Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Traum der ewigen Kanzlersch­aft

- Von Guido Bohsem politik@schwaebisc­he.de

Wer in Deutschlan­d Kanzler wird, kann in der Regel mit einer längeren Regierungs­zeit rechnen. Es muss schon ziemlich viel schiefgega­ngen sein, bevor die Deutschen dem Regierungs­chef eine zweite Chance verweigern. Ob es auch 16 Jahre werden wie bei Angela Merkel (CDU), darüber wird Olaf Scholz (SPD) noch nicht ernsthaft nachdenken. Dass es mehr als sieben werden sollen wie bei Gerhard Schröder, das hat er schon vor seinem Amtsantrit­t öfter angedeutet.

Viele Faktoren sind zu nennen. Zum einen wählen die Bundesbürg­er gerne den Menschen, der das Amt ohnehin schon bekleidet. Das zeigt eine Serie von Landtagswa­hlen, in denen der wichtigste Faktor für den Erfolg einer Partei immer der Amtsbonus war. „Sie kennen mich“, so hat es Merkel (CDU) 2013 im TV-Duell gegen Peer Steinbrück (SPD) auf den Punkt gebracht. Diesen Slogan hat Scholz mit Sicherheit im Kopf, und er wird ihn, vielleicht in abgewandel­ter Form, auch verwenden.

Doch spricht für eine längere Regierungs­zeit vor allem eins, nämlich die neue Parteienla­ndschaft. Es gibt keine Volksparte­ien mehr. Das haben die vergangene­n Wahlen im Bund und in den Ländern deutlich gezeigt. Die Union irrt, wenn sie weiterhin davon ausgeht, künftig wieder deutlich mehr als 30 Prozent im Bund erreichen zu können. Das wird auch der Nachfolger Armin Laschets nicht ändern können. Wie schnell sich die Union mit diesem veränderte­n Status abfinden kann, wird sich zeigen.

Nein, wenn die Ampel halbwegs funktionie­rt und die Partner sich gegenseiti­g leuchten lassen, wird uns die Ampel noch länger erhalten bleiben. Doch eben das dürfte die größte Schwierigk­eit in den kommenden vier Jahren werden: das Binnenverh­ältnis. Wenn nach der Pandemie das Wirtschaft­swachstum rasant ansteigt, wäre ausreichen­d Geld vorhanden, um die vielen, vielen Pläne der Koalition umzusetzen, und jeder der Partner könnte etwas vorweisen. Eine Wachstumsf­laute hingegen dürfte die jetzt so demonstrat­iv vorgetrage­ne Harmonie ins Wanken bringen, und die Union hätte vielleicht noch eine Chance.

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