Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Im Cyberbunke­r-Prozess fällt am Montag das Urteil

Verfahren gegen die Betreiber des unterirdis­chen Darknet-Rechenzent­rums dauerte mehr als ein Jahr

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TRIER (dpa) - Der Trierer Cyberbunke­r-Prozess um ein unterirdis­ches Darknet-Rechenzent­rum als Plattform für kriminelle Geschäfte steht vor seinem Finale. Nach mehr als einem Jahr Prozessdau­er soll am Montag, 13. Dezember, vor dem Landgerich­t das Urteil gesprochen werden. Acht Angeklagte­n wird vorgeworfe­n, als kriminelle Vereinigun­g über Jahre hinweg in einem alten Bunker an der Mosel ein Rechenzent­rum für illegale Webseiten betrieben zu haben.

Drogendeal­s im Wert von vielen Millionen Euro, Datenhehle­rei, Computeran­griffe und Falschgeld­geschäfte – all das soll über die Server in der Anlage in Traben-Trarbach gelaufen sein. Dadurch, dass die mutmaßlich­e Bande den Cyberbunke­r betrieb, habe sie die Taten der Cyberkrimi­nellen erst möglich gemacht und somit Beihilfe zu mehr als 240 000 Straftaten geleistet, davon ist Oberstaats­anwalt Jörg Angerer von der Generalsta­atsanwalts­chaft Koblenz überzeugt.

Die Beweisaufn­ahme habe ergeben, dass die Angeklagte­n einen „Bulletproo­f-Hoster“betrieben hätten, der damit warb, ein vor dem Zugriff der staatliche­n Ermittlung­sbehörden sicheres Datenzentr­um anzubieten. Gegenüber Kunden habe man erklärt, dass man alles hosten würde außer Kinderporn­ografie und Terrorismu­s, hatte Angerer in seinem Plädoyer gesagt.

„Allen Angeklagte­n war das Geschäftsm­odell des Cyberbunke­rs bekannt“, sagte Angerer. Es habe eine klare Aufgabente­ilung gegeben. Und: Von den ausgewerte­ten Daten sei nichts legal gewesen. Angerer hatte für die Angeklagte­n teils hohe Freiheitss­trafen gefordert: Darunter für den Hauptangek­lagten, einen 62 Jahre alten Niederländ­er, sieben Jahre und sechs Monate Haft. Er soll der „Kopf der Bande“gewesen sein.

Ein sogenannte­r Manager (52) soll laut Angerer eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten bekommen, der ältere Sohn des Hauptangek­lagten (35) eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Die meisten Angeklagte­n sitzen seit September 2019 in Untersuchu­ngshaft.

Die Verteidigu­ng dagegen hatte in ihren Plädoyers vor allem Freisprüch­e gefordert. Der 62-Jährige sei weder verpflicht­et noch in der Lage gewesen, zu kontrollie­ren, was auf den Servern in seinem Rechenzent­rum angeboten wurde, hatte dessen Verteidige­r gesagt. Der Betrieb eines Rechenzent­rums sei nicht strafbar. Im sogenannte­n letzten Wort sagte der Hauptangek­lagte, er habe nie die Absicht gehabt, gegen Regeln oder Gesetze zu verstoßen. Er habe die Einnahmen aus dem Zentrum dazu genutzt, eine Verschlüss­elungs-App zu entwickeln, sagte der Softwarein­genieur.

Der Prozess gegen die sieben Männer und eine Frau läuft seit Oktober 2020. Es ist nach Angaben der Generalsta­atsanwalts­chaft einer der bundesweit größten Prozesse gegen Cybercrime. Die Anlage war im Herbst 2019 nach fünfjährig­en Ermittlung­en ausgehoben worden. Damals wurden 886 physische und virtuelle Server mit zwei Millionen Gigabyte sichergest­ellt.

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