Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Kein Lippenbekenntnis, sondern Handeln gefordert
Gemeinde Merklingen unterzeichnet Unterstützungserklärung für Klimaschutzpakt – aber mit konkreten Vorstellungen und auch Bedenken
MERKLINGEN - Soll die Gemeinde Merklingen die Unterstützungserklärung zum Klimaschutzpakt zwischen Land und kommunalen Landesverbänden unterschreiben? Was bedeutet das für die Kommune? Die Merklinger Ratsmitglieder hatten da ganz konkrete Vorstellungen und auch so manche Forderungen.
Viele Kommunen würden über diese Thematik derzeit beraten. Sollte also auch die Gemeinde Merklingen eine Vorbildfunktion in Sachen Klimaschutz einnehmen, nutzen und dafür werben? Der hiesige Bürgermeister Sven Kneipp warb in der jüngsten Sitzung des Gremiums am Dienstagabend intensiv dafür. Er verdeutlichte nicht nur seine eigene Meinung, sondern ließ auch Bilder und ein kurzes Video sprechen, um Eindrücke und vor allem Konsequenzen des Klimawandels aufzuzeigen.
„Klimaschutz muss man eigentlich nicht mehr breit erklären, denn wir haben einen Klimawandel“, sagte Kneipp. Wenn Gletscher in den Alpen schmelzen: „Man sieht es ganz real“. Plastik gebe es zuhauf. Einiges hatte der Merklinger Schultes mitgebracht und in die Mitte des Sitzungsraumes in der Gemeindehalle gelegt. Brände in Sibirien, Brandrodungen in Südamerika? Man müsse gar nicht weit schauen. Die Gemeinde Merklingen habe ebenso zu kämpfen – beispielsweise mit trockenen Wäldern, Schädlingsbefall und Stürmen. Das habe der Forstwirtschaftsplan erst eindrücklich gezeigt. „Es sind alles Dinge, die wir schon lange wissen und uns immer wieder in das Gedächtnis rufen müssen. Wir dürfen uns an den Klimawandel und die Folgen nicht gewöhnen, sondern müssen
ANZEIGE dagegen vorgehen – im Kleinen wie im Großen“, ist sich Sven Kneipp sicher.
In seinem Appell zeigte er auch, dass mehr getan werden müsse, um den Klimaschutz zu leben. Kneipp habe sich da auch selbst in seinen Handlungsweisen hinterfragt. Wie viel Papier wird eigentlich von der Gemeinde verbraucht? Es gebe aber auch schon vorbildhafte Beispiele. Bei der örtlichen AlbErnte gebe es die Möglichkeit der Mehrwegverpackung. Mit der hiesigen Baumwolltasche lasse sich doch zudem gut einkaufen gehen.
Das Klimaschutzgesetz BadenWürttemberg weist auch dem öffentlichen Sektor beim Klimaschutz eine besondere Vorbildfunktion zu. In ihrem Wirkungskreis sind Kommunen angehalten, die im Zusammenhang mit ihrer Aufgabenerledigung verbundenen CO2-Emissionen klimaneutral zu organisieren. Seit dem Jahr 2016 werden Ziele für jeweils zwei Jahre zwischen dem Land und den kommunalen Landesverbänden vereinbart und periodisch fortgeschrieben. Für die Jahre 2020 und 2021 hat das Umweltministerium mit Vertretern der kommunalen Landesverbände den dritten Klimaschutzpakt unterzeichnet. Gemeinden, die dem Klimaschutzpakt beitreten und die entsprechende Unterstützungserklärung unterzeichnen, haben unter anderem die Möglichkeit, im Rahmen der Förderprogramme „KlimaschutzPlus“und „Klimopass“erhöhte Förderquoten für Maßnahmen zu erhalten.
