Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Debatte um den Sommerurlaub
Tourismusbeauftragter Bareiß optimistisch – Reiseprivilegien für Geimpfte umstritten
BERLIN/BRÜSSEL (AFP/dpa) - Noch haben die Geschäfte in Deutschland aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen, doch die Debatte um den Sommerurlaub ist bereits wieder in vollem Gang. Wird er möglich sein? Und wenn ja, wie? Thomas Bareiß, der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung ist optimistisch. Er machte den Bürgern nun Hoffnung, dass Sommerferien im Ausland möglich sein könnten. „Ich hoffe, dass bis Sommer die meisten Deutschen geimpft sind und auch ins Ausland verreisen können“, erklärte der CDU-Politiker aus Sigmaringen der „Bild“-Zeitung.
Er sehe keinen Grund, warum man beispielsweise nicht auf Mittelmeerinseln reisen könne, wenn der Sieben-Tage-Inzidenzwert dort unter 35 liege. Bareiß warnte davor, Reisen unnötig schwer zu machen. „Wir können die Menschen ja nicht dauerhaft zu Hause festhalten.“Auf den spanischen Balearen – zu denen auch die von Deutschen besonders geschätzte Insel Mallorca gehört – war der Sieben-Tage-Inzidenzwert zu Beginn der Woche unter die Marke von 50 gefallen. Dies bedeutet, dass binnen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner weniger als 50 neue Infektionen gemeldet wurden.
Vorsichtiger äußerte sich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Zum Urlaub möchte ich noch keine Versprechen abgeben, aber im Laufe des Jahres geht das bestimmt“, sagte er am Donnerstag. Er wolle zunächst die Entwicklung bei den Corona-Mutationen abwarten.
Auch bei den Beratungen des EUGipfels am Donnerstag in Brüssel wurde die Reisefrage thematisiert. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte bereits davor dafür plädiert, Corona-Impfausweise als Voraussetzung für Reisen ins Ausland zu nutzen. Er sei für einen EU-weiten Grünen Pass, „mit dem man frei reisen, geschäftlich uneingeschränkt unterwegs sein und Urlaub machen kann“, erklärte er. Notfalls werde Wien das im Alleingang beschließen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte nach dem Treffen, man sei sich einig, dass es nationale Impfausweise
brauche. Sie hoffe, dass es solche Zertifikate in drei Monaten gebe. „Das heißt aber nicht, dass nur reisen darf, wer einen Impfpass hat“, so die Kanzlerin. Schon zuvor hatte sie sich dagegen gewehrt, rasch Privilegien für Geimpfte einzuführen. Das sei erst denkbar, wenn ein hoher Anteil der Bevölkerung geimpft sei.
Griechenland oder auch Bulgarien erhoffen sich viel von den Impfausweisen. Die Regierung in Athen hat ebenso wie Zypern bereits ein bilaterales Abkommen mit Israel geschlossen, wonach ab April alle Israelis problemlos einreisen können, wenn sie den sogenannten Grünen Pass vorweisen – also den Nachweis, dass sie geimpft sind. Auch Malta führt entsprechende Gespräche mit den Israelis.
Schweden und Dänemark haben die Schaffung elektronischer Impfzertifikate angekündigt, die vor allem bei Reisen ins Ausland zum Einsatz kommen sollen. In Estland wiederum sind schon jetzt Einreisende von der generellen Quarantänevorschrift ausgenommen, wenn sie einen Impfnachweis vorlegen. Das Gleiche gilt in Polen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet zwar mit Estland an der Entwicklung digitaler Impfzertifikate, sie empfiehlt solche bisher aber nicht als Instrument zur Nachverfolgung von Impfungen. Ihrer Meinung nach stellt sich die Frage, ob ein Attest Voraussetzung für künftige Reisen sein sollte, „im Moment“nicht. „Es gibt noch immer zu viele Ungewissheiten über die Effektivität, mit der Impfungen die Übertragung des Virus reduzieren“, so das WHO-Notfallkomitee. Zudem gebe es noch zu wenig Impfstoff.
Zu den größten Befürwortern eines länderübergreifenden Impfausweises gehört wenig überraschend die Luftfahrtindustrie, die durch die Corona-Pandemie hart getroffen wurde. Die australische Fluglinie Qantas hatte im November als erste erklärt, dass bei internationalen Flügen der Nachweis einer Corona-Impfung zur „Notwendigkeit“werden solle. Seitdem zogen mehrere Fluglinien nach.