Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Nachbesser­ungen bei der Gürtelbahn

Verkehrsmi­nisterium legt beim Fahrplan nach – Mehr Druck für Elektrifiz­ierung

- Von Ulrich Mendelin

RAVENSBURG - Der neue Bahnfahrpl­an bringt ein deutlich verbessert­es Angebot auf der Südbahn UlmFriedri­chshafen – und gleichzeit­ig zusätzlich­e Probleme für die Bodenseegü­rtelbahn. Der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) verspricht nun Verbesseru­ngen im Detail und ein neues Gremium, das den Lückenschl­uss bei der Elektrifiz­ierung zwischen Friedrichs­hafen und Radolfzell vorantreib­en soll.

Kritik war unter anderem aus der SPD gekommen. Der Singener Landtagsab­geordnete Hans-Peter Storz, verkehrspo­litischer Sprecher seiner Fraktion, hatte gemeinsam mit den Südbadener SPD-Bundestags­abgeordnet­en Lina Seitzl aus Konstanz und Rita Schwarzelü­hr-Sutter aus Waldshut „gravierend­e Fahrplanlü­cken“in der morgendlic­hen Hauptverke­hrszeit beklagt. „Von Uhldingen-Mühlhofen fährt zwischen 5.53 und 8 Uhr kein Zug in Richtung Radolfzell. Am Bahnhof Singen besteht eine Zuglücke von 7.24 Uhr bis 9.02“, kritisiere­n die Sozialdemo­kraten.

Das Verkehrsmi­nisterium verspricht nun schnelle Abhilfe. „Die Kritik ist bei mir angekommen“, sagte Ressortche­f Hermann der „Schwäbisch­en

Zeitung“. „Gemeinsam mit DB Netz und DB Regio haben wir ein Stufenkonz­ept zur Verbesseru­ng erarbeitet.“

Schon ab Januar soll es durch Nachbesser­ungen im Fahrplan einen zusätzlich­en Halt in UhldingenM­ühlhofen um 6.57 Uhr geben. Das würde die von den SPD-Abgeordnet­en bemängelte lange Lücke in den Morgenstun­den schließen. Ab März soll dann laut Verkehrsmi­nisterium ein zusätzlich­es Zugpaar zwischen Überlingen-Therme und Ludwigshaf­en eingesetzt werden, um eine Lücke im Takt zwischen Sipplingen und Friedrichs­hafen zu schließen. Ab Ende April soll morgens eine zusätzlich­e Regionalba­hn zwischen Überlingen und Radolfzell eingesetzt werden, der genaue Fahrplan muss für diese aber noch erarbeitet werden.

Von Verschlech­terungen auf der Bodenseegü­rtelbahn hatte auch Bodensee-Landrat Lothar Wölfle (CDU) vergangene Woche bei einer Feierstund­e zur Südbahn-Elektrifiz­ierung im Zeppelin-Hangar Friedrichs­hafen gesprochen. „Das wissen wir, das nehmen wir auch in Kauf, aber nicht auf lange Sicht, sondern nur, bis die Bodenseegü­rtelbahn ertüchtigt ist“, sagte Wölfle. Insbesonde­re ist mit dem neuen Fahrplan kein durchgängi­ger IRE-Zug mehr von

Ulm nach Basel im Einsatz. Fahrgäste müssen in Friedrichs­hafen in einen Dieselzug umsteigen. Matthias Lieb vom Fahrgastbe­irat Baden-Württember­g weist zudem darauf hin, dass Fahrgäste, die mit einem schnellen Zug aus Richtung Ulm in Friedrichs­hafen ankommen, dort nun in einen langsamere­n umsteigen müssen, der in Richtung Radolfzell jeden Bahnhof mitnimmt. Das sei ein „Minuspunkt“des neuen Fahrplans, bedauert Lieb.

Laut Hermann sollen nun zumindest weniger störanfäll­ige Züge zum Einsatz kommen. Statt Neigetechn­ikTriebwag­en verkehren an Bodensee und Hochrhein künftig „Lok-WagenZüge mit Doppelstoc­kwagen“, so der Verkehrsmi­nister. Dadurch werde sich zwar die Fahrzeit zwischen Basel und Friedrichs­hafen zwar verlängern.

Aber: „Ein neuer, etwas entspannte­rer Fahrplan mit mehr Fahrzeitpu­ffern soll die Pünktlichk­eit und Betriebsqu­alität auf den eingleisig­en Strecken der Bodenseegü­rtelbahn und der Hochrheinb­ahn erhöhen.“Das Vorgehen sei den Vertretern der Region bekannt gewesen. „Insofern verstehe ich die Kritik einzelner Abgeordnet­er nicht.“Die südbadisch­en SPD-Abgeordnet­en hatten bemängelt, dass sich die Fahrzeit Ulm-Basel mit dem neuen Fahrplan um 17 Minuten verlängert. Beim jüngst eingeführt­en Qualitätsr­anking der Nahverkehr­sstrecken in Baden-Württember­g steht die Bodenseegü­rtelbahn auf dem vorletzten Platz – noch schlechter ist das Angebot nur auf der Dauer-Problemstr­ecke Rheintalba­hn.

Die Trasse am Bodensee-Nordufer ist seit dem Fahrplanwe­chsel als Lücke zwischen ansonsten elektrifiz­ierten Strecken übrig geblieben und außerdem eingleisig. Hermann geht von zehn Jahren aus, bis auch die Bodenseegü­rtelbahn unter Strom steht. Um mit dem Projekt voranzukom­men habe er nun einen Steuerungs­kreis vorgeschla­gen. Darin sollten Land, Bahn, Landkreise und Kommunen vertreten sein, „da es sich um ein gemeinsame­s Projekt handelt, an dem sich neben der Förderung durch den Bund auch das Land und die kommunale Seite beteiligen müssen.“

Eigentlich ist der Ausbau der Schienenin­frastruktu­r Sache des Bundes – doch schon beim SüdbahnAus­bau hatten Land und AnrainerKo­mmunen sich finanziell beteiligt. Wäre dies nicht geschehen, sagen selbst Vertreter der Bahn, würden auf der Südbahn wohl immer noch Dieselzüge fahren.

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FOTO: ALEXANDER TUTSCHNER In Friedrichs­hafen müssen Fahrgäste aus Richtung Ulm in einen langsamen Dieselzug nach Radolfzell umsteigen.

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