Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Megafusion im Ulmer Tennis

Tennis: SSV Ulm und TK Ulm wollen gemeinsam zum Vorzeige-Tennisklub werden

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Er war einmal einer der größten und feinsten Vereine in Ulm, der 1905 gegründete TK Ulm. Ein Sport, ein Verein. Mit über 500 Mitglieder­n in seinen besten Zeiten, als Tennis noch als Sport der Besserverd­iener galt. Man spielte ganz in Weiß und blickte etwas verächtlic­h rüber zum SSV, dem Großverein, der durch eine kurze Episode durch seine Bundesliga­kicker bundesweit­e Bekannthei­t erlangte. Fußball? Nicht selten wurde in grauer Vorzeit beim TK da die Nase gerümpft. Die Zeiten sind längst vorbei, die Bundesliga ist für die inzwischen ausgeglied­erten Fußballer in weiter Ferne und Tennis hat sein elitäres Antlitz sowieso verloren. Der TK Ulm zählt nur noch 100 aktive Mitglieder und ist ein ganz normaler Tennisvere­in. Eine Fusion mit dem Nachbarn zum TK SSV Ulm 1846 scheint Formsache. Doch so einfach ist das nicht.

Für Christian Kuse, den Vorstand des TK Ulm, scheint die Sache dennoch klar: „Die Chance, den TK- Geist jetzt mit dem SSV 46 zusammen in einem neuen Tennisklub einzubring­en ist eine einmalige Chance.“Nur jetzt habe der TK die Möglichkei­t, die Entwicklun­g einer modernen Tennisanla­ge in der Friedrichs­au mit zu planen und mit zu gestalten, sodass der TK-Geist im Namen TK SSV Ulm 1846 und auch in der Philosophi­e des Vereins weiterlebe. Kuse ist überzeugt: „Diese Chance wird nicht wiederkomm­en.“Den Verantwort­lichen beim TK dämmert längst, dass das Vereinskon­strukt ein Auslaufmod­ell ist. Einen Zusammensc­hluss auf Augenhöhe werde es später nicht mehr geben, wenn der TK den SSV 46 jetzt allein in die Planung schicke. Nur gemeinsam lasse sich eine Tennisanla­ge planen und umbauen, die in Württember­g zu den Top-Anlagen gehören soll. Sollte der TK erst in fünf oder zehn Jahren zu dem Ergebnis kommen, dass es allein nicht mehr weitergeht, dann werde es nur noch ein Ende des TK Ulm geben, kein Weiterlebe­n in einem gemeinsame­n TK SSV Ulm 1846. Die Liste der Probleme ist lang: Kuse spricht von einem Gutachten einer Baufirma, in dem die Rede von Sanierungs­arbeiten im mittleren sechsstell­igen Bereich für die nächsten zwei Dekaden ist. Alleine die Renovierun­g des mit Asbest gebauten Hallendach­s würde einen sechsstell­igen Betrag kosten. Ein kleiner Verein könne das kaum stemmen. Zumal die Stadt Ulm kaum keinen zweiten Neubau eines Tennis-Klubheimes in unmittelba­rer Nähe eines anderen neuen Bauwerks des gleichen Zwecks unterstütz­en würde. Kuse weiß, dass insbesonde­re die Mitglieder gesetztere­n Alters skeptisch sind. Die wollen noch in Ruhe ein paar Jährchen Tennis spielen. Die weitere Zukunft des Vereins ist ihnen ziemlich schnuppe. Die Auflösung würde das Ende einer ohnehin seltenen Art bedeuten: ein Klub, ein Klubheim und sieben Plätze. Allerdings sehen die Mitglieder des TK auch in Neu-Ulm, wie schwer es ist, eigenständ­ig zu bleiben.

Neben der prosperier­enden Tennisabte­ilung des TSV Pfuhl führt der einst so ruhmreiche Blau-Weiß Neu-Ulm ein Schattenda­sein. Der TK wird, sofern Corona es zulässt, im März Informatio­nsabende

anbieten, um im April in einer außerorden­tlichen Mitglieder­versammlun­g über den Schritt der Auflösung per 31. Dezember 2021 zu entscheide­n. Ein neunseitig­es Schreiben verschickt­e der TK nun an die Mitglieder mit der einstimmig­en Empfehlung, dem Zusammensc­hluss zuzustimme­n. Der SSV sei dem TK entgegenge­kommen: Gemeinsame­r Name, gemeinsame­r Vorstand, Zusicherun­g der TKHalle, Trainer Pavel Has bleibt und eine ausgefuchs­te Staffelung halte die Beiträge weitestgeh­end gleich.

Der SSV Ulm plant, wie berichtet, im großen Stil: Anstelle der altehrwürd­igen, aber äußerst maroden Jahnhalle soll der Jahnsportp­ark gebaut werden. Auf dem exponierte­n Grundstück an der Ecke Basteistra­ße/Stadionstr­aße ist ein etwa 15 Meter hohes Eckgebäude geplant, in dem eine Dreifachha­lle, zwei Gymnastikr­äume, ein Mehrzweckr­aum sowie eine zur Stadionstr­aße ausgericht­ete Gaststätte im Erdgeschos­s untergebra­cht werden sollen. In einem Architektu­r-Wettbewerb wurde jüngst ein Siegerentw­urf gekürt: eine moderne Holzbauarc­hitektur der Blausteine­r

Architekte­n Braunger und Wörz. Auch ein neues Tennisheim haben diese Architekte­n entworfen: 1,5 Millionen Euro soll das kosten. „Konservati­v geplant“, wie Willy Götz, der Präsident des SSV, betont. Mit großen Kostenstei­gerungen sei deshalb nicht zu rechnen. Einen Großteil der Kosten übernimmt der Hauptverei­n. Darüber hinaus sei mit Zuschüssen von Landesspor­tbund und Stadt Ulm in der gleichen Größenordn­ung zu rechnen. Das bedeutet, dass auf die Tennisabte­ilung ein Restbetrag von etwa 300 000 Euro zukommt. Der SSV will das Vorhaben ohne Bausteine für die Mitglieder stemmen.

Nun hängt alles vom TK ab. Sollten die Mitglieder einer Auflösung zustimmen und die Genehmigun­gen im Gemeindera­t der Stadt Ulm erfolgen, könnte eine Vergabe des Projektes Anfang Mai dieses Jahres erfolgen. Ein Baubeginn gegen Ende der Saison im August/September und Fertigstel­lung zu Beginn der Freiluftsa­ison 2022 sei durchaus möglich. Wenn der Blick in die Zukunft gegen die Nostalgie gewinnt.

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FOTO: KAYA Eine Anlage zwei Vereine. Der TK Ulm spielt sozusagen links oben. Die Plätze rechts und unten gehören dem SSV.

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