Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wirt über Regierung: „Eiern nur rum“

Lockdown geht weiter – Vertreter der Gastro-Branche gehen mit Politik hart ins Gericht

- Von Michael Kroha

-●Leere Bars, leere ULM/NEU-ULM

Kneipen, leere Restaurant­s. Der Lockdown geht weiter. Bis mindestens 7. März, wenn nicht sogar länger – zumindest für bestimmte Bereiche wie die Gastronomi­e. Seit bald vier Monaten steht beinahe alles still. Wie reagieren Vertreter dieser Branche aus Ulm und Neu-Ulm auf die Shutdown-Verlängeru­ng? Die Meinungen gehen auseinande­r.

Für Oliver Gomez, Betreiber der

in Ulm, gibt es aktuell keine andere Option als den Lockdown zu verlängern. „So hart das ist und so weh das auch tut“, sagt er. Aber die Daten, Fakten und wissenscha­ftlichen Befunde seien eindeutig. Länder wie Portugal oder Irland würden dies belegen. Es bringe daher nichts, jetzt sechs Wochen zu öffnen, „dann explodiert es“und danach müsse wieder drei Monate geschlosse­n werden. Gomez hoffe auf die Impfungen. Damit es im Sommer oder spätestens im Oktober wieder annähernd normal läuft.

Über zu wenig Hilfe könne er sich nicht beschweren. Es sei zwar großer bürokratis­cher Aufwand. „Aber es läuft“, sagt er. Dennoch habe er ein bisschen das Gefühl, dass bei Beschlüsse­n der Regierung zu wenig an die Gastronomi­e gedacht wird. „Da hörst du kein Wort“, sagt er. In der Branche werde es eine „Marktberei­nigung“geben. Seine Klagen halten sich aber in Grenzen. Wohl auch, weil er früh auf einen Suppen-Lieferserv­ice umgestiege­n ist. „Das läuft richtig gut.“

Ein Umstieg auf ein anderes Angebot war für Mustafa Karacizmel­i nicht möglich. In seiner

in Ulm gibt es keine Küche. Seit vier Monaten steht bei ihm alles still. Dass der Lockdown nun verlängert wurde, damit habe er gerechnet. Doch wie zwischenze­itlich mit den Zahlen in der Pandemie umgegangen werde, hält er für einen „Witz“. Erst sei eine Inzidenz von 50 als Schwelle für mögliche Öffnungen genannt worden, jetzt seien es 35. „Das sorgt für Verwirrung. Die Menschen verstehen es nicht mehr und schütteln nur noch mit dem Kopf.“

Seit 15 Jahren betreibt Karacizmel­i jetzt die Bar in der Frauenstra­ße. Die Zeit jetzt sei die schlimmste überhaupt. Von der im November von der Politik versproche­nen finanziell­en Unterstütz­ung habe er bislang nicht einmal die Hälfte bekommen, gleichzeit­ig müsse er Pacht zahlen. „Das wäre die beste und einfachste Lösung gewesen. Dass die Politik diese Kosten übernimmt“,

Vorglühbar Lounge Buddha

sagt er. Stattdesse­n müsse er die Pachtkoste­n jetzt stunden. Rücklagen seien aufgebrauc­ht, er habe sich Geld von seinen Eltern leihen müssen. „Nach 15 Jahren Arbeit.“Und wie es nach dem Lockdown weitergehe­n soll, sei vollkommen unklar. Er fühlt sich im Stich gelassen von der Politik, aber zum Teil auch vom Verband. Er sei zwar Dehoga-Mitglied, doch da gehe es ihm zu viel um Restaurant­s. „Nachtleben existiert fast gar nicht“, sagt er. „Unsere Arbeit wird nicht geschätzt.“

Noch deutlicher mit seiner Kritik an der Politik wird Eberhard „Ebbo“Riedmüller. „Die Regierung hat die Pandemie überhaupt nicht im Griff. Die eiern nur rum“, sagt der

Dabei gehe es ihm nicht um das Virus, sondern um die Unterstütz­ung der Betroffene­n. Seit November habe der 68-Jährige bislang nur 50 000 Euro an finanziell­en Hilfen vom Staat bekommen. Das reiche ihm gerade mal für zwei Tage. Er als Unternehme­r könne das zwar verkraften, weil er kreditwürd­ig sei.

Barfüßer-Wirt.

Aber ihm geht es vor allem um die „Bedürftige­n“. Die, „die ohnehin schon wenig haben“. Fast alle der 850 Barfüßer-Beschäftig­ten seien in Kurzarbeit. „Wie steht eine alleinerzi­ehende Mutter das durch?“, fragt er. Dass der Lockdown jetzt weitergeht, damit habe er sich abgefunden. Schlimm sei nur, dass die politische­n Entscheide­r ihre Versprechu­ngen nicht halten würden. „Markus Söder macht große Sprüche, aber die Probleme lösen sie nur ganz schleppend.“

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