Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Die Stunde der Impf-Angeber
Wenn das mit dem hochgradig vertrackten Impfen nicht so traurig wäre, wäre die Angelegenheit gut geeignet, um sich darüber lustig zu machen. Andererseits ist nach alter Weisheit nichts auf der Welt wirklich ernst genug, um keine Witze darüber machen zu dürfen. Und darum folgen wir dem Motto: Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Womit wir bei dem blütenreichen Wort Impfneid angekommen wären. Dieses beschreibt die Eifersucht gegenüber Menschen, die bereits den hoffnungsvollen Stich in den Arm erhalten haben, während der grimmige Nachbar noch immer ungestochen durch sein Leben wanken muss.
Mit dem Impfen ist es ein wenig wie mit dem Reichtum: Ein echter Schwabe zeigt nicht, was er hat. Lässt den Benz daher meistens in der verschlossenen Garage stehen und macht mit dem alten Golf der Gattin seine Erledigungen. Ähnlich verhält es sich mit dem Pflaster am Oberarm. Wer es nicht raushängen lassen will, zieht die Ärmel weit drüber und die Maske tief ins Gesicht. Soll bloß keiner wissen, wie privilegiert man ist. Am anderen Ende der Immunisierungsskala
rangiert der sogenannte Impf-Angeber. Selbiger lehnt es überhaupt ab, noch ein Hemd zu tragen. Die verpflasterte Einstichstelle ist grellrot überklebt, damit auch Menschen mit Sehschwäche trotz doppelten Corona-Sicherheitsabstands sehen, dass der Träger dieses EinstichEhrenmals zu den Glücklichen gehört. Die weiteren Spezies wie ImpfSkeptiker, Impf-Nörgler oder ImpfBesserwisser wollen wir an dieser Stelle nicht weiter breittreten. Dafür ist das Thema einfach zu ernst. (nyf)