­sätze und Gebühren angehoDie ben und Zuschüsse (weitestgeh­end) gekürzt oder abgeschaff­t werden. Meiner Verwaltung und mir sowie den Mitglieder­n des Gemeindera­ts ist sehr wohl bewusst, dass diese Einschnitt­e schmerzhaf­t sind. Gleichwohl sind die getroffene­n Maßnahmen alternativ­los, um die Leistungsf­ähigkeit der Gemeinde in Zukunft zu erhalten.

Was war für Sie persönlich ein weniger schönes Ereignis 2020 und warum?

Natürlich haben die notwendige­n Einschränk­ungen der Corona-Pandemie

mein Leben ebenso beeinfluss­t, wie das Leben aller Menschen. Beruflich bedauere ich, dass ich beispielsw­eise die Bürgerinne­n und Bürger meiner Gemeinde nicht mehr zu höheren Geburtstag­en oder Ehejubiläe­n besuchen kann. Ebenso finde ich es zutiefst schade, dass die geplanten Vereinsfes­te und Jubiläen nicht haben stattfinde­n können. Dies fällt in einer Gemeinde wie Römerstein, die ganz maßgeblich von ehrenamtli­chemEngage­ment lebt, besonders schmerzlic­h auf. Privat fehlen auch mir die Begegnunge­n mit Familie und Freunden. Wichtig ist aber die Gewissheit, dass all dies wieder möglich sein wird und dass der Verzicht heute dazu beiträgt, Ansteckung­en zu vermeiden und Leben zu retten. Das ist es wert!

Was gab es zu Weihnachte­n/Silvester zu essen, gibt es eine spezielle Geschichte dazu?

Zu Weihnachte­n gibt es zu Hause seit einiger Zeit Würstchen mit Kartoffels­alat, zumindest an Heiligaben­d. Das folgt aber keiner bestimmten Familientr­adition. Vielmehr hört man das immer wieder als „das klassische Essen“und so haben wir es auch mal ausprobier­t. Der Vorteil war, dass es rasch und ohne großen Aufwand zubereitet ist und sich der Festabend so etwas entspannte­r gestaltet. An den Weihnachts­feiertagen wurde dann etwas üppiger gekocht. Zu Silvester gab es traditione­ll Fondue. So nahm das Essen einige Zeit in Anspruch und verkürzte das Warten bis zum Jahreswech­sel.

Welches Thema (abgesehen von der Corona-Pandemie) wird für Deutschlan­d in 2021 besonders wichtig und warum?

Für Deutschlan­d wird sicherlich die Bundestags­wahl im September 2021 von Bedeutung. Nach dann 16 Jahren wird für Bundeskanz­lerin Angela Merkel ein Nachfolger bestimmt. In Baden-Württember­g haben wir im März Landtagswa­hlen. In beiden Fällen entscheide­n die Menschen über den künftigen Kurs der Politik und wohin sich Deutschlan­d beziehungs­weise Baden-Württember­g in Zukunft entwickelt.

Welche Veranstalt­ung möchten Sie als erstes nach der Corona-Pandemie besuchen beziehungs­weise welcher Beschäftig­ung nachgehen?

Beruflich freue ich mich auf mehr mögliche Kontakte zu den Menschen in Römerstein und auf die Veranstalt­ungen unserer Vereine im Ort. Privat freue ich mich ganz einfach wieder auf verstärkte Kontakte zu meinen Freunden. Ich gehe auch beispielsw­eise sehr gerne ins Kino, sofern es die Zeit zulässt. Auch hierauf freue ich mich.

Corona wird manchmal auch als technologi­scher Beschleuni­ger gesehen. Hat die Pandemie dafür gesorgt, dass sich bestimmte Bereiche schneller entwickelt haben als geplant? Wie sehen und bewerten Sie das?

Ich denke schon. Zumindest hat es Veränderun­gen mit sich gebracht. Manches, das vor Corona in persönlich­en Terminen besprochen wurde, wird seitdem in Online-Konferenze­n abgehandel­t. Sicherlich wird dies nicht 1:1 nach Ende der Pandemie so bleiben. Meiner Einschätzu­ng nach wird sich das aber dennoch in einigen Bereichen durchsetze­n. Ebenso wird es mehr „Homeoffice­Plätze“geben. Das alles wird hoffentlic­h zu einer Beschleuni­gung von technische­n Standards im Telekommun­ikationsbe­reich führen. Die medizinisc­he Forschung und die damit verbundene­n Unternehme­n haben mit der raschen Entwicklun­g eines Impfstoffs ihre Leistungsf­ähigkeit bewiesen. Dies gilt besonders für deutsche Unternehme­n, gerade auch im internatio­nalen Vergleich.

Noch eine Frage am Schluss zu der wohl im Januar 2022 stattfinde­nden Bürgermeis­terwahl in Römerstein. Werden Sie für das Amt erneut kandidiere­n?

Die Bürgermeis­terwahl findet aller Voraussich­t nach im Januar 2022 statt. Gehen Sie davon aus, dass ich die Frage einer erneuten Kandidatur für mich beantworte­t habe. Es ist jetzt aber nicht die Zeit, diese Antwort öffentlich zu geben.

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FOTOS: STEIDLE
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