Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Unterstütz­ung für Macron

- Von Christine Longin politik@schwaebisc­he.de

Olaf Scholz hat in den deutschfra­nzösischen Beziehunge­n einen schwierige­n Start erwischt. Der Bundeskanz­ler übernimmt sein Amt ausgerechn­et zu einem Zeitpunkt, an dem Frankreich die EU-Ratspräsid­entschaft angeht. Außerdem wird in vier Monaten im Nachbarlan­d gewählt. Kein Wunder also, dass der ehrgeizige Emmanuel Macron die nächste Zeit nutzen will, um sich auf europäisch­er Ebene zu profiliere­n.

Der Abgang Angela Merkels, deren Führungsro­lle unangefoch­ten war, hinterläss­t in der Europäisch­en Union eine Lücke. Frankreich­s Präsident füllt diese in der ihm eigenen selbstbewu­ssten Art. Nur wenige Stunden vor der Ankunft des neuen Bundeskanz­lers veranstalt­ete er eine Pressekonf­erenz zu den Zielen der französisc­hen EU-Ratspräsid­entschaft. Die strengen Haushaltsr­egeln der Union, zu denen auch die neue Berliner Ampel-Koalition steht, packte er dabei en passant in die Mottenkist­e. Mit viel Geld soll stattdesse­n das Wachstum gesichert und sogar die Vollbeschä­ftigung erreicht werden.

Nutznießer wäre dabei nach der Macron’schen Logik vor allem Frankreich selbst, das seine lahmende Industrie mit Geldern aus Brüssel gerne wieder auf Vordermann bringen würde. Dass Scholz darauf vorsichtig reagiert, ist verständli­ch. Er sollte dennoch überlegen, ob er seine hanseatisc­he Zurückhalt­ung nicht aufgeben will. Denn Macron braucht in den nächsten Monaten dringend einen Erfolg auf europäisch­er Bühne. Auch wenn er seine Kandidatur noch nicht bekannt gab, ist er im Bewerberfe­ld um die Präsidents­chaft der Einzige, der ohne Wenn und Aber zu Europa steht.

Seine rechtspopu­listische Rivalin Marine Le Pen will die Europäisch­e Union gemeinsam mit dem Ungarn Victor Orbán nach ihren Vorstellun­gen ummodeln, und die Konservati­ven wollen die nationale Rechtsprec­hung über die europäisch­e stellen. Gegen solche Konkurrent­en ist Macron Europas einzige Hoffnung. Sicher verdienen nicht alle seine Ideen eine blinde Gefolgscha­ft. Aber Deutschlan­d muss ihn offen unterstütz­en. Sonst droht es irgendwann in Brüssel alleine dazustehen.

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