Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kultursenator will sich nicht erpressen lassen
Hohenzollern drohten mit Abzug von Kunstschätzen
BERLIN (dpa) - Berlins Kultursenator Klaus Lederer hat sich im Streit um mögliche Rückgaben und Entschädigungen gegen einen Vorstoß der Nachfahren der letzten Monarchie in Deutschland gewandt. Die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz könnten natürlich nicht verhindern, wenn die Hohenzollern ihre Leihgaben tatsächlich abzögen, sagte der Linke-Politiker am Montag im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. „Die öffentliche Hand wird sich aber mit dieser Form von Drohungen sicherlich nicht erpressen lassen.“
Vertreter der Hohenzollern hatten zuletzt einen Abzug von Leihgaben aus öffentlichen Museen in Berlin und Brandenburg ins Spiel gebracht. Die Geschichte Preußens erstrecke sich nicht nur auf die beiden Länder, heißt es in einem Brief des Verhandlungsführers der Hohenzollern, Jürgen Aretz, an zuständige Stellen in Potsdam. Es sei keine Frage, dass die Kulturgüter ebenso außerhalb dieser Länder ausgestellt werden könnten.
Zwischen Bund mit Ländern und Hohenzollern wird seit 2014 um die Objekte verhandelt. Die Verhandlungen ruhen, nachdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wieder aufgenommen hat. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern, es geht um 1,2 Millionen Euro. Laut Gesetz bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System „erheblichen Vorschub geleistet hat“.
Auf Nachfrage des Grünen-Abgeordneten Daniel Wesener sprach Lederer von zwei Dimensionen offener Fragen. Einerseits gehe es um die Leihgaben. Da habe auch Berlin ein Interesse daran, „dass diese Dinge sortiert und geordnet werden“. Es gebe aber die zweite Dimension. Nach seinem Eindruck existiert im „aufgeheizten Diskurs zur Deutungshoheit über die Geschichte“inzwischen „eine einhellige Fachmeinung“. Es scheine klar zu sein, dass der Nachfolger Wilhelms II. keine konservative Alternative zur NS-Bewegung dargestellt habe, „sondern Signalgeber war mit der Wirkung, konservative Kritik am NS-Regime verstummen zu lassen oder Konservative in der Weimarer Republik auf die Seite des NS-Regimes zu ziehen“. Mit Hinweis auf Experten sagte der Kultursenator, es scheine keinen Historikerstreit zu geben, sondern einen „einhelligen Konsens in der Fachwissenschaft“.