Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Dornstädte­r Soldaten helfen in Indien

Bundeswehr liefert mobile Anlage zur Sauerstoff­gewinnung und Beatmungsg­eräte

- Von Ludger Möllers

NEU DELHI/DORNSTADT - In der indischen Hauptstadt Neu Delhi unterstütz­t seit Samstagabe­nd ein Team der Bundeswehr den Kampf gegen die Pandemie: 13 Soldatinne­n und Soldaten, die als Soforthilf­e 120 Beatmungsg­eräte im Gepäck hatten und diese direkt nach ihrer Ankunft ans Indische Rote Kreuz übergaben, werden in den nächsten Tagen eine mobile Anlage zur Sauerstoff­gewinnung aufbauen.

Erst am Samstag hatte Indien als weltweit erstes Land mehr als 400 000 Neuinfekti­onen an einem einzigen Tag gemeldet. Gleichzeit­ig geht den Krankenhäu­sern der medizinisc­he Sauerstoff aus. Angesichts dieser Notlage haben mehrere Länder, darunter Deutschlan­d, die USA, Großbritan­nien und Japan, Unterstütz­ung zugesagt. Das Bundeswehr­Kontingent, dem auch sieben Militärs aus dem in Dornstadt (Alb-Donau-Kreis) stationier­ten Sanitätsre­giment 3 angehören, soll Personal des Indischen Roten Kreuzes in den Betrieb der Anlage einweisen und dazu 14 Tage im Land bleiben.

Rückblende: Freitagnac­hmittag, Rommel-Kaserne, Dornstadt. Nach und nach treffen aus unterschie­dlichen Standorten 13 Männer und Frauen ein, die ihren Marschbefe­hl sehr kurzfristi­g erhalten haben. Mit Oberst Jürgen Thym führt ein erfahrener Offizier das Kontingent: „Zusammenge­rechnet

war ich zwei Jahre in Afghanista­n.“Einige Soldaten sind gerade erst aus der Quarantäne nach dem Corona-Einsatz in Portugal zurück nach Hause gekommen: „Und nun geht es wieder los“, sagt Oberstabsf­eldwebel Dirk Abel, „Indien hatte niemand auf dem Schirm, aber das ist unser Beruf.“

Die Akzeptanz der Familie und Freunde sei für Auslandsei­nsätze ganz generell gegeben, betonen alle Soldaten im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Doch der Indien-Einsatz sei anders: „Wir haben wegen der indischen CoronaMuta­nte und der ganz anderen Kultur höchsten Respekt vor dieser Mission!“Auch Oberst Thym sieht in der fachlichen Aufgabe „kein Problem“: „Der Gesundheit­sschutz der Soldaten ist die große Herausford­erung.“

Die Soldaten haben die erschrecke­nden Bilder vom Subkontine­nt vor Augen: Leichen, die auf offener Straße unter eiligst aufgericht­eten Holzstößen verbrannt werden. Die heftige zweite Welle in Indien wird neben der Impfrate auch mit großer Sorglosigk­eit inklusive großen religiösen Festen und Wahlkampfv­eranstaltu­ngen in den vergangene­n Wochen sowie mit der Virusmutan­te B.1.617 in Verbindung gebracht. Auch der deutsche Botschafte­r in Indien, Walter Lindner, äußerte sich sehr besorgt: „Die Lage ist schrecklic­h und deprimiere­nd. Die Leute ersticken zum Teil in den Autos, weil sie vom einen Krankenhau­s zum nächsten fahren. Die ersticken in der Wartereihe, um auf Sauerstoff zu warten. Das ist alles schrecklic­hst, was wir draußen erleben.“

Mit der mobilen Anlage zur Sauerstoff­gewinnung will Deutschlan­d Leben retten: Die Anlage macht Außenluft zu medizinisc­hem, hochprozen­tigem Sauerstoff, der anschließe­nd unterschie­dlich verwendet werden kann. Rein rechnerisc­h kann die Maschine, die 400 000 Liter Sauerstoff pro Tag produziert, für die künstliche Beatmung von knapp 30 Patienten eingesetzt werden. „Doch in der Regel werden Sauerstoff­flaschen befüllt, die dann auf Krankenhäu­ser aufgeteilt werden“, erklärt Stabsfeldw­ebel Maik Dominiak, der schon bei der Entwicklun­g der Anlage mitgearbei­tet hat und immer wieder zur Wartung und Instandhal­tung in Afghanista­n eingesetzt war. Bei 40 Grad Hitze im Schatten werde die Anlage anders beanspruch­t. Und es gibt praktische Fragen: „Welche Adapter zur Verbindung zwischen deutschem Anschluss und indischer Flasche brauche ich?“

Vier Tage hat das Team mit Oberst Thym Zeit, um den Standort zu erkunden und offene Fragen zu klären. Denn die Anlage wird am Donnerstag in Neu Delhi erwartet: Zwei Luftwaffen-Flugzeuge sind für den Transport der Container, Maschinen, Flaschen und Zelte notwendig.

 ?? FOTO: DIRK BANNERT/BUNDESWEHR ?? Stabsfeldw­ebel Maik Dominiak vor der mobilen Anlage zur Sauerstoff­gewinnung, die in Indien eingesetzt werden soll.
FOTO: DIRK BANNERT/BUNDESWEHR Stabsfeldw­ebel Maik Dominiak vor der mobilen Anlage zur Sauerstoff­gewinnung, die in Indien eingesetzt werden soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany