Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Tausende Euro fürs Computersp­ielen

Traumberuf Streamer: Elotrix aus Ulm unterhält auf Onlineplat­tformen viele Menschen

- Von Quirin Hönig

ULM - Mit dem Spielen von Videospiel­en Geld verdienen: Was für manche wie ein Traum klingt, ist für den Ulmer Streamer Elotrix die Realität. Mehrmals die Woche können Zuschauer ihm für vier bis sechs Stunden live dabei zusehen, wie er Spiele spielt und Videos kommentier­t. 1,3 Millionen Follower auf der Plattform Twitch machen den 29-Jährigen zu einem der bekanntest­en deutschen Streamer. Sie alle kennen sein Gesicht und seinen Vornamen: Carsten. Seinen Nachnamen verrät Elotrix nicht. Der Internet-Star will seine Privatsphä­re schützen.

„Man muss damit rechnen, dass die Leute einen erkennen“, sagt Elotrix. Dann heiße es oft Selfies machen und Autogramme schreiben. „Meine Zuschauer sind sehr korrekt“, lobt Elotrix. Das ist nicht überall so. Sein Freund Montana Black, der bekanntest­e deutsche Streamer, zog 2020 aus seiner Heimatstad­t weg, weil Fans seine Privatsphä­re nicht respektier­t hatten.

Wie erklärt man die Tätigkeit jemandem, der Streaming nicht kennt? „Ich hab es irgendwann aufgegeben, das zu beschreibe­n“, sagt Elotrix lachend. In seinen Augen ist es am ehesten vergleichb­ar mit einer LiveFernse­hshow mit ihm als Alleinunte­rhalter. Regelmäßig verfolgten 8000 bis 10 000 Menschen seine Streams. Das ist nicht einfach nur ein Hobby. „Ich verdiene das, was andere im Jahr verdienen, in einem Monat“, erzählt der 29-Jährige.

Elotrix Internet-Karriere begann als Youtuber. 2012 fing der inzwischen 29-Jährige damit an, dort Videos von Computersp­ielen hochzulade­n. „Streaming hat mich schon damals gereizt“, erzählt Elotrix. 2013 wechselte er zur damals ziemlich neuen Plattform Twitch, die heute zum Amazon-Konzern gehört und der weltweit größte Streaming-Anbieter ist. Streaming ist aber eine Nische, im Vergleich zu Youtube ist Twitch relativ unbekannt.

Elotrix streamt meist viermal die Woche: montags, mittwochs, donnerstag­s und samstags. Beginn ist immer zwischen 18 und 20 Uhr. Ein festes Programm gibt es aber nicht. „Ich halte das sehr flexibel“, sagt Elotrix. Manchmal fällt ein Stream aus, manchmal streamt er auch an einem anderen Tag oder fängt später an. Dann benachrich­tigt Elotrix seine Zuschauer. „Ich komme nur live, wenn ich meinen Zuschauern die beste Unterhaltu­ng bieten kann“, sagt er. Seine Streams laufen meist nach demselben Muster ab: Anfangs unterhält er sich mit seinen Zuschauern, dann sieht er sich Youtube-Videos oder Dokumentat­ionen an und kommentier­t diese und zum Abschluss spielt er Videospiel­e.

Da die Streams oft bis spät nachts dauern, geht Elotrix meist erst gegen drei oder vier Uhr morgens ins Bett. „Mein Schlafrhyt­hmus ist manchmal nicht so gut“, gesteht er. Meist schlafe er am Folgetag dann bis mittags.

Der Großteil von Elotrix TwitchEinn­ahmen kommt von Abonnenten. Seine Fans können ihn für 4,99 Dollar (etwa 4,20 Euro) im Monat abonnieren. Das Geld wird zwischen dem Streamer und der Plattform aufgeteilt. Bei einem Stream können auch Leute zuschauen, die nicht dafür bezahlen. Elotrix Abo-Zahlen schwanken von Monat zu Monat etwas, laut eigener Aussage befinden sie sich seit geraumer Zeit stabil über der 10.000Marke.

Ansonsten verdient Elotrix sein Geld über Youtube, mit der auf Twitch geschaltet­en Werbung und als Werbepartn­er für Firmen, die Produkte für Gamer herstellen. Bei der Auswahl dieser Partner geht Elotrix nach eigener Angabe sehr vorsichtig vor. Er bewerbe nur Produkte, die er selbst nutze und die ihn überzeugte­n. Deshalb teste er sie immer zuerst einen Monat lang. „Ich brauche das Extrageld von den Werbepartn­erschaften nicht zum Leben“, sagt er. Das Geld ist bei dem Streamer nicht knapp. Einen kostenaufw­endigen Lebenswand­el hat der Streamer nach eigenen Angaben nicht. Die meisten seiner Einnahmen spart er für ein Eigenheim.

Wie wird man als Streamer erfolgreic­h? „Ich kenne die Formel zum Erfolg nicht“, sagt Elotrix. Die Zuschauer entscheide­n, wer erfolgreic­h sei. Er rät dazu, zunächst einen Schulabsch­luss und eine Ausbildung zu machen, damit man auch Geld verdienen kann, wenn der Erfolg als Streamer ausbleibt. Elotrix selbst schloss nach seiner Mittleren Reife eine Lehre zum Speditions­kaufmann ab. Wieder in diesen Beruf zurückzuke­hren, hat er nicht vor. Sein Plan B ist es, eine Firma zu gründen, etwa ein Modelabel oder ein Unternehme­n, das Gaming-Controller modifizier­t und gestaltet.

Elotrix ist quasi dauerhaft im Homeoffice und entscheide­t selbst, wann er arbeitet. Doch er ist auch an sein Publikum gebunden. Der 29-Jährige verbringt viele Nächte vor dem Bildschirm, weil er da die meisten Zuschauer hat. Der Großteil ist zwischen 18 und 24 Jahre alt. Bei einem jüngeren Publikum könnte er schon am Nachmittag mit dem Streamen anfangen. Er muss also arbeiten, wenn die meisten anderen Menschen frei haben. Damit die persönlich­en Beziehunge­n nicht überstrapa­ziert werden, legt Elotrix Treffen mit Freunden auf freie Tage, manchmal verschiebt er sogar einen Stream.

Dass er seine Eltern, die nicht weit entfernt wohnen, mindestens einmal pro Woche trifft, ist ihm wichtig. Das Finden neuer Freunde sei schwierig, erzählt Elotrix. Bei neuen Bekanntsch­aften wisse er nie, ob diese an ihm selbst interessie­rt seien oder nur etwas von seinem Ruhm abhaben wollten. Seit er ein namhafter Streamer ist, hätten sich zahlreiche alte Bekannte gemeldet, die plötzlich wieder etwas mit ihm unternehme­n wollten.

Als Ausgleich zu den Stunden vor dem Bildschirm geht Elotrix spazieren und ins Fitness-Studio. Er trifft sich auch gerne mit Freunden. Da es während des Lockdowns aber nicht viel zu unternehme­n gab, habe er die Zeit gefühlt durchgearb­eitet, erzählt Elotrix. Das sei für ihn aber kein Problem, denn er liebe das Streamen. „Ich sehe das nicht als Arbeit“, sagt er.

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