Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Grüne Landeschefin besucht Blaubeuren
Landtagskandidaten informieren sich über heimische Rohstoffgewinnung
BLAUBEUREN (somm) - Wie heimische Rohstoffgewinnung und Energieziele in Einklang gebracht werden können, diese Frage bestimmte den Besuch der Grünen-Landtagskandidaten sowie deren Landeschefin Sandra Detzer am Montag im Steinbruch der Firma Eduard Merkle in Blaubeuren. Organisierte hatte den Besuch der Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen für den Wahlkreis 65 Ehingen, Robert Jungwirth. Auch seine Ersatzkandidatin, die Ehingerin Bettina Egle war dabei.
Die Zusammenkunft gestaltete sich als verbales Tauziehen, wie die Energieziele erreicht werden können. Von der Seite des Industrieverbandes „Steine und Erden“war Hauptgeschäftsführer Thomas Beisswenger anwesend, der verdeutlichte, dass es bezüglich der Energiewende nicht mehr um ein „Ob“gehe, sondern um das „Wie“. Die Grünen sollen sich einsetzen, dass die Nord-Süd-Stromtrassen kommen, betonte Hartmut Koch-Czech, Geschäftsführer des Blaubeurer Unternehmens. Jungwirth erinnerte, die Entscheidung im Bund, diese Leitung unter die Erde zu verlegen, sorge für die Verlangsamung, weil 28 000 Grundstückseigner intensiv in das Vorhaben einbezogen werden müssten.
Das Unternehmen benötige mehr Energie als die Einwohner Blaubeurens zusammen, erklärte KochCzech. Es gehe dabei um 15 bis 16 Millionen Kilowatt Strom und 22 bis 23 Millionen Kilowatt Gas. Biogaseinspeisungen werden genutzt. Das Werk sei an einem der wenigen Direktanschlüsse im Land. Grüner Strom werde aus Österreich bezogen. Das Werk nehme fünfstellige Zusatzkosten für den grünen Strom in Kauf, weil es die CO2Verpflichtung sonst nicht schaffe. Selbst sei das Werk auch Stromeinspeiser nach EEG, um Kosten zu refinanzieren. Zur Nachhaltigkeit des Unternehmens gehöre auch die volle Verwertung des Gesteins. Eine Verbesserung dieser Ressourcennutzung konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr durch neue Abnehmer in der heimischen Zementindustrie und der Baustoffindustrie in Belgien und den Niederlanden erzielen. Damit sinke der Anteil des Abfallmaterials von vormals 20 bis 25 auf nun 10 Prozent.
Den Landtagskandidaten wurde eine unüberbrückbare Problematik der vergangenen Jahre geschildert. Ein Pumpspeicherkraftwerk sei geplant worden. Weil aber innerhalb kurzer Zeit immer wieder die rechtlichen Vorgaben für so ein Projekt geändert worden seien, ließ das Unternehmen das Vorhaben aus ökonomischen Gründen fallen. Der Jahresumsatz des Werks betrage 13 Millionen Euro, schilderte der Geschäftsführer, der im Gespräch mit den Landespolitikern immer wieder anmahnte, dass ein Investitionsschutz notwendig sei, um Arbeit und Projekte zu sichern. Angesprochen wurde das
LANDTAGSWAHLEN 2021
Problem, Rohstofftransporte auf die Bahn verlagern zu können. Industrieverbandshauptgeschäftsführer Beisswenger beklagt, es fehle der Wille, dass die Bahn das machen könne.
In einer Hinsicht unterschieden sich die Gesprächspartner deutlich: Während Bündnisgrünen vom Landschaftsverbrauch durch den Gesteinsabbau sprechen, spricht Geschäftsführer Koch-Czech, der selbst Nabu-Mitglied ist, vom Gebrauch der Landschaft. Steinbrüche in der Region ballen sich, weil hier das hochwertige „Ulmer Weiß“abgebaut werden könne. „Für die einen ist es eine Wunde, für meine Kinder ist es der schönste Steinbruch, den der Papa hat“, sagte Koch-Czech. Beim Besuch im Steinbruch verwies er ebenfalls auf die Maßnahmen der Rekultivierung. Auch Biotope würden geschaffen. Überrascht war die Landesvorsitzende Sandra Detzer im Steinbruch über ein Radwegschild. Trotz des Gesteinsabbaus darf der Markbronner Weg von Fußgängern und Radfahrern genutzt werden, und die Fahrer der kleineren und großen Werksfahrzeuge müssen auf diesen Privatverkehr Obacht geben.