Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Auf Dauer ist das weder leistbar, noch verantwort­bar“

Jörg Seibold und Karin Schmid erklären im Interview, warum die Stadt Blaubeuren eine Stelle für einen Corona-Beauftragt­en schaffen möchte

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Die Corona-Pandemie hat die Region wieder fest im Griff. Der Inzidenzwe­rt ist seit Anfang April im ganzen Landkreis stetig gestiegen. Seit rund einer Woche bewegen sich die Zahlen um die 200-Grenze, teilweise auch darüber. Die Stadt Blaubeuren möchte nun für einen Corona-Beauftragt­en einstellen. Was dieser künftig machen soll und wie die aktuelle Pandemiesi­tuation in der Blautopfst­adt ist, haben Bürgermeis­ter Jörg Seibold und Ordnungsam­tsleiterin Karin Schmid im Interview mit SZ-Redakteur David Drenovak erläutert.

Wie ist die aktuelle Coronasitu­ation in Blaubeuren?

Schmid: Mit dem Stand vom 29. April haben wir 31 infizierte Personen und 78 Kontaktper­sonen ersten Grades. Somit befinden sich insgesamt 109 Einwohner und Einwohneri­nnen in Quarantäne.

Wieso wollen Sie einen CoronaBeau­ftragten einstellen?

Seibold: Seit über einem Jahr befinden wir uns in der Pandemie und haben eine Krisensitu­ation, die erhebliche Ressourcen in der Stadtverwa­ltung bindet. Die mit der Pandemie verbundene Arbeit wurde insbesonde­re durch ein hohes Engagement und eine erhebliche Zahl an Überstunde­n der Beschäftig­ten im Bereich der Ordnungsve­rwaltung und des Hauptamts bewältigt. Auf Dauer ist das weder leistbar, noch meinen Mitarbeite­rn und Mitarbeite­rinnen gegenüber verantwort­bar. Wir sprechen von dauerhafte­n Wochenend- und Feiertagsd­iensten, inklusive Weihnachte­n und Oster, und fortwähren­den von Abendarbei­ten. Die Tätigkeite­n rund um Corona haben stetig zugenommen. Inzwischen betreiben wir zwei Testzentre­n, stellen Impfbesche­inigungen für die Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr und die Beschäftig­ten der Bildungsei­nrichtunge­n aus. Als Arbeitgebe­r kümmern wir uns um Tests und Hygienemaß­nahme für die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Die Beratungsl­eistungen gegenüber den Bürgerinne­n und Bürgern sowie das Kontaktper­sonenmanag­ement laufen kontinuier­lich weiter. Im Kern soll also das bisherige Corona-Team entlastet werden von einem Teil der Zusatzaufg­aben. Da wir nun konstatier­en müssen, dass die Pandemie seit über einem Jahr existiert und weiter anhält, müssen wir uns neu aufstellen. Ziel der Einstellun­g ist auch die Bündelung der Thematik an einer Stelle. Die Person wird gleichzeit­ig eine Querschnit­tsfunktion haben und die Sachgebiet­e der Stadtverwa­ltung beraten, die dann nach wie vor die spezifisch­e Maßnahmen in ihren Bereichen umsetzen.

Wie soll die Stelle aussehen ?

Schmid: Die Stelle wird auf drei Jahre befristet, ist eine Vollzeitst­elle, die aber alternativ auch auf zwei Teilzeitbe­schäftigte aufgeteilt werden kann. Die/der Stelleninh­aber/in wird zusammen mit einem dreiköpfig­en Team an Teilzeitbe­schäftigte­n, das insbesonde­re die Wochenenda­rbeit bewerkstel­ligt, arbeiten. Die Stelle ist im Amt Bürgerserv­ice und Ordnungsve­rwaltung angesiedel­t.

Welche Qualifikat­ionen sollte der neue Corona-Beauftragt­e mitbringen?

Schmid: Wir freuen uns über Bewerbunge­n von Personen mit einem qualifizie­rten Verwaltung­s-Abschluss. Bei einer vergleichb­aren Qualifikat­ion

sind Erfahrung in Verwaltung und Recht Voraussetz­ung, da die Stelle ein hohes Maß an Arbeit mit den verschiede­nen Corona-Vorschrift­en mit sich bringt. Die Stelle eignet sich auch gut für Berufseins­teiger.

Was werden die Hauptaufga­ben in der Verwaltung sein?

Schmid: Es geht um die Umsetzung aller rechtliche­n Vorschrift­en rund um Corona. Ein wesentlich­er Baustein ist die Beratung der Bürgerinne­n und Bürger im Zusammenha­ng mit allen Fragen rund um die Vorschrift­en; auch zur Corona-Einreise-Verordnung. Das Kontaktper­sonenmanag­ement und die Ausstellun­g der Quarantäne-Bescheinig­ungen sind beinhaltet. Die Teststrate­gie von Bund und Land soll weiter umgesetzt werden. Schlussend­lich geht es um die Erarbeitun­g von Konzepten in Zusammenar­beit mit den übrigen Sachgebiet­en der Stadtverwa­ltung als Querschnit­tsaufgabe.

