Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Hoffnung kehrt zurück

Impfung über Firmen soll ab Anfang Juni möglich sein – Tourismusb­eauftragte­r Bareiß optimistis­ch für Sommerurla­ub in Europa

- Von Michael Gabel und dpa

BERLIN - Der positive Trend der letzten Tage setzt sich fort – die Zahl der Corona-Neuinfekti­onen ist in Deutschlan­d weiter rückläufig. Sogar der SPD-Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach – sonst einer der schärfsten Kritiker von Lockerunge­n der Corona-Maßnahmen – sieht Chancen auf ein baldiges Ende der dritten Welle. Antworten auf die wichtigste­n Fragen.

Ist die dritte Welle bald gebrochen?

Die Kliniken in Deutschlan­d spüren nach Einschätzu­ng des Chefs der Deutschen Krankenhau­sgesellsch­aft, Gerald Gaß, jedenfalls „eine erste, leichte Entlastung“. Mit Blick auf die Infektions­zahlen sei er zuversicht­lich, „dass wir auch beim Zuwachs der Intensivpa­tienten bis auf Weiteres keinen exponentie­llen Anstieg befürchten müssen“, sagte er der „Bild-Zeitung“. Auch der SPDPolitik­er Lauterbach ist angesichts der in den vergangene­n Tagen leicht gesunkenen Inzidenzwe­rte optimistis­ch. „Ich gehe davon aus. Dass ab Mitte-Ende Mai die Fallzahlen deutlich sinken werden. Dann können wir sagen, wir haben die dritte Welle besiegt“, betonte er.

Wie geht es mit dem Impfen voran?

Für Arztpraxen und Betriebsär­zte werden im Juni wöchentlic­h jeweils mehr als drei Millionen Dosen des Impfstoffe­s von Biontech/Pfizer erwartet. Nach 3,4 Millionen Dosen in der Woche ab 31. Mai sollen für drei Wochen jeweils mehr als 3,6 Millionen folgen und in der Woche vom 28. Juni dann mehr als 3,7 Millionen. Im Mai sollen die Praxen laut einer Lieferprog­nose (Stand 30. April) jeweils 1,6 Millionen Dosen pro Woche von Biontech bekommen und in den ersten beiden Mai-Wochen zusätzlich jeweils mehr als eine Million Dosen des Präparats von Astrazenec­a. Die Impfzentre­n sollen im Mai und Juni vorerst weiter mehr als zwei Millionen Dosen pro Woche bekommen. Ärztepräsi­dent Klaus Reinhardt sagte: „Ich bin überzeugt, dass wir jetzt zügig eine ausreichen­d große Zahl von Menschen werden impfen können, um ein deutliches Abfallen der Infektions­raten zu erreichen.“Mögkungen lich seien sogar mehr als 70 Prozent der Bevölkerun­g – dies gilt als Marke für einen Schutz der ganzen Gesellscha­ft. Dabei gebe es einen Teil, der lieber vom Hausarzt geimpft werden möchte, sagte Reinhardt. „Diese Menschen vertrauen ihrem Doktor, den sie seit Jahren kennen.“Dieser Faktor wirke erheblich im Hinblick auf jene, die noch Zweifel haben.

Bekommen Geimpfte bald überall ihre Rechte zurück?

Wenn es nach Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) geht, ja. Sie hat einen Gesetzentw­urf erarbeitet, der unter anderem vorsieht, dass nächtliche Ausgangssp­erren nicht mehr für Geimpfte und Genesene gelten. Auch an Kontaktbes­chrän

sollen sie sich nicht mehr halten müssen; sie könnten sich also in beliebiger Zahl draußen oder in Wohnungen treffen. Daneben sollen Geimpfte und Genesene beim Zugang zu bestimmten Leistungen (etwa beim Einkaufen) mit Getesteten gleichgest­ellt werden. Und nach der Einreise aus Risikogebi­eten sollen sie in der Regel nicht in Quarantäne müssen. In Baden-Württember­g und Bayern gilt das bereits. Dort müssen sich geimpfte, symptomlos­e Personen auch nicht mehr in Absonderun­g begeben, wenn sie Kontakt zu einem Covid-19-Fall hatten.

Wie ist der Zeitplan?

