Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Adidas stellt US-Tochter Reebok zum Verkauf
HERZOGENAURACH (dpa) - Der fränkische Sportartikelhersteller Adidas trennt sich von seiner USTochter Reebok. Das Unternehmen habe beschlossen, einen formalen Prozess einzuleiten, „der auf die Veräußerung von Reebok abzielt“, teilte Adidas am Dienstag in Herzogenaurach mit. In Zukunft wolle sich das Unternehmen darauf konzentrieren, die führende Position der Marke Adidas weltweit weiter zu stärken.
Ein Käufer gibt es derzeit nicht. Wenngleich der Kreis der Interessenten illuster ist. Unter anderem hat die US-Basketball-Legende Shaquille O’Neal Interesse angemeldet. O’Neal hat sich nach seiner aktiven Sportler-Laufbahn als erfolgreicher Geschäftsmann etabliert. Auch der US-Rapper Master P. soll Interesse bekundet haben, mehrere Finanzinvestoren ebenso.
Die US-Tochter werde vom ersten Quartal an als „aufgegebener Geschäftsbereich“ausgewiesen. „Nach sorgfältiger Abwägung sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Reebok und Adidas ihr Wachstumspotenzial unabhängig voneinander deutlich besser ausschöpfen können. Wir werden in den kommenden Monaten mit Hochdruck daran arbeiten, eine erfolgreiche Zukunft für die Marke Reebok und das Team dahinter zu gewährleisten“, sagte AdidasVorstandschef Kasper Rorsted.
Rorsted hatte bereits zum Jahreswechsel angekündigt, zu prüfen, ob ein Verkauf sinnvoll sein könnte. Weitere Details zur strategischen Ausrichtung von Adidas bis 2025 will der Konzern am 10. März. Einen Zeitrahmen für den Verkauf gebe es derzeit nicht, sagte eine Sprecherin.
RAVENSBURG - Gottfried Härle ist Allgäuer. Und die Art und Weise, wie der Inhaber der Leutkircher Brauerei Clemens Härle redet, entspricht der Landschaft, aus der er kommt. Gottfried Härle ist direkt, seine Stimme ein wenig knurrig – und wenn sie belegt ist, dann muss ihn, den Bierkenner, etwas bewegen. Genau das ist der Fall, wenn Gottfried Härle zurzeit über viele seiner Kunden spricht: Die Gastronomen, die in ihren Kneipen, Restaurants, Biergärten, Cafés und Gasthöfen das Bier seiner Brauerei ausschenken. Eigentlich. Denn seit Anfang November liegt es in den Kellern und Lagerräumen, während die Zapfhähne oben in den Gasträumen wegen der CoronaPandemie trocken bleiben.
„Noch mussten wir kein Bier wegschütten, den ersten Lockdown im Frühjahr konnten wir gerade noch überbrücken“, erzählt Gottfried Härle. Jetzt im zweiten Lockdown werde es schwieriger. „Im März läuft das Bier ab, das werden wir dann zurücknehmen.“Zurücknehmen bedeutet, dass der Brauer die Fässer wieder abholt und den Gastronomen den Preis zu 100 Prozent gutschreibt. Er müsste das nicht, aber für Gottfried Härle ist das – wie für viele andere regionale Brauereien auch – ein „Signal an die Wirte“. Denn die Brauereien wissen eines genau: Für sie war das Corona-Jahr 2020 ein schlechtes, für die Gastronomie aber ein desaströses.
Wie desaströs, das zeigt der Bierabsatz: Die Brauereien und Bierlager in Deutschland setzten nach den Daten des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr mit 8,7 Milliarden Litern 5,5 Prozent weniger ab als 2019. Es war der niedrigste Wert seit der Neufassung des Biersteuergesetzes im Jahr 1993, das die Basis der Statistik bildet. Der Grund vor allem: die ausgefallenen Volksfeste und die geschlossene Gastronomie.
Viele Brauereien sorgen sich um die Kunden und befürchten, dass in den kommenden Wochen und Monaten die Zahl der Wirte, die nach dem Lockdown nicht wieder öffnen, zunehmen könnte. Doch auch die Unternehmen selber haben zu kämpfen. „Die Zahlen von kleinen Brauereien sind schlechter als die Bundeszahlen, weil sie im Vergleich zu den großen Konzernen viel mehr von der Gastronomie abhängen“, erläutert Gottfried Härle weiter. Der Umsatz in diesem Bereich ging bei der Leutkircher Brauerei um 40 Prozent zurück. Zwar sei der Absatz von Flaschenbier an Privatkunden um 15 Prozent gestiegen, doch das habe die Verluste nicht wettgemacht. „Insgesamt liegen wir beim Absatz acht Prozent unter dem Vorjahr“, sagt Härle. „Auch wenn wir noch in den schwarzen Zahlen sind, war das vergangene Jahr keines für Freudensprünge.“Auch die Aussichten seien nicht rosig. Die Gastronomie mache frühestens im Mai wieder auf, und auch viele Feste werden nach Ansicht Härles aufgrund der noch nicht ausreichenden Impfrate ausfallen.
