Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Atempause im Streit ums Abendmahl
Ökumenischer Kirchentag beginnt an Christi Himmelfahrt – Corona-Pandemie zwingt zu rein digitalen Formaten
RAVENSBURG - Spontane Chorgesänge, Gemeinschaftsgefühle inmitten Zehntausender und bunte Bilder, bestimmt durch die obligatorischen Kirchentagsschals: Beim 3. Ökumenischen Kirchentag (ÖKT), der an Christi Himmelfahrt beginnt und bis Sonntag dauert, wird es diese Eindrücke nicht geben.
Durch die Corona-Pandemie wird aus einer Veranstaltung, die in Frankfurt am Main für 150 000 Teilnehmer mit 2500 Gottesdiensten, Foren und Workshops geplant war, ein rein digitales Treffen mit 80 Angeboten im Netz. Statt bequemer Schuhe ist eine stabile Internet-Verbindung nötig. So gewinnt das Leitwort „schaut hin“ungewollte Bedeutung. Und die Veranstalter warnen: „Wir raten von einer Anreise nach Frankfurt ausdrücklich ab.“Vor Ort sei im geänderten Format sehr wenig zu sehen.
Nachdem Eröffnungsgottesdienst an Christi Himmelfahrt stehen am Freitag ein Festakt, der jüdischchristliche Dialog sowie ein Gedenken an die Opfer der Schoah und ein eigens für den ÖKT geschriebenes Oratorium auf dem Programm. Am Samstag geht es in zehn Online-Podien
jeweils eine Stunde lang um ein Schwerpunktthema – etwa Ökumene, Kirche und Macht, Zusammenleben, internationale Verantwortung oder Klimakrise. Ergänzend kommen Workshops, Bibelarbeiten und Gespräche mit Prominenten hinzu, darunter Vizekanzler Olaf Scholz (SPD), Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Ob eine „Dialogveranstaltung“mit Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU), die voraufgezeichnet wurde und am Samstag ausgestrahlt wird, zielführend für einen Kirchentag ist, wird in Kirchenkreisen stark angezweifelt.
Der erzwungene Rückzug ins Digitale ohne öffentliche Gottesdienste entschärft den Konflikt ums gemeinsame Abendmahl evangelischer und katholischer Christen, der im Präsenzformat allein wegen der hohen Zahl der Gottesdienstbesucher und
Teilnehmer an Kommunion und Abendmahl für Schärfe gesorgt hätte. Zuletzt hatte ein Schreiben aus dem Vatikan, das die Interkommunion untersagt, Unmut ausgelöst.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat klar geäußert, dass es keine „gemeinsamen“Mahlfeiern durch Geistliche verschiedener Konfessionen geben werde. Zuletzt bekräftigte er aber mit Blick auf die Kommunion seinen Willen zu einer Öffnung der katholischen Eucharistiefeiern für Protestanten: „Wer im Gewissen glaubt, was gefeiert wird in der anderen Konfession, der wird auch hinzutreten können und nicht abgewiesen.“
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ist entspannter: Auf dem Weg zu „wechselseitiger Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl“dürfe man sich nicht entmutigen lassen.
Das Programm des Kirchentags ist live auf der ÖKT-Homepage anzusehen: www.oekt.de
Es gibt zudem eine ÖKT-App www.oekt.de/app