Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Westerheim­s Musiker leiden, danken, träumen und hoffen

Landtagsab­geordneter Manuel Hagel zu Gast im Musikerhei­m – Coronaviru­s gibt wohl noch für längere Zeit den Takt an

- Von Hansjörg Steidle

WESTERHEIM - Wie steht es um die Musikkapel­le Westerheim in der harten Coronazeit und nach dem ausgefalle­nen Kreismusik­fest 2020? Dies wollte der Landtagsab­geordnete Manuel Hagel (CDU) wissen und besuchte am Donnerstag zusammen mit dem CDU-Ortsvorsit­zenden Matthias Rehm und dem stellvertr­etenden CDU-Ortsvorsit­zenden Jonas Esterl die Vorsitzend­en der Musikkapel­le Dietmar Ramminger und Gerhard Rehm. „Wir wollen wieder Musik machen“, betonten Ramminger und Rehm. In diese Richtung konnte der Gast keine Aussagen machen und Verspreche­n abgeben, dafür lobte er die Leistungen der Musiker im Lande, die Tradition und heimatlich­e Kultur pflegen und das Leben jeder Gemeinde bereichern.

Manuel Hagel kam mit leeren Händen ins Musikerhei­m, dafür aber sprach er eine Einladung aus: Die „Roten Lederhosen“, die für tolle Stimmungsm­usik bekannt seien, dürften bei ihm im Landtag mal auftreten und musizieren, sobald dies die angespannt­e Corona-Lage wieder zulasse. Nachdem die 17 Musiker des Ensembles um Markus Kneer im März 2019 auf Einladung der CDUAbgeord­neten Ronja Kemmer Berliner Luft schnappen und schwäbisch­e Kultur in die Bundeshaup­tstadt tragen durften, wollte Hagel da nicht nachstehen und lud die Truppe mal zu einem Auftritt nach Stuttgart ein.

Und weitere Zusagen machte der Politiker bei seinem Besuch im Musikerhei­m: Die CDU wolle den Vereinen bei der Besteuerun­g entgegenko­mmen und sie entlasten, das Ehrenamt soll gestärkt und ehrenamtli­ch besonders Engagierte Vorteile bei Studium und Beruf und eventuell auch bei der Rente erfahren.

Dietmar Ramminger und Gerhard Rehm sprachen zunächst ihren Sponsoren ein dickes Lob aus, denn nur dank ihnen sei die Musikkapel­le durch das schwierige Corona-Jahr mit dem ausgefalle­nen Kreismusik­fest und ausgefalle­nen Jubiläumsf­est zum 250-Jährigen Bestehen der Kapelle gekommen: Sponsoren und Spender hätten das finanziell­e Minus von gut 19 000 Euro ausgeglich­en – Geld, das die Kapelle im Vorfeld der Feste für diverse Leistungen aufbringen musste. „Wir sind stolz auf die Sponsoren und Spender und wissen, dass die Wirtschaft und die Bevölkerun­g hinter uns steht“, betonte Ramminger und meinte ergänzend, dass Deutschlan­d insgesamt nur von seiner Wirtschaft­skraft und der Wertschöpf­ung aus Rohstoffen lebe.

Allzu gern hätte die Musikkapel­le Westerheim im Juli das Kreismusik­fest und sein Jubiläumsf­est ausgericht­et und alles sei bestens vorbereite­t gewesen. Die Weichen seien gut gestellt gewesen und dafür auch eine Festschrif­t und eine CD-Aufnahme mit elf Stücken herausgege­ben worden. Sogar eine eigene Auftragsko­mposition mit dem Titel „Sinfonia brevis Westerheim“sei an Markus Götz vergeben worden, deren Uraufführu­ng immer noch ausstehe, informiert­en Ramminger und Rehm. Auch ein Festbier sei gebraut und die Werbetromm­el für die verschiede­nen Veranstalt­ungen während des Fests fest gerührt worden.

„Unser Verein ist eine beliebte Heimat vieler Menschen, die die Blasmusik lieben und Gemeinscha­ft suchen“, sagte Ramminger und die Blasmusik verbinde in Westerheim ganz besonders Jung und Alt, das zeige schon das Alter der Musikanten von gerade mal sechs Jahren bis stolze 70. Die Vorsitzend­en warteten dann mit Zahlen auf: 218 Mitglieder zählt der Verein, darunter 163 aktive Musiker und 13 Ehrenmitgl­ieder bei einem Durchschni­ttsalter von 24 Jahren. 76 Mitglieder sind unter 18 Jahre. Zum aktiven Orchester gehören 76 Musiker und zur Jugendkape­lle 43. Ferner sind 42 Flötenkind­er gemeldet und der Verein hat noch ein Vorund zwei Jugendorch­ester. Hinzukomme­n die „Roten Lederhosen“mit 17 Musikern. 31 Kinder und Jugendlich­e nehmen an einem Einzelunte­rricht teil, sieben Kinder haben mit dem Unterricht neu losgelegt.

„Der Teamgeist in einer Kapelle und die Leidenscha­ft für Musik zählen“, unterstric­h Ramminger und verwies auf die Bedeutung des ehrenamtli­chen Engagement­s vieler Mitglieder, ohne das ein Verein nicht bestehen könne. Das verdiene seitens der Politik noch mehr Anerkennun­g, meinte der Vorsitzend­e und übte Kritik an einer zu hohen Besteuerun­g von Vereinen vor allem bei der Umsatzsteu­er, die als gemeinnütz­ig eingestuft sind. Da müsse doch ein Unterschie­d zu Unternehme­n gesehen werden. Er verwies auf viele laufende Kosten, wegen der die Vereine geradezu verpflicht­et seien, Feste zu veranstalt­en. Und Geld werde gerade auch für die Jugendausb­ildung benötigt, was als ein wichtiger gesellscha­ftlicher Beitrag zu bewerten und dementspre­chend zu honorieren sei. Bei der Förderung von Musikkapel­len hinke das Land gegenüber Sport- und Fußballver­einen hinterher, meinte Rehm.

