Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Packende Aufholjagd
Dank Alexander Sörloth schlägt Leipzig die Gladbacher mit 3:2 und hält das Titelduell offen
LEIPZIG (SID) - Julian Nagelsmann stand mächtig unter Strom – und das späte Siegtor einer fulminanten Aufholjagd war sein Blitzableiter. Den Mund und die Augen weit aufgerissen, ließ der Trainer von RB Leipzig einen gewaltigen Urschrei ab. „Wenig Inhalt, viel Emotionen“, sagte der 33Jährige hinterher über die Szene. War es auch Kampfgebrüll Richtung Bayern München? „Nee, daran habe ich ehrlich gesagt nicht gedacht.“
Nach dem Abpfiff dagegen umso mehr. Dass der Tabellenzweite beim packenden 3:2 (0:2) gegen Borussia Mönchengladbach erstmals in seiner noch jungen Bundesligageschichte einen 0:2-Rückstand in einen Sieg umwandelte und nur zwei Punkte hinter den Münchnern bleibt, gibt ihm Rückenwind im Titelkampf mit den Bayern. Er habe „die totale Gier aufs Gewinnen“gespürt, sagte Nagelsmann: „So ein Sieg setzt Emotionen und Kräfte frei. Ich werde die Jungs jetzt bestimmt nicht anpeitschen müssen.“
Auch wenn die Leipziger das Meisterziel nicht offensiv formulieren wollen – es ist längst in der Kabine angekommen. „Jeder, der in der Bundesliga arbeitet, träumt davon“, sagte Nagelsmann: „Wir versuchen alles, um die Bundesliga spannend zu halten und oben dranzubleiben.“
Der beste Beweis dafür war die zweite Halbzeit gegen Gladbach. Mit dem Rücken zur Wand rollten die Leipziger eine Angriffswelle nach der nächsten auf das Gästetor, die Treffer von Christoper Nkunku (57.), Yussuf Poulsen (66.) und Alexander Sörloth (90.+3) waren der verdiente Lohn. Der zur Halbzeit eingewechselte Sörloth hielt sein bislang bestes Spiel im RBTrikot mit einem Selfie an der Seitenlinie fest.
Nagelsmann warnte aber auch vor zu viel Euphorie. „Wir müssen jetzt nicht durchdrehen, wir haben nichts gewonnen außer ein Spiel.“Am Mittwoch warte im Pokal-Viertelfinale „ein extrem harter Brocken“: Die Defensiv-Künstler des VfL Wolfsburg. Auch hier wolle Leipzig „immer auf dem Gaspedal bleiben“, so Nagelsmann, „auch wenn es mal zäh ist“.
Ausgebremst fühlte sich jedoch Angelino. Der in dieser Saison so bärenstarke Spanier stand gegen Gladbach wegen leichter muskulärer Probleme nicht im Kader. Auf die entsprechende Club-Nachricht bei Twitter antwortete Angelino öffentlich: „Keine Muskel-Probleme, ich bin fit.“Der Linksverteidiger löschte den Kommentar später wieder, doch da war das Skandälchen bereits in der Welt.
„Ich mag das ja, wenn er brennt und immer spielen will. Aber ob der Re-Tweet sein muss, weiß ich nicht“, sagte Nagelsmann. Angelino habe „eine klare Muskelverletzung“, die sei ihm auch auf einem MRT-Bild gezeigt worden. Man habe Vorsicht walten lassen und eine längere Pause verhindern wollen. Eine Strafe muss Angelino laut Nagelsmann nicht befürchten: „Jetzt schmunzeln wir ein bissel, dann sprechen wir mit ihm – und alles ist gut.“
Bei Gladbach ist kaum etwas gut. Seit fünf Wochen warten die Fohlen auf einen Ligasieg, die EuropacupPlätze sind vorerst weg, und der Wechsel-Wirbel um Trainer Marco Rose ebbt nicht ab – im Gegenteil: Im Pokal-Viertelfinale am Dienstag trifft Gladbach ausgerechnet auf Roses künftigen Arbeitgeber Borussia Dortmund. Das sei „überhaupt nicht schwierig für mich“, behauptete Rose: „Ich bin Trainer von Borussia Mönchengladbach und habe Ziele mit dem Verein und der Mannschaft.“