Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Adenauerbrücke: Entscheidung naht
Anwohner und Naturschützer diskutieren – IHK erneuert Forderung nach acht Spuren
ULM - Die Adenauerbrücke zwischen Ulm und Neu-Ulm muss aus Sicherheitsgründen weg. Bei einer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Ulm einberufenen Online-Podiumsdiskussion ging es nun darum, ob beim Neubau die sechs- oder achtspurige Variante bevorzugt werden soll. Am Mittwoch gibt der Ulmer Gemeinderat sein Votum ab, Neu-Ulm stimmte bereits für die „große Lösung“. Am Ende entscheidet der Bund.
Bei der Online-Podiumsdiskussion stand der Eingriff in die Ehinger Anlagen im Fokus. Wobei der Verkehr ganz allgemein Schaden verursacht, was auch Ulms Baubürgermeister Tim von Winning bestätigt: „Ich teile die Einschätzung, dass der Verkehr beim Klimawandel eines der großen Probleme ist.“
Bei der kontroversen Debatte unter dem Titel „Bäume statt Beton – Die Spurendiskussion um die Adenauerbrücke aus der ökologischen Perspektive“ging es darum, wie das Verkehrsaufkommen allgemein und speziell an der B10-Brücke verringert, wie der Verkehr so weit wie möglich aus der Innenstadt herausgehalten und wie möglichst viel Grün erhalten werden kann.
Die Anwohnerin und Initiatorin einer Petition gegen den größeren Neubau, Claudia Spooren, beklagte: „Die B10 zur Adenauerbrücke ist die Hauptverkehrsader durch Ulm. Die Anwohner leiden schon lange darunter, können nicht mehr schlafen und sind dagegen, dass so viele Bäume gefällt werden sollen, die um die 180 Jahre alt sind.“Dem hielt von Winning entgegen: „Auch mit Blick auf die baldige Landesgartenschau bei uns brauchen wir noch eine leistungsfähige Verbindung und die Bedeutung der B10 geht weit über Ulm hinaus.“
Das Vorhaben werde vom Bund geplant und finanziert. „Wir entscheiden nicht, wie viele Spuren es geben wird. Der Eingriff in die Ehinger Anlagen ist kaum von der Zahl der Spuren abhängig, sondern kommt, weil wir eine neue Brücke brauchen. Dabei sehen wir allerdings Vorteile beim achtspurigen Bau, durch den es nicht mehr Verkehr
dort geben wird. Bei ihm ist der Bund zum Beispiel verpflichtet, für Lärmschutz zu sorgen, beim sechsspurigen nicht.“
Martin Denoix, Ulmer BUNDKreisvorsitzender, meinte zum Neubau: „Die Ingenieure werden sie so bauen, dass sie länger hält als die Adenauerbrücke.“Aber er sorge sich mit Verweis auf die Fällungen beim Bau der neuen Straßenbahnlinie um die Bäume: „Die Bäume am Theater vermissen wir am meisten. Bäume verbessern die Umwelt in der Stadt. Für uns ist jeder Baum auch ein Biotop für kleine Tiere.“In den Ehinger Anlagen ist der Baumwegfall wohl gar nicht so groß, so von Winning: „380 Quadratmeter, also nur 1,15 Prozent der Anlagen, die 10 000 oder mehr Quadratmeter haben, fielen weg.“Und das vornehmlich auch nur wegen des Baus der nötigen provisorischen Brücke.
Letztlich gehe es auch „um Mobilität“, wie Professor Alexander Glock, Experte für Verkehrsplanung an der Hochschule Biberach, anmerkte. „Wie wird sie in 30 Jahren aussehen?“Von Winning sah die Verkehrslage pragmatisch: „Wir arbeiten seit Jahrzehnten an der Verkehrswende, aber was in Ulm am meisten gewachsen ist, ist die Zahl der zugelassenen Autos. Wir werden weiter mit dieser Intensität des Autoverkehrs leben müssen. Aber unser großes Ziel bleibt, den innerstädtischen Verkehr zurückzufahren.“Woran der eine oder andere Diskussionsteilnehmer zum Beispiel mit Blick auf das große Parkhaus, das am Bahnhof entsteht, zweifelte.
Viel Zustimmung erhielt Diskutantin Margit Hepp, die vor einer „drohenden Klimakatastrophe“warnte: „Wegen der Trockenheit gibt es ein gewaltiges Baumsterben. Wir müssen Großprojekte verhindern. Wir müssen nicht die Brücke verbreitern, sondern den Verkehr verringern.“Zum Beispiel durch den Bau einer Seilbahn, wie ihn Susanne Freitag propagierte, und den Glock als „sinnvolle Ergänzung“bezeichnete. Dazu von Winning: „Wir werden dem Gemeinderat empfehlen, die Pläne aufzugeben. Die Kosten wären zu hoch, und es müssten viele Bäume weg.“Genau das wollten die Diskussionsteilnehmer allerdings nicht. Der eine oder andere forderte sogar, es bei vier Spuren zu belassen. Wie breit ihre Nachfolgerin wird, entscheidet der Bund in Berlin.
Der Ulmer Gemeinderat gibt am Mittwoch aber eine Empfehlung ab. Dazu brachte sich am Montag nochmal die IHK Ulm in Stellung – sie befürwortet die achtspurige Brücke. Begründung: „Weil die Vorteile einer Acht-Spur-Variante auf der Hand liegen.“Es sei wichtig, dass „endlich“die Weichen für den Neubau gestellt werden. Die Achse sei für die Wirtschaft der Region und Doppelstadt enorm bedeutsam. Die Zeit dränge: „Der Brückenzustand duldet keine weiteren Verzögerungen“, so Max-Martin W. Deinhard, Hauptgeschäftsführer der IHK. Er ergänzt: „Ein positives Votum für eine achtspurige Variante wäre ein äußerst wichtiges Signal an die regionale Wirtschaft. Denn mangels alternativer Strecken wird die B 10 – überregional eine bedeutsame Infrastruktur – auch künftig gebraucht, um die Verkehre abzuwickeln.“Dies gelte umso mehr, da künftig auch die Verkehre der B 311 durch die Querspange Erbach über die Adenauerbrücke geleitet werden.