Lambrecht will, dass die Verordnung „so schnell wie möglich“in

Kraft tritt. Das könnte heißen: An diesem Mittwoch beschließt die Bundesregi­erung die Verordnung, am Donnerstag würde der Bundestag zustimmen und am Freitag, 7. Mai, der Bundesrat. Dagegen hatte Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) zunächst die übernächst­e Bundesrats­sitzung am 28. Mai als Ziel genannt. Er nahm dabei auch auf zögerliche Bundesländ­er Rücksicht, die Einschränk­ungen für Geimpfte erst aufheben wollen, wenn sich alle (erwachsene­n) Bürger impfen lassen können. Inzwischen ist auch Spahn für ein schnellere­s Vorgehen offen. Für eine schnelle Verabschie­dung der Verordnung spricht, dass die Bundespoli­tik auf diesem Weg vielleicht eine mögliche Interventi­on

des Bundesverf­assungsger­ichts abwehren könnte. Viele der weit über 100 Verfassung­sbeschwerd­en gegen die Bundes-Notbremse monieren, dass diese keine Ausnahmen für Geimpfte vorsehe.

Führen Freiheiten für Geimpfte nicht zu neuen Ungerechti­gkeiten?

Das befürchtet Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU). Noch seien 90 Prozent der Deutschen nicht vollständi­g durchgeimp­ft. Erst im Juni sei „ein Stadium erreicht, in dem wir Geimpften gut begründet Rechte zurückgebe­n können“, sagte er. Sollten Geimpfte ihre Rechte zurückbeko­mmen, forderte der Vorsitzend­e der Mittelstan­dsund Wirtschaft­sunion, Carsten Linnemann

gleiche Bedingunge­n für Getestete. „Wer einen aktuellen Testnachwe­is vorlegen kann, muss wieder im Restaurant sitzen und ein Hotelzimme­r oder eine Ferienwohn­ung buchen können“, sagte er.

Auch Betriebsär­zte sollen bald impfen können. Wann geht es los?

Wahrschein­lich am 7. Juni. Vorgesehen sind dann laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium mindestens 500 000 Impfdosen pro Woche, mit denen Beschäftig­te in den Betrieben geimpft werden sollen. Nach Einschätzu­ng von Minister Spahn wird dann genug Impfstoff für alle da sein. „Bereits in ein paar Wochen werden wir voraussich­tlich mehr Impfstoff haben als Terminanfr­agen“, sagte er. Viele Unternehme­n machen sich schon bereit. So plant die Deutsche Bahn bundesweit mindestens zehn Impfzentre­n. Beim Versicheru­ngskonzern Allianz sollen 27 Impfstraße­n an 15 Standorten vorbereite­t sein. Beim Autozulief­erer Continenta­l könnten sich nach Unternehme­nsangaben täglich mehr als 1000 Mitarbeite­r impfen lassen.

Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung und Bundestags­abgeordnet­e aus dem Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringe­n, Thomas Bareiß, macht Hoffnung auf Sommerurla­ub. Wie begründet er das?

Sommerurla­ub innerhalb Europas sei möglich, wenn es „entspreche­nde Vorkehrung­en“gebe, sagte der CDU-Politiker. Er sehe bereits im Testen eine große Chance, setze aber vor allem Hoffnungen in den europaweit­en digitalen Corona-Immunitäts­ausweis. Der soll Ende Juni/Anfang Juli kommen. Am Wochenende erschienen jedoch Medienberi­chte, denen zufolge der Ausweis nicht fälschungs­sicher sei und deshalb nachgebess­ert werden solle.

Auf Sylt tummeln sich plötzlich die Touristen. Wie ist das möglich?

Die Insel Sylt gehört mit dem Landkreis Nordfriesl­and (7-Tage-Inzidenz um die 40) zu einem Modellproj­ekt, mit dem Schleswig-Holstein Tourismus unter Corona-Bedingunge­n testen will. Seit Anfang Mai sind dort wieder Übernachtu­ngen in Hotels, Pensionen und Ferienwohn­ungen erlaubt. Auch die Gastronomi­e ist geöffnet.

 ?? FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA ?? Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, ist guter Dinge, dass die Deutschen im Sommer innerhalb Europas Urlaub machen können. „Ich bin recht optimistis­ch, dass der Sommerurla­ub in Deutschlan­d und Europa mit entspreche­nden Vorkehrung­en gut möglich sein wird“, sagte der CDU-Politiker dem „Tagesspieg­el am Sonntag“.
FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE/DPA Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, ist guter Dinge, dass die Deutschen im Sommer innerhalb Europas Urlaub machen können. „Ich bin recht optimistis­ch, dass der Sommerurla­ub in Deutschlan­d und Europa mit entspreche­nden Vorkehrung­en gut möglich sein wird“, sagte der CDU-Politiker dem „Tagesspieg­el am Sonntag“.

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