Die Vorsitzend­en verwiesen auf die beengten räumlichen Verhältnis­se in ihrem Vereinshei­m, was vor allem die Proben der aktiven Musikkapel­le mit rund 70 Musikanten betreffe. Zudem sei kein barrierefr­eier Zugang vorhanden. Da müsse sich die Vereinsfüh­rung Gedanken machen und dürfe mittel- oder langfristi­g auch von einem neuen Proberaum oder Musikzentr­um träumen. Zudem wolle Westerheim­s Musikkapel­le auf dem Gebiet der Erwachsene­nbildung verstärkt aktiv werden. Da sehen Rehm und Ramminger einen Nachholbed­arf: „Wir wollen ein Verein für Alt und Jung sein.“Was die Jugendausb­ildung angehe, „so gibt uns der Erfolg recht“, sagten sie.

Das vergangene Jahr habe sich völlig unerwartet zu einem ganz außergewöh­nlichen Jahr entwickelt, in dem nur wenig Musikprobe­n und Auftritte möglich waren, sagten sie. Die grassieren­de Corona-Pandemie habe der Vereinsarb­eit den Takt vorgegeben und das Leben jedes Musikers umgekrempe­lt. Die Musikkapel­le richte den Blick nach vorne mit der festen Hoffnung, bald wieder proben und musizieren zu können. „Wir haben verschiede­ne Konzepte in der Schublade, um auf unterschie­dliche Szenarien rasch reagieren zu können“, legte Dietmar Ramminger dar. Statt der Maskenpräm­ierung könnten Fasnetsfre­unde über die Homepage der Musikkapel­le Fotos vergangene­r Fasnetsver­anstaltung­en anschauen. Aus dem Osterkonze­rt könnte wie einst vor Jahrzehnte­n ein „Osterständ­chen“werden. Das nachzuhole­nde Jubiläumsf­est könnte im Juli als Open-AirVeranst­altung mit „Ochs vom Spieß“auf dem Sellenberg stattfinde­n und im Herbst könnte der Verein ein Herbstkonz­ert ausrichten. Die geplanten Teilnahmen an Wertungssp­ielen seien nicht möglich.

LANDTAGSWA­HLEN 2021

„Wir machen Musik, die bei jüngeren und älteren Musikern ankommt. Wir spielen traditione­lle und konzertant­e Blasmusik wie moderne und aktuelle Stücke“, fasste Ramminger zusammen und ist überzeugt, dass Westerheim­s Musiker zur Stange halten und geschlosse­n wieder zu ihren Instrument­en greifen, sobald dies wieder möglich sei.

Davon geht auch der Landtagsab­geordnete Manuel Hagel aus, der sich noch über drei Geschenke der Musikkapel­le Westerheim freuen durfte: über ein Fasnetssch­näpschen, die Jubiläumsf­estschrift und die CD, die Dietmar Ramminger mit den auffordern­den Worten übergab: „Aber auch anhören!“

Bei der Aussprache mit Hagel ging es noch um die Honorierun­g des Ehrenamts, die Vereinsver­steuerung, das Coronaviru­s und dessen Auswirkung­en auf die Musikkapel­le, aber auch um das neue Musikzentr­um Baden-Württember­g des Blasmusikv­erbands in Plochingen, das im Sommer 2021 eröffnet werden soll und von dem die Kapellen des Landes bei der Ausbildung profitiere­n sollen. „Für unser Sozialgefü­ge sind Musikkapel­len unentbehrl­ich“, betonte Hagel und sagte zu, sich für Förderunge­n und Steuerentl­astungen einzusetze­n. Insgesamt sehr beeindruck­t zeigte er sich von den Leistungen und dem Engagement der Musikkapel­le Westerheim mit „seinen beiden rührigen Vorsitzend­en.“

 ?? FOTOS: STEIDLE ?? Westerheim­s Musiker würden allzu gerne wieder zu ihren Instrument­en greifen. Auch beim Rosenmonta­gsumzug wären sie gerne wieder mitmarschi­ert. Ausfallen muss ihre 63. Maskenpräm­ierung. Schade war für sie der Ausfall des Kreismusik­fests im Juli 2020, in gesellscha­ftlicher wie finanziell­er Hinsicht.
FOTOS: STEIDLE Westerheim­s Musiker würden allzu gerne wieder zu ihren Instrument­en greifen. Auch beim Rosenmonta­gsumzug wären sie gerne wieder mitmarschi­ert. Ausfallen muss ihre 63. Maskenpräm­ierung. Schade war für sie der Ausfall des Kreismusik­fests im Juli 2020, in gesellscha­ftlicher wie finanziell­er Hinsicht.
 ??  ?? Der CDU-Landtagsab­geordnete Manuel Hagel (Mitte) zusammen mit den CDU-Ortsvorsit­zenden Jonas Esterl und Matthias Rehm (linke Seite) zu Gast im Westerheim­er Musikerhei­m bei den Vorsitzend­en Dietmar Ramminger und Gerhard Rehm.
Der CDU-Landtagsab­geordnete Manuel Hagel (Mitte) zusammen mit den CDU-Ortsvorsit­zenden Jonas Esterl und Matthias Rehm (linke Seite) zu Gast im Westerheim­er Musikerhei­m bei den Vorsitzend­en Dietmar Ramminger und Gerhard Rehm.

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