Elmar Bentele, der Chef der Brauerei Farny in Kißlegg im Allgäu, nennt die Situation für sein Unternehmen ausgesprochen schwierig. „Wohl kaum eine Brauerei in der Region Allgäu-Bodensee und Oberschwaben ist so stark vertreten in Gastronomie und Veranstaltungen wie wir“, sagt Bentele. „Viele Nachbarbrauereien und Verleger verkaufen unser Weizenbier als Handelsware in der Gastronomie und auf Veranstaltungen.“Das sei zum großen Teil weggefallen. Dem Gegenüber habe aber glücklicherweise ein überaus starkes Flaschenbiergeschäft in
Getränkemärkten und im Lebensmitteleinzelhandel gestanden, das im Vorjahresvergleich um 14 Prozent gewachsen sei. „Wegen der Schließungen der Gastronomie mussten wir dagegen in dem Bereich ein Minus von 35 Prozent hinnehmen“, sagt Bentele. Bier wegschütten, so weit ging es bei Farny noch nicht. Bevor das nötig wird, soll es in Kißlegg allerdings zu Bierbrand verarbeitet werden.
Die Brauerei Meckatzer in Meckatz im Allgäu hat einen ähnlich großen Rückgang im Bereich Gastronomie wie Farny zu verzeichnen, während der Absatz von Flaschenbier nach Angaben von Geschäftsführer Michael Weiß um zehn Prozent gestiegen ist. „Insgesamt ging der Absatz um sieben Prozent runter“, erklärt Weiß. „Das hat uns schon weh getan.“Auch die Brauerei Meckatzer werde das Jahr 2020 noch mit schwarzen Zahlen abschließen. „Aber das Ergebnis leidet stark, und der Umsatz liegt neun Prozent unter Vorjahr“, sagt Weiß weiter. „Die aktuelle Situation ist grauenhaft, Anfang des Jahres macht nun auch der Lebensmitteleinzelhandel weniger Umsatz. Der Einbruch nach Weihnachten und zur Fastenzeit ist dieses Jahr besonders stark.“Michael Weiß rechnet damit, dass er bald Bier wegschütten muss – vor allem für das im Oktober abgefüllte Bier werde es kritisch.
Das gleiche Bild bei der HirschBrauerei in Wurmlingen im Landkreis Tuttlingen. Geschäftsführer Hubert Hepfer sagt: „Wir haben zwar deutliche Zuwächse beim Verkauf von Flaschenbier, das kann unsere Verluste beim Fassbier für den Gastro-Sektor aber nicht ausgleichen.“38 Prozent weniger Bier in Fässern hat die Brauerei 2020 verkaufen können. Demgegenüber stieg der Verkauf von Flaschenbier an Privatpersonen in Supermärkten oder Getränkemärkten um mehr als 20 Prozent an. „Uns fehlt nicht nur das Geschäft in der Gastronomie“, sagt Hepfer. Es würden auch Feste wegfallen, für die Hirsch zum Beispiel Ausstattung vermiete. Getränkeautomaten in Firmen setzten durch Homeoffice auch weniger um. Noch habe auch die Hirschbrauerei aber kein Bier weggeschüttet.
Die gleiche Entwicklung beobachtet auch Michael Leibinger, Geschäftsführer der Ravensburger Brauerein Max Leibinger. „Wir haben etwa 23 Prozent weniger Bier abgegeben“, sagt er. Leibinger habe allerdings das Tourismusgeschäft am Bodensee geholfen. „Da ist viel saisonabhängig, und im vergangenen Sommer waren die Wirtschaften am See auf und haben auch gut verkauft“, erklärt Leibinger. Wie stark die Umsatzeinbußen eine Brauerei treffen, das komme immer auf den Anteil an, den die Brauerei im Gastrogeschäft mache, erklärt Leibinger. Seine Brauerei mache etwa ein Drittel des Geschäfts in diesem Sektor, davon sei im vergangenen Jahr ein Drittel weggebrochen. Leibinger hofft ebenfalls verhindern zu können, dass Bier im Abfluss landet. „Wir möchten aus dem ablaufenden Bier einen Bierbrand machen, so müssen wir es nicht einfach wegkippen“, sagt er.
Auch Leibinger und Hirsch nehmen Bier von den Gastronomen zurück. Hirsch-Geschäftsführer Hepfer sagt: „Wir sehen uns in der Pflicht die Gastro-Strukturen in der Region zu fördern.“Man wolle sich mit den Wirten an einen Tisch setzen und überlegen, wie man sich gegenseitig helfen könne.
Der baden-württembergische Brauerbund blickt auf die Entwicklung mit großer Sorge – vor allem die unsicheren Aussichten beunruhigen den Verband. Wann die Gasthöfe und Kneipen öffnen, ist unklar, ob Feste wie das Ravensburger Rutenfest, das Biberacher Schützenfest, der Tuttlinger Honberg-Sommer oder die Ulm Schwörwoche stattfinden, noch viel unklarer. „Für die kleinen Betriebe ist das Fassbier vor allem deshalb wichtig, weil hier die Gewinnmarge deutlich höher ist als beim Flaschenbier“, sagt Sprecher Denni Föll – und das verkaufen die Brauereien an die Gastronomie und auf Volksfesten. Wenn die Pandemie noch länger dauert, könnten also nach der Gastronomie auch die Familienbrauereien in erste Schwierigkeiten kommen.