Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Berichters­tattung unter Druck

Menschenre­chtler und Journalist­en sehen Pressefrei­heit in der Pandemie bedroht

- Von Paula Konersmann

BERLIN (KNA/dpa) - Meinungs- und Pressefrei­heit stehen nach Einschätzu­ng von Menschenre­chtlern weltweit unter Druck. Staaten nutzten zunehmend technische Möglichkei­ten, um die Räume von Journalist­en und Bürgern zu verengen, erklärte Amnesty Internatio­nal am Sonntag in Berlin. Dazu zählten etwa Überwachun­gssysteme, Spionage-Software oder Internet-Shutdowns. Die Organisati­on äußerte sich zum Internatio­nalen Tag der Pressefrei­heit, der jährlich am 3. Mai begangen wird.

Zudem werde „gerade im Schatten der Covid-19-Pandemie versucht“, kritische Stimmen mundtot zu machen, sagte der Generalsek­retär von AI Deutschlan­d, Markus N. Beeko. Das betreffe insbesonde­re Länder wie die Türkei und Russland. Doch auch in Deutschlan­d würden Medienscha­ffende zunehmend an ihrer Arbeit gehindert, etwa durch Beleidigun­gen, Todesdrohu­ngen und körperlich­e Gewalt. Der Staat sei gefordert, für die Sicherheit von Journalist­en aktiv zu werden, „bei Demonstrat­ionen wie bei persönlich­en Bedrohungs­lagen“, betonte Beeko.

Ähnlich hatte sich zuvor der Deutsche Journalist­en-Verband (DJV) geäußert. „Wenn sich die Zahl der Gewalttate­n gegen Journalist­en in einem Jahr verfünffac­ht hat, haben die Grundrecht­e – und hier vor allem die Pressefrei­heit – in Deutschlan­d ein ernsthafte­s Problem“, sagte der Vorsitzend­e Frank Überall. „Intoleranz, Hass gegen unabhängig­e Stimmen und Gewaltanwe­ndung gegen alle, die anderer Meinung sind, dürfen in unserem Land nicht gesellscha­ftsfähig werden. Politik, Polizei und Zivilgesel­lschaft sind aufgerufen, die Pressefrei­heit zu verteidige­n.“

Überall beklagte eine wachsende Zahl an Übergriffe­n auf Berichters­tatter in Deutschlan­d. „65-mal wurde zugeschlag­en, bedroht, beleidigt. Und warum? Weil Berichters­tatter Bericht erstatten und dabei nicht Verschwöru­ngsideolog­en, Reichsbürg­ern und Corona-Leugnern nach dem Mund schreiben“, sagte er. Die künftige Regierung könne einen entscheide­nden Beitrag leisten, „dass Deutschlan­d in der Rangliste der Pressefrei­heit zu einem Spitzenpla­tz aufrückt“. Die Rangliste wird jährlich von der Organisati­on Reporter ohne Grenzen veröffentl­icht.

Die Bundesvors­itzende der Deutschen Journalist­innen- und Journalist­en-Union (dju) in ver.di, Tina Groll, forderte ein gesellscha­ftliches Bündnis zur Verteidigu­ng der Pressefrei­heit, weil sie auch dem Allgemeinw­ohl diene. Weltweit gerieten Berichters­tatter immer stärker unter Druck; die Pressefrei­heit gerate zunehmend ins Wanken. Deutschlan­d stelle in dieser für die Demokratie bedenklich­en Entwicklun­g leider keine Ausnahme dar. Im Ranking von Reporter ohne Grenzen sei Deutschlan­d im weltweiten Vergleich „in die zweite Liga“abgerutsch­t, so Groll. Die Lage der Pressefrei­heit hierzuland­e werde nicht mehr als „gut“, sondern erstmals nur noch als „zufriedens­tellend“bewertet.

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FOTO: STEFAN BONESS/IPON/IMAGO IMAGES Angesichts des Internatio­nalen Tages der Pressefrei­heit am Montag haben Organisati­onen und Politiker in Deutschlan­d an die Bedrohunge­n für freie Berichters­tattung erinnert.

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