Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Vom Applaus zum Handeln
Träger und Pflegevertreter fordern zum internationalen „Tag der Pflege“politisches Handeln
ALB-DONAU-KREIS - Der internationale „Tag der Pflege“wird jährlich am 12. Mai begangen. Der Tag erinnert an den Geburtstag der britischen Krankenpflegerin und Pionierin der modernen Krankenpflege, Florence Nightingale. Gerade in Corona-Zeiten fällt das Licht immer wieder auf diejenigen, die sich um die Schwächsten kümmern und mehr oder minder seit mehr als einem Jahr im Dauerstress arbeiten. Am Aktionstag fordern nun auch die Träger der örtlichen Einrichtungen, dass sich besonders politisch mehr tun muss, als im richtigen Moment Applaus zu klatschen.
Stellvertretend für viele Kollegen in der Branche bekräftigt Bernhard Schneider, Hauptgeschäftsführer der Evangelischen Heimstiftung (EHS), dass in diesem Corona-Jahr die Pflege so viel öffentliche Aufmerksamkeit bekommen hat, wie lange nicht und das zurecht, denn die Pflegekräfte in seinem wie auch anderen Häusern „leisten in dieser Zeit Unglaubliches“. Danke sagen reiche aber schon lange nicht mehr aus, deshalb müsse insbesondere die Politik, und hier spreche er ganz direkt Bundeskanzlerin Angela Merkel an, vom Klatschen zum Handeln kommen – und damit den Dank umwandeln in eine echte Pflegereform, damit die Pflegenden mehr Geld und mehr Zeit für ihren Job bekommen.
Die besondere Herausforderung läge aktuell im Finanzierungssystem der Pflege, sowie es aktuell strukturiert sei, bestehe darin, dass die Kosten für eine bessere Bezahlung der Pflegenden auf die Pflegebedürftigen und deren Angehörige abgewälzt würden. „Jede Tariferhöhung oder sonstige Kostensteigerung landet also vollumfänglich auf den Schultern der Pflegebedürftigen. Das bringt unsere Mitarbeitende in eine schwierige Situation. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel zugespitzt formuliert: Pflegekraft Frau Müller weiß, wenn sie eine Gehaltserhöhung bekommt, rutscht Bewohnerin Frau Weber in die Sozialhilfe. Das ist nicht gerecht und auch nicht zumutbar“, so Schneider.
Zum Tag der Pflege hat er sich deshalb in einem offenen Brief und einer Videobotschaft mit genannten Forderungen zur Pflegereform direkt an Bundeskanzlerin Angela Merkel gewandt. Darin fordert er sie auf, das Heft des Handelns in die Hand zunehmen, mit der Pflegereform zu zeigen, was gute Pflege wert ist, aber auch mit einer echten Deckelung der Eigenanteile die Pflegebedürftigen zu entlasten und dafür zu sorgen, dass sie sich auch in einem Jahr noch gute Pflege leisten können.
Wenn Schneider von heute auf morgen einen Punkt im Pflegesystem verbessern könnten, würde er die Grundlage dafür schaffen, dass die Pflegenden mehr Geld und mehr Zeit für ihren Job bekommen und die Eigenanteile der pflegebedürftigen Menschen verlässlich begrenzt werden können.
„Eine Pflegereform kann diese Logik mit einer echten Deckelung der Eigenanteile umkehren: Die Pflegebedürftigen bezahlen dann einen fixen Betrag und den Rest übernimmt die Pflegekasse. Nur so können die Mehrkosten, die durch den Tariftreuegrundsatz und bessere Personalschlüssel entstehen, finanziert werden“, erklärt der Hauptgeschäftsführer der EHS, der die Zukunft der Pflege, wie viele Mitbewerber, dezentral sieht: „Auch die EHS baut seit vielen Jahren kleine, wohnortnahe Einrichtungen nach dem Wohngruppenmodell“.