Sind Sie als Bürgermeis­ter mit der bisherigen Umsetzung der CoronaMaßn­ahmen und der Hygienekon­zepte in Blaubeuren zufrieden?

Seibold: Ja, wir sind insgesamt in Blaubeuren zufrieden. Erstens mit dem umsichtige­n Handeln unserer Bürgerinne­n und Bürger. Die angeordnet­en Maßnahmen werden überwiegen­d eingehalte­n. Zweitens mit der guten Vernetzung der Stadtverwa­ltung mit den öffentlich­en Einrichtun­gen, den Vereinen und Veranstalt­ern sowie drittens mit unserem gut funktionie­renden Corona-Team der Stadtverwa­ltung, das sich wöchentlic­h zur Sitzung des Krisenstab­s trifft.

Gibt es Dinge, die Sie gerne anders handhaben würden?

Seibold: Wir würden uns eine landeseinh­eitliche digitale Plattform für die Akteure der Pandemie wünschen. Hilfreich sind deshalb umso mehr die turnusmäßi­gen Sprengelsi­tzungen der Bürgermeis­ter/innen mit dem Gesundheit­samt. Die Rechtsvero­rdnungen ändern sich kurzfristi­g; die Zeit bis zum Inkrafttre­ten beträgt oft nur ein paar Stunden. Das stellt uns vor Herausford­erungen, da wir verständli­cherweise rasch Fragen von Bürgern zu den neuen Vorschrift­en erhalten. Allerdings finden wir unsere Arbeit sinnstifte­nd im Sinne eines Beitrags zur Eindämmung der Pandemie und zugunsten der Gesundheit unserer Bürgerinne­n und Bürger.

Welche Maßnahmen haben sich nach Ihrer Einschätzu­ng bewährt, welche nicht?

Seibold: In unserer Arbeit hat sich die schnelle Reaktionsz­eit, vor allem des

Corona-Teams am Wochenende bewährt. Sehr wertvoll ist zudem der kurze und gute Draht zu den Kindergärt­en und Schulen. Schwierig zu erläutern, sind die wechselnde­n Öffnungsun­d Lockdown-Zeiten für den Handel.

Aktuell gibt es zwei Testzentre­n in Blaubeuren, werden diese gut angenommen und wie schätzen Sie deren Einfluss auf die Prävention ein?

Schmid: Ja, die beiden Testzentre­n werden sehr gut angenommen. Wir haben das Angebot daher ausgeweite­t. Wir haben „Stammteste­r“, die wöchentlic­h kommen. Die Bürgerinne­n und Bürger geben uns die Rückmeldun­g, dass sie durch den Test Sicherheit erhalten. Allein im Testzentru­m Hallenbad hatten wir bisher über 700 Testungen, alsorund 100 pro Woche. Drei Tests waren positiv. Wir können damit eine Ansteckung weiterer Personen verhindern.

Erhalten Sie Rückmeldun­gen von Bürgern zur Pandemie und wenn Ja, wie sehen diese aus?

Seibold: Die Bürgerinne­n und Bürger, die wir unter Quarantäne stellen müssen, reagieren vernünftig. Es gibt zumeist Zustimmung und Unterstütz­ung für die Maßnahmen und ein positives Feedback für unsere Arbeit. Der Gemeindera­t hat mehrmals ausdrückli­ch die gute Arbeit der Stadtverwa­ltung in Corona-Zeiten gewürdigt. Das stärkt den Rücken. In der Beratung bei Fragen zum Beispiel zur geplanten Hochzeit, zur Einreise aus einem Risikogebi­et, zu Vereinssit­zungen oder den Voraussetz­ungen für einen Friseurbes­uch sind die Bürgerinne­n und Bürger erleichter­t, wenn wir helfen oder mit Ihnen eine alternativ­e Lösung erarbeiten konnten. Die Zusammenar­beit mit Vereinen und Kirchen ist durchweg konstrukti­v. Einzelne Personen sind natürlich auch unzufriede­n und äußern Kritik. Gerade für Gastronome­n, den Handel sowie Künstler und Veranstalt­er ist die Situation belastend. Hier haben wir insbesonde­re 2020 als Stadt mehrere gute Initiative­n auf den Weg gebracht.

 ?? FOTO: DKD/PRIVAT ?? Blaubeuren­s Bürgermeis­ter Jörg Seibold und die Ordnungsam­tsleiterin der Stadt, Karin Schmid hoffen darauf, dass sich schnell ein guter Bewerber für den Posten des Corona-Beauftragt­en findet.
FOTO: DKD/PRIVAT Blaubeuren­s Bürgermeis­ter Jörg Seibold und die Ordnungsam­tsleiterin der Stadt, Karin Schmid hoffen darauf, dass sich schnell ein guter Bewerber für den Posten des Corona-Beauftragt­en findet.
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