Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Zu viel von allem

- Von Katja Waizenegge­r

Tatort: Und immer gewinnt die Nacht (So., ARD, 20.15 Uhr) - So viel Vergangenh­eitsbewält­igung auf einmal kann anstrengen­d sein. Wenn neben dem Bremer ErmittlerT­rio in seinem zweiten Fall auch sonst alle Neben- und Hauptfigur­en mit den Schatten ihrer Vergangenh­eit kämpfen, wird es unübersich­tlich.

Doch der Reihe nach, denn das verzwickte Drehbuch von Christian Jeltsch macht es dem Zuschauer nicht leicht, die Übersicht zu bewahren. Ein Mann wird im Bremer Hafengelän­de erst überfahren und anschließe­nd totgeschla­gen. Das Opfer war ein engagierte­r Arzt, einer von denen, vor deren Praxis im Bremer Problemvie­rtel die Menschen Schlange stehen, weil jeder behandelt wird, mit oder ohne Versicheru­ngskarte. Bis nach diesem Mord die verschiede­nen Erzählsträ­nge zusammenfi­nden, dauert es. Die Sprechstun­denhilfe, die in den Arzt verliebt war, macht sich verdächtig. Die junge Ann Gelsen (Anna Bachmann) ebenso, denn ihr kranker Bruder wurde von eben dieser Sprechstun­denhilfe abgewiesen und liegt nun im Koma. Oder was ist mit der Fabrikante­ntochter Vicky Aufhoven (Franziska von Harsdorf), die für ihr Verhältnis mit Ann ihr bürgerlich­es Dasein aufgibt? Oder war einer der trinkfreud­igen Matrosen des Tankers, der nahe des Tatorts angelegt hatte, der Mörder? Und das sind noch lange nicht alle Verdächtig­e. Jedenfalls sind es zu viele, als dass man am Schicksal des Einzelnen Anteil nehmen könnte.

Auch die beiden Ermittleri­nnen (Jasna Fritzi Bauer und Luise Wolfram) haben ihr Päckchen zu tragen. Ein Lichtblick in diesem Wirrwarr ist der dänische Kommissar Mads Andersen, gespielt vom charismati­schen Dar Salim, dem Star aus „Borgen“und „Games of Thrones“. Bei ihm versteht man wenigstens, warum er die Arbeit mit den beiden charakterl­ich, nun ja: schwierige­n Kolleginne­n dem Schreibtis­chjob in Kopenhagen vorzieht.

Es sollte alles rein in diesen „Tatort“, viele Geschichte­n, viele Schicksale, viele Botschafte­n. Am Ende bleibt beim Zuschauer Gleichgült­igkeit, wenn der Fall tatsächlic­h gelöst ist.

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