Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Milliardär, Ex-Playboy und Wohltäter
Karim Aga Khan IV. feiert den 85. Geburtstag – Er ist das geistliche Oberhaupt der Ismailiten
BONN/LONDON (KNA) - Was gehört diesem Mann eigentlich nicht? Milliarden auf dem Konto, eine Insel in der Karibik, Yachten auf allen Weltmeeren und die religiöse Verehrung von Millionen sind sein. Dazu der Toleranzpreis der Evangelischen Akademie Tutzing. Die Welt kennt Karim Aga Khan IV. als Magnaten und Mäzen – nur der Titel des unbändigen Playboys ist inzwischen angeblich: Am 13. Dezember vollendet das geistliche Oberhaupt der ismailitischen Muslime das 85. Lebensjahr.
Sein Start war dank der religiösen Überhöhung seiner Familie noch himmlischer als bei Superreichen üblich: Geboren 1936 nahe Genf als Enkel des dritten Aga Khan der Ismailiten verbrachte der junge Karim seine Schul- und Studentenjahre in den Nobelschmieden westlicher Bildung und schloss das Studium der Geschichte in Harvard ab. Prinz Ali, sein Vater, hatte sich 1949 von Karims Mutter, einer englischen Baronesse, scheiden lassen und Hollywood-Star Rita Hayworth geheiratet. Bei seinem Tod 1957 überging Aga Khan III. den verlebten Sohn und bestimmte seinen zielstrebigen Enkel zum Nachfolger.
Mit gerade 20 trat Karim ein legendäres Erbe an. Als Aga Khan – „Herr und Beherrscher“– steht er seitdem an der Spitze fast aller Schiiten, die sich auf Ismail, einen Nachfahren der Prophetentochter Fatima, berufen. Rund 20 Millionen Ismailiten in Pakistan, Indien, Zentralasien, Afrika und der westlichen Welt verehren den Aga Khan heute als direkten Abkömmling Mohammeds und 49. Imam.
Im Mittelalter beherrschte die ismailitische Fatimidendynastie das halbe Mittelmeer und die heiligen Stätten Mekka und Medina. Aus ihren Reihen gingen die Assassinen hervor, die mit heimtückischen Mordanschlägen gegen Kreuzritter Schrecken verbreiteten. Im 19. und 20. Jahrhundert boten sich die Aga Khane dagegen als Kollaborateure des britischen Imperialismus an und wurden dafür in die High Society aufgenommen. Heute gelten die Ismailis als eher liberal, bildungsaffin und wirtschaftlich erfolgreich.
Karim ist britischer Staatsbürger und residiert in einem Schloss nördlich von Paris. Zu den Vorzügen seines Amtes gehört, dass Ismailis ein Zehntel ihrer Jahreseinkünfte direkt an den Aga Khan abtreten. Sein Vermögen von geschätzt zehn Milliarden Euro gründet daneben auf dem Besitz von Hotelketten, Banken, Rennpferdzuchten, Edelsteingruben, Airlines, Golfplätzen …
Doch die eigentliche Bestimmung Seiner Hoheit ist die Wohltat. Das Aga Khan Development Network ist nach eigenen Angaben mit 96 000 Mitarbeitern und einem Jahresbudget von rund einer halben Milliarde Euro die größte private Entwicklungsorganisation der Welt. Projekte wie der Bau von Schulen, Krankenhäusern und Bewässerungsanlagen sollen ausdrücklich auch Nicht-Ismailis zugutekommen. Es gebe keinen echten Konflikt zwischen den Religionen, sagte Karim einmal, dafür hätten sie zu viel gemeinsam. „Wichtig ist, dass wir uns um eine globale Ethik kümmern, die uns alle vereint.“Dazu zählt für ihn auch die Förderung von Mädchen und Frauen. Daneben stiftet er den weltweit wichtigsten Preis für Architektur und fördert die islamische Kunst. Wäre dieser Brückenbauer zwischen
Orient und Okzident doch nur so eine Art islamischer Papst: Die umstrittene Regensburger Rede über Glaube und Gewalt von Benedikt XVI. 2006 bezeichnete er damals als möglichen „Beginn einer aufregenden Debatte, die sich als äußerst konstruktiv für das Verhältnis zwischen islamischer und nichtislamischer Welt auswirken könnte“. Der Islam, ist Aga Khan IV. überzeugt, lege von allen abrahamitischen Religionen den größten Wert auf Wissen und Vernunft. Der Terrorismus wurzele vor allem in mangelnder Bildung. Mehr Wissen über den Islam verlangt er aber auch von den Menschen im Westen.
Und wie sieht es mit Skandalen aus? Bis auf etliche Affären halbwegs bescheiden. Zweimal war der Vater von vier Kindern verheiratet. Nach der Ehe mit einem britischen Model ehelichte er 1998 die Deutsche Gabriele Prinzessin zu Leiningen. Wegen Karims Affäre mit einer Stewardess seines Privatjets reichte sie die Scheidung ein. Das Altenteil dürfte er auch als Junggeselle genießen.