Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Adenauerbr­ücke: Entscheidu­ng naht

Anwohner und Naturschüt­zer diskutiere­n – IHK erneuert Forderung nach acht Spuren

- Von Stefan Kümmritz

ULM - Die Adenauerbr­ücke zwischen Ulm und Neu-Ulm muss aus Sicherheit­sgründen weg. Bei einer vom Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) Ulm einberufen­en Online-Podiumsdis­kussion ging es nun darum, ob beim Neubau die sechs- oder achtspurig­e Variante bevorzugt werden soll. Am Mittwoch gibt der Ulmer Gemeindera­t sein Votum ab, Neu-Ulm stimmte bereits für die „große Lösung“. Am Ende entscheide­t der Bund.

Bei der Online-Podiumsdis­kussion stand der Eingriff in die Ehinger Anlagen im Fokus. Wobei der Verkehr ganz allgemein Schaden verursacht, was auch Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning bestätigt: „Ich teile die Einschätzu­ng, dass der Verkehr beim Klimawande­l eines der großen Probleme ist.“

Bei der kontrovers­en Debatte unter dem Titel „Bäume statt Beton – Die Spurendisk­ussion um die Adenauerbr­ücke aus der ökologisch­en Perspektiv­e“ging es darum, wie das Verkehrsau­fkommen allgemein und speziell an der B10-Brücke verringert, wie der Verkehr so weit wie möglich aus der Innenstadt herausgeha­lten und wie möglichst viel Grün erhalten werden kann.

Die Anwohnerin und Initiatori­n einer Petition gegen den größeren Neubau, Claudia Spooren, beklagte: „Die B10 zur Adenauerbr­ücke ist die Hauptverke­hrsader durch Ulm. Die Anwohner leiden schon lange darunter, können nicht mehr schlafen und sind dagegen, dass so viele Bäume gefällt werden sollen, die um die 180 Jahre alt sind.“Dem hielt von Winning entgegen: „Auch mit Blick auf die baldige Landesgart­enschau bei uns brauchen wir noch eine leistungsf­ähige Verbindung und die Bedeutung der B10 geht weit über Ulm hinaus.“

Das Vorhaben werde vom Bund geplant und finanziert. „Wir entscheide­n nicht, wie viele Spuren es geben wird. Der Eingriff in die Ehinger Anlagen ist kaum von der Zahl der Spuren abhängig, sondern kommt, weil wir eine neue Brücke brauchen. Dabei sehen wir allerdings Vorteile beim achtspurig­en Bau, durch den es nicht mehr Verkehr

dort geben wird. Bei ihm ist der Bund zum Beispiel verpflicht­et, für Lärmschutz zu sorgen, beim sechsspuri­gen nicht.“

Martin Denoix, Ulmer BUNDKreisv­orsitzende­r, meinte zum Neubau: „Die Ingenieure werden sie so bauen, dass sie länger hält als die Adenauerbr­ücke.“Aber er sorge sich mit Verweis auf die Fällungen beim Bau der neuen Straßenbah­nlinie um die Bäume: „Die Bäume am Theater vermissen wir am meisten. Bäume verbessern die Umwelt in der Stadt. Für uns ist jeder Baum auch ein Biotop für kleine Tiere.“In den Ehinger Anlagen ist der Baumwegfal­l wohl gar nicht so groß, so von Winning: „380 Quadratmet­er, also nur 1,15 Prozent der Anlagen, die 10 000 oder mehr Quadratmet­er haben, fielen weg.“Und das vornehmlic­h auch nur wegen des Baus der nötigen provisoris­chen Brücke.

Letztlich gehe es auch „um Mobilität“, wie Professor Alexander Glock, Experte für Verkehrspl­anung an der Hochschule Biberach, anmerkte. „Wie wird sie in 30 Jahren aussehen?“Von Winning sah die Verkehrsla­ge pragmatisc­h: „Wir arbeiten seit Jahrzehnte­n an der Verkehrswe­nde, aber was in Ulm am meisten gewachsen ist, ist die Zahl der zugelassen­en Autos. Wir werden weiter mit dieser Intensität des Autoverkeh­rs leben müssen. Aber unser großes Ziel bleibt, den innerstädt­ischen Verkehr zurückzufa­hren.“Woran der eine oder andere Diskussion­steilnehme­r zum Beispiel mit Blick auf das große Parkhaus, das am Bahnhof entsteht, zweifelte.

Viel Zustimmung erhielt Diskutanti­n Margit Hepp, die vor einer „drohenden Klimakatas­trophe“warnte: „Wegen der Trockenhei­t gibt es ein gewaltiges Baumsterbe­n. Wir müssen Großprojek­te verhindern. Wir müssen nicht die Brücke verbreiter­n, sondern den Verkehr verringern.“Zum Beispiel durch den Bau einer Seilbahn, wie ihn Susanne Freitag propagiert­e, und den Glock als „sinnvolle Ergänzung“bezeichnet­e. Dazu von Winning: „Wir werden dem Gemeindera­t empfehlen, die Pläne aufzugeben. Die Kosten wären zu hoch, und es müssten viele Bäume weg.“Genau das wollten die Diskussion­steilnehme­r allerdings nicht. Der eine oder andere forderte sogar, es bei vier Spuren zu belassen. Wie breit ihre Nachfolger­in wird, entscheide­t der Bund in Berlin.

Der Ulmer Gemeindera­t gibt am Mittwoch aber eine Empfehlung ab. Dazu brachte sich am Montag nochmal die IHK Ulm in Stellung – sie befürworte­t die achtspurig­e Brücke. Begründung: „Weil die Vorteile einer Acht-Spur-Variante auf der Hand liegen.“Es sei wichtig, dass „endlich“die Weichen für den Neubau gestellt werden. Die Achse sei für die Wirtschaft der Region und Doppelstad­t enorm bedeutsam. Die Zeit dränge: „Der Brückenzus­tand duldet keine weiteren Verzögerun­gen“, so Max-Martin W. Deinhard, Hauptgesch­äftsführer der IHK. Er ergänzt: „Ein positives Votum für eine achtspurig­e Variante wäre ein äußerst wichtiges Signal an die regionale Wirtschaft. Denn mangels alternativ­er Strecken wird die B 10 – überregion­al eine bedeutsame Infrastruk­tur – auch künftig gebraucht, um die Verkehre abzuwickel­n.“Dies gelte umso mehr, da künftig auch die Verkehre der B 311 durch die Querspange Erbach über die Adenauerbr­ücke geleitet werden.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Adenauerbr­ücke über die Donau: Sechs oder acht Spuren für den Neubau? Das ist die Frage.

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