Die Rolle der Kommunen sei wichtig – mit Blick auf die Vorbildfunktion für Bürger. Was hat die Gemeinde Merklingen in dieser Richtung eigentlich schon „getan“? Dieser Frage ging Sven Kneipp ebenfalls nach. Mit dem Landessanierungsprogramm beispielsweise verfolge Merklingen das Ziel, Gebäude vollumfänglich energetisch zu modernisieren. Außerdem wurde das Blockheizkraftwerk angeschafft – zur Versorgung der Grundschule, Kinderhaus, Sporthalle und Gemeindehalle. Der Anschluss von öffentlichen Gebäuden wie das Alte Schulhaus, Backhaus, Kirche und Hochhaus an das Nahwärmenetz mit Energie aus nachwachsenden Rohstoffen sei auch eine solche Maßnahme.
Natürlich, so der Merklinger Bürgermeister, könne von der Kommune und Einzelnen noch mehr getan werden. Mehrweg statt Einweg, weniger Flüge, keine Plastiktüten mehr nutzen, den Fleischkonsum reduzieren, Ökostrom beziehen, zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sein: Sven Kneipp nehme sich da mit Blick auf „mein Bussle“nicht aus. Er werbe dennoch dafür: Ein Beitritt der Gemeinde Merklingen zum Pakt könnte ein weiteres Signal sein, die Unterstützung öffentlich zu dokumentieren, emissionssenkende Maßnahmen umzusetzen und diese im Handeln immer stärker zu verankern. Die Diskussion im Gemeinderat: Ratsherr Hans-Jürgen Betz halte den Klimaschutz für wichtig, wolle sich aber durch einen Pakt nicht beschränken lassen. Es müsse in jedem Fall etwas gemacht werden, komme aber eben darauf an, was gemacht werde. Ratsfrau Brigitte Burghardt hatte sich ebenfalls mit den Inhalten des Pakts auseinandergesetzt und kam zu dem Schluss: „Alle sind sich einig, dass der Klimaschutz gut ist. Es geht hier um eine Absichtserklärung, die eigentlich sehr weich formuliert ist. Sie ist mir eigentlich zu weich formuliert.“Zudem frage sie sich, was aus den angestrebten Zielen
nach der Landtagswahl werde. Bürgermeister Sven Kneipp nickte. „Es ist nicht so konkret, weil es viele Kommunen abdecken muss. Aber wir können uns dann überlegen, an welchen Punkten wir ansetzen wollen“. Dem stimmte auch Ratsmitglied Klaus Danzer zu. Es gehe dann nicht nur um eine Unterstützungserklärung. Als Gremium sollte man sich dann auch bewusst machen, dass gewisse Gelder im Haushalt für mögliche Umsetzungen von Projekten bereitgestellt werden sollten. Markus Marth sprach sich für einen Beitritt aus. Der Pakt sei eine gute Erinnerungsstütze und beinhalte Ansatzpunkte, die die Gemeinde bereits verfolge.
Kritik hingegen gab es von Martin Gröh – und zwar an der Politik. Bei einem solchen Pakt komme nicht viel heraus. Richtig große Probleme in der Welt würden nicht angegangen. Das rege ihn auf. Der Schultes zeigte Verständnis, fragte aber auch: „Wenn wir nicht bei uns anfangen, wo können wir es erwarten?“
Lea Moll störte sich am Wort „Soll“, das doch eher zu einem „Muss“umfunktioniert werden sollte. „Was, wenn wir Dinge aus dem Pakt nicht machen? Gibt es Konsequenzen oder sind wir dann nach außen schlicht ein schlechtes Vorbild?“Es ist Letzteres, so Kneipp und betonte noch einmal, dass die Gemeinde Merklingen die Gelegenheit hätte, Projekte zu prüfen, sich Ziele zu setzen und das nach außen und innen zu kommunizieren. Danzer verstärkte dieses Bild: „Aus einem ,Soll’ wird bei uns also dann ein ,Muss’“. Dieses Ziel gelte es, anzustreben.
Mit zwei Gegenstimmen entschied sich das Gremium für die Unterstützungserklärung zum Klimaschutzpakt.