Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
CDU lässt Federn
Südwest-Grüne setzen sich bei Koalitionsverhandlungen in vielen Punkten durch
STUTTGART - Der Koalitionsvertrag steht: Grüne und CDU haben sich auf die wesentlichen Inhalte ihrer gemeinsamen Regierungszeit der kommenden fünf Jahre verständigt. Noch ist das Werk unter Verschluss – es soll am Mittwoch offiziell vorgestellt werden. Was schon klar ist, worum gerungen wurde und wie es nun weitergeht.
Das Geld entscheidet Wunschliste
Die ist lang. Rund 120 Verhandler beider Seiten hatten sich zunächst eine Woche lang in zwölf Arbeitsgruppen mit den verschiedenen Themenfeldern befasst. Ihrem Auftrag, für jeden Wunsch einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung vorzulegen, sind offenbar die wenigsten nachgekommen. Die Summe aller Vorhaben belaufe sich laut einem Spitzenverhandler auf einen „gewaltigen Milliardenbetrag“, der nicht finanzierbar sei. Zumal die Regierung in den kommenden drei Jahren mit einem Loch von je vier Milliarden Euro rechnet. An der Schuldenbremse wollen beide Seiten nicht rütteln. Die Spielräume sind dadurch sehr begrenzt, alles steht unter
Deshalb wollen die Koalitionäre mit arbeiten: Der Fokus liegt klar auf Klimaschutz, schnellem Internet, öffentlichem Nahverkehr (ÖPNV) und Innovationsförderung – und darauf, coronabedingte Bildungslücken von Schülern zu schließen. Die alten und neuen Partner wollen ein
auflegen, um die Folgen der Corona-Pandemie in der Bildung, der Kultur und im Einzelhandel der Innenstädte abzufedern. Wie hoch das Programm ausfällt, soll erst nach der Steuerschätzung Mitte Mai entschieden werden.
Bildung Prioritäten
Grün-Schwarz plant ein
das mit mehr als 100 Millionen Euro ausgestattet werden soll. Schon in den Pfingstferien, vielleicht auch erst in den Sommerferien, soll es Angebote für Schüler geben. Am
soll sich in den kommenden fünf Jahren nichts fundamental ändern. Nach dem Wunsch der Grünen sollen die aber mehr Hauptschulabschlüsse ermöglichen. Das würde die Hauptund Werkrealschulen schwächen und die Realschulen aus deren Sicht belasten. Beobachter sprechen von einer „Reform durch die Hintertür“. Das bleibt der Standard. Die landesweit 43 Modellschulen, an denen bislang auch
Haushaltsvorbehalt. Soforthilfeprogramm Lernlückenprogramm, Realschulen achtjährige Gymnasium Bildungssystem
G9 angeboten wird, sollen Bestandsschutz haben. Zudem will die Koalition überall die staffeln – je nach Finanzkraft der Eltern.
Verkehr
Teuer, aber zentral für die Grünen ist eine Garantie, überall im Land von 5 Uhr bis Mitternacht mit dem öffentlichen Nahverkehr voranzukommen. Das Preisschild für diese Mobilitätsgarantie:
600 Millionen Euro jährlich. Ein Großteil des Geldes soll über neue kommen. Das Land will den Kommunen ermöglichen, solche Abgaben zu erheben. Die Landkreise wehren sich dagegen. Wer bestellt, soll bezahlen: also das Land, heißt ihre Forderung.
Zusätzliche 500 Millionen Euro würde es wohl kosten, den ÖPNV günstiger zu machen. Geliebäugelt hatten die Partner mit die einen Euro pro Tag für das direkte Umfeld, zwei Euro für die Region und drei Euro fürs ganze Land kosten. Das muss wohl aufgeschoben werden, zumindest soll es bald landesweite Schülertickets geben. Umstritten bis zuletzt waren zusätzliche Einkünfte durch eine für Laster mit mehr als 7,5 Tonnen auf allen Straßen im Land – also auch auf Landes- und Gemeindestraßen. Diesem Wunsch der Grünen hat die CDU nun offenbar zugestimmt.
Kita-Gebühren Nahverkehrsabgaben Maut Natur und Klima Jahrestickets,
In diesem Bereich wollen die Grünen besonders schnell voranschreiten.
Bereits im Sondierungspapier haben sich die aktuellen und künftigen Koalitionäre auf weitreichende Maßnahmen in einem
geeinigt. 200 Millionen Euro wollen die Grünen jährlich einsetzen – etwa um kommunale Wärmenetze aufzubauen und landeseigene Gebäude energetisch zu sanieren. Vieles gehe aber auch durch Ordnungsrecht, hatte Kretschmann gesagt. Um im Staatswald Platz für Windräder zu machen und den Bürgern vorzuschreiben, beim Hausbau eine Photovoltaikanlage aufs Dach zu setzen, braucht das Land tatsächlich kein eigenes Geld.
Klar ist, dass die Koalitionäre die Beschlüsse aus dem
vom vergangenen Sommer umsetzen wollen. Vor allem Naturschützer pochen auf Umsetzung der Ziele – auf eine Ausweitung des Öko-Landbaus auf bis zu 50 prozent und eine Reduzierung des Einsatzes von Pestiziden auf Äckern um 40 Prozent bis 2030. Außerdem sollen 15 Prozent der Landesfläche als Biotopverbund für den Artenschutz zusammenwachsen und geschont werden. Beschlossen ist zudem, dass zu den beiden bestehenden
ein drittes in Oberschwaben hinzukommen soll.
Klimaschutz-Sofortprogramm Biodiversitätsstärkungsgesetz Biosphärengebieten Innenpolitik 1400 zusätzliche Polizisten
Jährlich will Innenminister Strobl einstellen – zudem 200 weitere Experten für Cyberkriminalität und 200 neue Ermittlungsassistenten.
Aber: Die finanziellen Spielräume für Neueinstellungen sind gering. Die CDU hatte zwischenzeitlich vorgeschlagen, über alle Behörden hinweg 3000 Stellen zu streichen – was wiederum den Beamtenbund auf die Palme gebracht hat. Auch die Grünen wollen wohl ans Verwaltungspersonal ran, aber wohl in deutlich geringerem Ausmaß. Lange schon pochen die Grünen zur Entlastung der Polizei darauf, manche
zu stellen. Beim Containern, also dem Mitnehmen von Lebensmitteln aus SupermarktContainern, haben sie sich offenbar ebenso durchgesetzt wie beim Schwarzfahren und beim Cannabisbesitz. Die Polizei läuft derweil Sturm gegen zwei weitere Pläne: GrünSchwarz möchte eine
für Polizisten umsetzen. Künftig sollen Polizisten mit einer individuellen Kennung während Einsätzen etwa bei Demonstrationen also klar identifizierbar sein. Ebenso umstritten ist ein
Delikte straffrei Wohnen und Familien
Die CDU musste hier ordentlich Federn lassen. Ihr Wunsch, auf Landesebene ein von 1200 Euro pro Kind und Jahr zu zahlen, ist ebenso vom Tisch wie die gewünschte Absenkung der
von fünf auf 3,5 Prozent. Zuletzt ist dem Vernehmen nach auch noch das der Sparräson zum Opfer gefallen.
Antidiskriminierungsgesetz. Baukindergeld Grunderwerbsteuer Familiengeld Kennzeichnungspflicht