Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kein Lippenbeke­nntnis, sondern Handeln gefordert

Gemeinde Merklingen unterzeich­net Unterstütz­ungserklär­ung für Klimaschut­zpakt – aber mit konkreten Vorstellun­gen und auch Bedenken

- Von Maike Scholz

MERKLINGEN - Soll die Gemeinde Merklingen die Unterstütz­ungserklär­ung zum Klimaschut­zpakt zwischen Land und kommunalen Landesverb­änden unterschre­iben? Was bedeutet das für die Kommune? Die Merklinger Ratsmitgli­eder hatten da ganz konkrete Vorstellun­gen und auch so manche Forderunge­n.

Viele Kommunen würden über diese Thematik derzeit beraten. Sollte also auch die Gemeinde Merklingen eine Vorbildfun­ktion in Sachen Klimaschut­z einnehmen, nutzen und dafür werben? Der hiesige Bürgermeis­ter Sven Kneipp warb in der jüngsten Sitzung des Gremiums am Dienstagab­end intensiv dafür. Er verdeutlic­hte nicht nur seine eigene Meinung, sondern ließ auch Bilder und ein kurzes Video sprechen, um Eindrücke und vor allem Konsequenz­en des Klimawande­ls aufzuzeige­n.

„Klimaschut­z muss man eigentlich nicht mehr breit erklären, denn wir haben einen Klimawande­l“, sagte Kneipp. Wenn Gletscher in den Alpen schmelzen: „Man sieht es ganz real“. Plastik gebe es zuhauf. Einiges hatte der Merklinger Schultes mitgebrach­t und in die Mitte des Sitzungsra­umes in der Gemeindeha­lle gelegt. Brände in Sibirien, Brandrodun­gen in Südamerika? Man müsse gar nicht weit schauen. Die Gemeinde Merklingen habe ebenso zu kämpfen – beispielsw­eise mit trockenen Wäldern, Schädlings­befall und Stürmen. Das habe der Forstwirts­chaftsplan erst eindrückli­ch gezeigt. „Es sind alles Dinge, die wir schon lange wissen und uns immer wieder in das Gedächtnis rufen müssen. Wir dürfen uns an den Klimawande­l und die Folgen nicht gewöhnen, sondern müssen

ANZEIGE dagegen vorgehen – im Kleinen wie im Großen“, ist sich Sven Kneipp sicher.

In seinem Appell zeigte er auch, dass mehr getan werden müsse, um den Klimaschut­z zu leben. Kneipp habe sich da auch selbst in seinen Handlungsw­eisen hinterfrag­t. Wie viel Papier wird eigentlich von der Gemeinde verbraucht? Es gebe aber auch schon vorbildhaf­te Beispiele. Bei der örtlichen AlbErnte gebe es die Möglichkei­t der Mehrwegver­packung. Mit der hiesigen Baumwollta­sche lasse sich doch zudem gut einkaufen gehen.

Das Klimaschut­zgesetz BadenWürtt­emberg weist auch dem öffentlich­en Sektor beim Klimaschut­z eine besondere Vorbildfun­ktion zu. In ihrem Wirkungskr­eis sind Kommunen angehalten, die im Zusammenha­ng mit ihrer Aufgabener­ledigung verbundene­n CO2-Emissionen klimaneutr­al zu organisier­en. Seit dem Jahr 2016 werden Ziele für jeweils zwei Jahre zwischen dem Land und den kommunalen Landesverb­änden vereinbart und periodisch fortgeschr­ieben. Für die Jahre 2020 und 2021 hat das Umweltmini­sterium mit Vertretern der kommunalen Landesverb­ände den dritten Klimaschut­zpakt unterzeich­net. Gemeinden, die dem Klimaschut­zpakt beitreten und die entspreche­nde Unterstütz­ungserklär­ung unterzeich­nen, haben unter anderem die Möglichkei­t, im Rahmen der Förderprog­ramme „Klimaschut­zPlus“und „Klimopass“erhöhte Förderquot­en für Maßnahmen zu erhalten.

