Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Pläne für S-Bahn-Netze im Raum Ulm und am Bodensee kommen voran
Einführung von getaktetem Nahverkehr erfordert langen Atem – Mehr Angebote dank elektrifizierter Südbahn – Am Wochenende Direktverbindung von Lindau in die Schweiz
RAVENSBURG - Ulm und der Bodensee sind nicht nur die Endpunkte der Südbahn. In beiden Regionen werden auch Pläne für ein eigenes S-Bahn-Netz vorangetrieben. Mit dem Fahrplanwechsel am Sonntag kommen beide Projekte einen Schritt voran.
In und um Ulm arbeitet ein Verein schon lange an einer RegioS-Bahn für den Raum Donau-Iller. Auf bayerischer Seite gibt es die ersten Linien schon seit einem Jahr – von Ulm nach Memmingen sowie von Ulm über Senden nach Weißenhorn. Nun zieht Baden-Württemberg nach. Auf der Südbahn bis Laupheim und Biberach, auf der Brenzbahn bis Aalen und auf der Donaubahn bis Munderkingen fahren die Züge künftig als Regio-SBahn – mit einheitlichem Logo, um das Projekt sichtbar zu machen.
Zwar verkehren die Züge unter anderer Bezeichnung großenteils jetzt schon. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) spricht aber von einem „Qualitätsversprechen“, das mit dem neuen Namen verbunden sei. „Wir wollen einen S-BahnStandard schaffen“– so wie man ihn aus Ballungsräumen kenne. Ziel ist ein 30-Minuten-Takt. Im Endausbau soll ein sternförmiges Netz Ulm und Neu-Ulm mit den Endpunkten Aulendorf, Riedlingen, Geislingen, Aalen, Weißenhorn und Memmingen verbinden, vielleicht auch mit Günzburg und Mindelheim.
Ab Sonntag bringt die Regio-SBahn zunächst einmal auf der Südbahn
mehr Verbindungen in den Morgen- und Abendstunden, auf der Brenz- und Donaubahn zusätzliche Kapazitäten in Stoßzeiten.
Um mit dem Projekt voranzukommen, war die Elektrifizierung der Südbahn nach Aussage von Hermann ein wichtiger Schritt, weitere sollen folgen: „Es wird angestrebt, dass wir zukünftig nicht mehr überwiegend mit Diesel fahren, sondern dass wir sukzessive die Strecken elektrifizieren.“Die Länder Baden-Württemberg und Bayern haben dafür beim Bund gemeinsam 750 Millionen Euro Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) angemeldet. Bis alle Pläne umgesetzt sind, wird es nach Hermanns Schätzung noch ein Jahrzehnt dauern.
Ebenfalls einen langen Atem brauchen die Verkehrsplaner, die das Projekt einer Bodensee-S-Bahn voranbringen wollen. Auch hier wird es am Sonntag sichtbare Neuerungen geben. Erstmals steuern Triebwagen der Schweizer Nahverkehrsgesellschaft Thurbo den Lindauer Festlandbahnhof Reutin an. Sie bedienen die neu eingerichtete Linie 7 der Bodensee-S-Bahn. Diese verbindet an Wochenenden künftig die Schweizer Bahnhöfe Romanshorn und St. Margrethen über Bregenz in Österreich mit Lindau-Reutin im Zweistundentakt. Damit ist sie die erste internationale S-Bahn-Linie am Bodensee – als Vorbote eines internationalen vertakteten Regionalverkehrs, wie Werner Fritschi, Bereichsleiter Markt bei Thurbo, erläutert. „Zunächst einmal geht es darum, unter dem Label Bodensee-S-Bahn an einem Ort zusammenzuführen, was schon alles angeboten wird.“In Vorarlberg und im Raum St. Gallen gebe es bereits starke S-Bahn-Netze, so Fritschi. Von einem 30-Minuten-Takt, wie er für Ulm angestrebt wird, ist rund um den Bodensee nicht die Rede. Alles was im Takt und ganzjährig verkehrt, könne in die Bodensee-S-Bahn integriert werden, sagt Fritschi – auch der Katamaran FriedrichshafenKonstanz oder die Fähre Friedrichshafen–Romanshorn. Eine einheitliche S-Bahn-Nummerierung und ein Netzplan für den ganzen Bodenseeraum gebe nicht zuletzt Touristen Orientierung.
Für einen besseren S-Bahn-Takt auf deutscher Seite sei unbedingt die Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn
zwischen Friedrichshafen und Radolfzell nötig, betont Fritschi: „Das ist ein Muss.“
Hinzu kommen kleinteilige Hindernisse für einen S-Bahn-Takt am See. So endet die S7 zunächst deswegen schon in Lindau-Reutin und nicht etwa am Inselbahnhof, weil die Strecke zwischen Reutin und Lindau-Insel den zusätzlichen Verkehr nicht aufnehmen kann. Grund ist ein einzelner Bahnübergang, der erst bis 2023 durch eine Über- oder Unterführung ersetzt werden soll. Erst dann kann die S7 bis zum Inselbahnhof fahren und hat dort Anschluss an die Regionalbahn aus Friedrichshafen, die wiederum nur auf die Insel, aber nicht bis Reutin fährt – und erst wenn dieser Anschluss gegeben ist, lohnt sich der Betrieb der S-Bahn auch unter der Woche.