Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

1600 Unterschri­ften gegen Turm an Donau

Bürgerinit­iative kritisiert geplanten Neubau der Kanzlei SGP in Ulm – Bald wird entschiede­n

- Von Sebastian Mayr

ULM - Eine Liste mit knapp 1600 Unterschri­ften von Bürgerinne­n und Bürgern, die sich gegen den geplanten Neubau eines Büroturms am Donauufer ausspreche­n, hat Kathrin VahleJochn­er von der Bürgerinit­iative (BI) „Ulmer Gleisdreie­ck“am Freitag an Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch übergeben. Am Dienstag berät der Bauausschu­ss abschließe­nd über das Projekt, am Mittwoch fällt der Gemeindera­t eine Entscheidu­ng. Ein Antrag der Grünen, den Beschluss zu vertagen, hatte keinen Erfolg.

Im Ulmer Gleisdreie­ck am Ziegelländ­eweg unweit der Eisenbahnb­rücke will die Neu-Ulmer Wirtschaft­skanzlei Schneider Geiwitz & Partner (SGP) in das Gebäude der früheren Hochschule für Kommunikat­ion und Gestaltung (HfK+G) und in einen Büroturm ziehen, der daneben errichtet werden soll.

Die Bürgerinit­iative, die das Projekt verhindern will, ist von Anwohnerin­nen und Anwohnern nahe gelegener Häuser gegründet worden. Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er kommen aber inzwischen aus dem gesamten Stadtgebie­t.

Sie kritisiere­n, dass diese Stelle kein Ort für ein Gewerbegeb­iet sei, und sie prangern das Verhalten von Stadtverwa­ltung und Gemeindera­t als intranspar­ent an. Man habe der Bürgerscha­ft keine ausreichen­de Möglichkei­t gegeben, sich zu äußern.

Sabine Peters von der Bürgerinit­iative berichtet aus Hunderten von Gesprächen an Infostände­n: Die Menschen hätten mit Erstaunen und Empörung auf die Pläne reagiert. Neben der Bürgerinit­iative will auch eine Interessen­gruppe aus der Kultur- und Bildungssz­ene das Projekt verhindern.

Zwar hat die Stadt auf ihrer Internetse­ite die Möglichkei­t geboten, sich einzubring­en. Das reiche aber nicht aus, finden die Mitglieder der BI. Der Ort sei zu prominent und in der Pandemie sei der Informatio­nsfluss eingeschrä­nkt. Die Möglichkei­t zur Beteiligun­g sei kaum zu bemerken gewesen.

Auch auf Fragen der Bürgerinit­iative sei die Verwaltung nur spärlich eingegange­n und habe manches gar nicht beantworte­t. Nun setzen die Mitglieder ihre Hoffnung in die Abstimmung am Mittwoch: Das Projekt dürfe nicht beschlosse­n, sondern müsse neu geplant werden.

Ihre Hoffnung: Dass man sich vielleicht mit SGP-Chef Arndt Geiwitz auf eine gemeinsame Nutzung einigen kann, die auch Platz für Kultur, Bildung oder ein Bürgerzent­rum biete. Was genau entstehen könne, müsse sich aber erst in einem Prozess entwickeln.

Bislang ist auf dem Grundstück nur eine Sondernutz­ung erlaubt, Büros sind nicht zulässig. Das würde sich mit einem Satzungsbe­schluss im Gemeindera­t ändern.

Von den ursprüngli­chen Zielen der Stadtentwi­cklung an dieser Stelle sei nicht viel geblieben, stellt Sabine Peters fest. Es gehe nicht mehr um Bildung oder soziale Zwecke, nicht mehr um Zugangsmög­lichkeiten für die Öffentlich­keit und auch nicht mehr um die Topografie.

31,20 Meter hoch soll der Büroturm werden. Er würde das Ex-Hochschulg­ebäude und die umliegende­n Häuser um mehrere Meter überragen. Rund 150 Jahre alte Blutbuchen müssten fallen und rund 90 Prozent des Grundstück­s würden bebaut.

Werner Meule von der BI kritisiert das als unökologis­ch. Dass Unternehme­r Geiwitz versproche­n habe, die Bürgerscha­ft dürfe den Campus wie einen Stadtpark nutzen, zähle nicht. Von einem Park könne nicht die Rede sein.

Auch die Idee, aus der Kantine abends und am Wochenende ein öffentlich­es Restaurant zu machen, überzeugt die Mitglieder der BI nicht. Die aktuellen Planungen sehen die Gastronomi­e nicht mehr auf der Donauseite. Das sei weitaus weniger attraktiv als zunächst angekündig­t. Langfristi­g gültig seien solche Aussagen sowieso nicht.

Kathrin Vahle-Jochner betont, dass es nicht nur um Sorgen aus der Nachbarsch­aft gehe: „Das ist nicht mein

Vorgarten, das ist der Vorgarten der Stadt Ulm.“

Bei der BI versteht man nicht, wieso die Stadt das Grundstück nicht selbst erworben habe. Baubürgerm­eister Tim von Winning habe erst nach mehreren Nachfragen eingeräumt, dass der aufgerufen­e Kaufpreis für die städtische Projektent­wicklungsg­esellschaf­t PEG zu teuer gewesen sei.

Vahle-Jochner fragt sich, ob sich die Stadt beim Verkauf des Grundstück­s mit einem Rückkaufsr­echt, einer Beteiligun­g oder anderen Rechten abgesicher­t habe. Auf eine entspreche­nde Anfrage habe sie keine Antwort von der Stadt erhalten, sagt sie.

Ulm hatte das Grundstück 1989 von der Kaufmannsf­amilie Laumayer erworben, die sich bis heute über den Tisch gezogen fühlt. Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt verkaufte die Stadt das Gelände, ein Gebäude für die HfG+K entstand. Die Stiftung hinter der privaten Hochschule hat das Grundstück im Sommer 2020 an eine Gesellscha­ft verkauft, die dort den SGP-Neubau verwirklic­hen will.

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FOTO: ALEXANDER KAYA Eine Bürgerinit­iative will den Neubau an der Donau verhindern.

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