Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Koalition bringt Notbremse auf den Weg
Proteste gegen verschärftes Infektionsschutzgesetz – FDP klagt in Karlsruhe
BERLIN - Mit den Stimmen der Großen Koalition hat der Bundestag am Mittwoch die bundesweite CoronaNotbremse beschlossen. Die leidenschaftlich geführte Debatte sowie die Abstimmung wurden allerdings von Protestdemonstrationen rund um das Regierungsviertel in Berlin begleitet. Die Änderungen am Infektionsschutzgesetz geben dem Bund künftig die Befugnis, Kontaktbeschränkungen und Schließungen anzuordnen. Bislang sind die Bundesländer dafür zuständig. In Kraft treten kann dies jedoch frühestens ab Samstag. Bundesrat und Bundespräsident sind zunächst am Zug. Die Regelungen sollen bis Ende Juni gelten.
Laut Notbremse muss es ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Neuinfektionen auf 100 000 Einwohner zu Ausgangsbeschränkungen von 22 Uhr bis 5 Uhr kommen, Spazieren und Joggen sind bis Mitternacht erlaubt. Schulen sollen ab der Inzidenz 165 schließen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verteidigte diese Neuregelungen als „verhältnismäßig und geeignet“, um die Zahl der Neuansteckungen
mit dem Coronavirus weiter zu reduzieren. Das Ziel sei nach wie vor, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.
Die Opposition kritisierte erhebliche Grundrechtseinschränkungen. Die Grünen enthielten sich. FDP, Linke und AfD lehnten den Gesetzentwurf ab. Die Liberalen kündigten zudem den Gang vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe an. „Die von der CDU, CSU und SPD beschlossenen Änderungen im Infektionsschutzgesetz schießen weit über das Ziel hinaus“, sagte FDP-Innenexperte Benjamin Strasser aus Berg bei
Ravensburg, der sich der Klage anschloss. Er halte die „Ausgangssperren für unverhältnismäßig und verfassungswidrig“. Die Infektionsgefahr gehe vor allem von Innenräumen aus und nicht von der Bewegung an der frischen Luft. „Die alleinige Sieben-Tage-Inzidenz wollten wir durch eine gewichtete Inzidenz ersetzen, die weitere Faktoren berücksichtigt“, erklärte Strasser, etwa die Positivenquote der Testungen, die Anzahl der Geimpften und die tatsächliche Belastung sowie die Kapazitäten der Intensivstationen.