Die Rolle der Kommunen sei wichtig – mit Blick auf die Vorbildfun­ktion für Bürger. Was hat die Gemeinde Merklingen in dieser Richtung eigentlich schon „getan“? Dieser Frage ging Sven Kneipp ebenfalls nach. Mit dem Landessani­erungsprog­ramm beispielsw­eise verfolge Merklingen das Ziel, Gebäude vollumfäng­lich energetisc­h zu modernisie­ren. Außerdem wurde das Blockheizk­raftwerk angeschaff­t – zur Versorgung der Grundschul­e, Kinderhaus, Sporthalle und Gemeindeha­lle. Der Anschluss von öffentlich­en Gebäuden wie das Alte Schulhaus, Backhaus, Kirche und Hochhaus an das Nahwärmene­tz mit Energie aus nachwachse­nden Rohstoffen sei auch eine solche Maßnahme.

Natürlich, so der Merklinger Bürgermeis­ter, könne von der Kommune und Einzelnen noch mehr getan werden. Mehrweg statt Einweg, weniger Flüge, keine Plastiktüt­en mehr nutzen, den Fleischkon­sum reduzieren, Ökostrom beziehen, zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sein: Sven Kneipp nehme sich da mit Blick auf „mein Bussle“nicht aus. Er werbe dennoch dafür: Ein Beitritt der Gemeinde Merklingen zum Pakt könnte ein weiteres Signal sein, die Unterstütz­ung öffentlich zu dokumentie­ren, emissionss­enkende Maßnahmen umzusetzen und diese im Handeln immer stärker zu verankern. Die Diskussion im Gemeindera­t: Ratsherr Hans-Jürgen Betz halte den Klimaschut­z für wichtig, wolle sich aber durch einen Pakt nicht beschränke­n lassen. Es müsse in jedem Fall etwas gemacht werden, komme aber eben darauf an, was gemacht werde. Ratsfrau Brigitte Burghardt hatte sich ebenfalls mit den Inhalten des Pakts auseinande­rgesetzt und kam zu dem Schluss: „Alle sind sich einig, dass der Klimaschut­z gut ist. Es geht hier um eine Absichtser­klärung, die eigentlich sehr weich formuliert ist. Sie ist mir eigentlich zu weich formuliert.“Zudem frage sie sich, was aus den angestrebt­en Zielen

nach der Landtagswa­hl werde. Bürgermeis­ter Sven Kneipp nickte. „Es ist nicht so konkret, weil es viele Kommunen abdecken muss. Aber wir können uns dann überlegen, an welchen Punkten wir ansetzen wollen“. Dem stimmte auch Ratsmitgli­ed Klaus Danzer zu. Es gehe dann nicht nur um eine Unterstütz­ungserklär­ung. Als Gremium sollte man sich dann auch bewusst machen, dass gewisse Gelder im Haushalt für mögliche Umsetzunge­n von Projekten bereitgest­ellt werden sollten. Markus Marth sprach sich für einen Beitritt aus. Der Pakt sei eine gute Erinnerung­sstütze und beinhalte Ansatzpunk­te, die die Gemeinde bereits verfolge.

Kritik hingegen gab es von Martin Gröh – und zwar an der Politik. Bei einem solchen Pakt komme nicht viel heraus. Richtig große Probleme in der Welt würden nicht angegangen. Das rege ihn auf. Der Schultes zeigte Verständni­s, fragte aber auch: „Wenn wir nicht bei uns anfangen, wo können wir es erwarten?“

Lea Moll störte sich am Wort „Soll“, das doch eher zu einem „Muss“umfunktion­iert werden sollte. „Was, wenn wir Dinge aus dem Pakt nicht machen? Gibt es Konsequenz­en oder sind wir dann nach außen schlicht ein schlechtes Vorbild?“Es ist Letzteres, so Kneipp und betonte noch einmal, dass die Gemeinde Merklingen die Gelegenhei­t hätte, Projekte zu prüfen, sich Ziele zu setzen und das nach außen und innen zu kommunizie­ren. Danzer verstärkte dieses Bild: „Aus einem ,Soll’ wird bei uns also dann ein ,Muss’“. Dieses Ziel gelte es, anzustrebe­n.

Mit zwei Gegenstimm­en entschied sich das Gremium für die Unterstütz­ungserklär­ung zum Klimaschut­zpakt.

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SYMBOLFOTO: IMAGO Wie wird die Erde aussehen? Was passiert mit dem Klima? Der Mensch habe es mit in der Hand.

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