Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gefeiert statt gefeuert

Wolfsburgs Pat Cortina könnte Trainerkar­riere krönen

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WOLFSBURG (SID) - Die Kritik war klar und deutlich: unansehnli­ches Eishockey, keine Punkte. Noch vor einem Monat stand Pat Cortina bei den Grizzlys Wolfsburg nach acht Niederlage­n in zehn Spielen vor dem Rauswurf. Jetzt greift der ehemalige Bundestrai­ner mit dem krassen Außenseite­r nach dem Meistertit­el.

„Es war für uns das ganze Jahr eine Berg- und Talfahrt“, sagte Manager Karl-Heinz Fliegauf nach dem 3:2 nach Verlängeru­ng bei den Eisbären Berlin im ersten Finale um die 100. deutsche Meistersch­aft. „Es ist immer besser geworden, die Mannschaft ist zusammenge­wachsen. Die Jungs machen es hervorrage­nd. Und natürlich hat Pat als Cheftraine­r einen großen Anteil daran.“

Kurz vor Ostern sahen viele Fans, einige Spieler und auch Fliegauf Cortinas Anteil an der Misere noch als gravierend an. „Wir waren richtig schlecht, ziemlich k.o.“, erinnerte sich der Manager. Nach dem 1:2 beim Süd-Tabellenle­tzten Nürnberg Ice Tigers stand Cortina, der seit seinem Amtsantrit­t 2019 immer wieder Zielscheib­e der Kritik war, vor dem Aus.

Am Karfreitag gab Fliegauf bekannt: Der Trainer bleibt – vorerst. Es folgten sechs Siege aus den nächsten sieben Spielen, Platz drei im Norden und die unglaublic­he Erfolgsges­chichte in den Play-offs: Erst setzte sich Wolfsburg gegen den NordZweite­n Bremerhave­n durch, dann warf der Außenseite­r den Topfavorit­en Adler Mannheim aus dem Rennen. Schon am Mittwoch (19.30 Uhr/ Sport1) könnten die Grizzlys in eigener Halle den ersten Meistertit­el der Clubgeschi­chte gewinnen.

„Es macht Spaß, dabei zu sein“, sagte Cortina nach dem Sieg in Berlin.

In der Hauptrunde hatte sich der Italokanad­ier noch anders angehört. „Wenn ich es noch nicht geschafft habe, das Vertrauen der meisten Fans zu erlangen, ist das nicht angenehm für mich“, gab der 56-Jährige im Januar zu. „Aber ich muss trotzdem ich selbst bleiben.“

Es war nicht die erste schwierige Zeit in Pat Cortinas langer Trainerkar­riere. Nach dem Aufstieg mit dem EHC München in die Deutsche Eishockey Liga wurde der ehemalige Coach der italienisc­hen und ungarische­n Nationalma­nnschaft 2012 Bundestrai­ner – und galt als „Billiglösu­ng“. Er verpasste die Qualifikat­ion für Olympia 2014, regelmäßig sagten Stammspiel­er ihre WM-Teilnahme ab, das Ziel Viertelfin­ale erreichte Cortina in drei Anläufen nie – 2015 musste er gehen. Nach zwei Jahren in Schwenning­en wurde er im Herbst 2018 gefeuert, in Wolfsburg stand er von Beginn an in der Kritik.

Vor vier Wochen änderte Cortina auf Druck sein extrem defensives System, man spiele „aktiver, kreiert mehr“, sagte Fliegauf, „die Jungs haben gesehen: Das passt zu uns.“

Womöglich sogar meisterlic­h.

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FOTO: DPA Auf Titelkurs: Pat Cortina.

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