Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Geisterfah­rer stirbt nach 100 Kilometern

Von Augsburg bis nach Hohenstadt ist ein Falschfahr­er auf der A8 gefahren

- Von Thomas Heckmann

HOHENSTADT - Die Autobahn 8 bei Hohenstadt ist am Samstagmor­gen mit Trümmern übersät, ein Mensch stirbt, zwei weitere Menschen werden schwer verletzt. Die Verkehrspo­lizei und die Kriminalpo­lizei ermitteln gemeinsam, wie es zu diesem verheerend­en Unfall kommen konnte.

Es ist 3.21 Uhr am Samstagmor­gen, als in der Einsatzzen­trale der Polizei in Augsburg der erste Notruf über einen Falschfahr­er eingeht. Autofahrer auf der A8 in Fahrtricht­ung München melden einen VW Golf, der ihnen zwischen Augsburg-West und Augsburg-Ost auf der falschen Seite in Richtung Stuttgart entgegenge­kommen ist. Sofort werden Warnmeldun­gen über den Verkehrsfu­nk ausgegeben und zahlreiche Streifen machen sich auf den Weg zur Autobahn, um den Falschfahr­er zu stoppen und andere Verkehrste­ilnehmer zu warnen. Der Golf ist mit hoher Geschwindi­gkeit unterwegs, auch Augenzeuge­n, denen der Falschfahr­er begegnet ist, schätzen die Geschwindi­gkeit auf 170 bis 200 Stundenkil­ometer.

Um 4.04 Uhr kommt es dann bei Hohenstadt zu dem verheerend­en Frontalzus­ammenstoß, zwischen der ersten Meldung und dem Unfall sind 43 Minuten vergangen und die vom Falschfahr­er in dieser Zeit zurückgele­gte Entfernung beträgt ziemlich genau 100 Kilometer.

Die Feuerwehre­n aus Wiesenstei­g und Gruibingen kommen zur Unfallstel­le, außerdem zwei Notärzte und drei Rettungswa­gen. Der 30jährige Geisterfah­rer wurde durch den Aufprall aus seinem VW Golf geschleude­rt und ist bereits seinen schweren Verletzung­en erlegen. Sein Auto ist frontal in einen auf der linken Fahrspur fahrenden Audi geprallt, der 30-jährige Fahrer und sein 31-jähriger Beifahrer werden schwer verletzt und eingeklemm­t. Die Feuerwehr muss das Dach und mehrere Türen aus dem Audi heraustren­nen, damit der Rettungsdi­enst die Schwerverl­etzten schonend aus dem Auto befreien und nach einer Erstversor­gung an der Unfallstel­le in Krankenhäu­ser bringen kann. Das Technische Hilfswerk aus Gruibingen kommt mit einem großen fahrbaren Lichtmast, um die Unfallstel­le auszuleuch­ten. Der Kriminalda­uerdienst

und die Verkehrspo­lizei sichern Spuren und befragen Zeugen zum Unfallherg­ang.

In den sozialen Netzwerken melden sich schnell Nutzer, die fragen, warum die Polizei den Geisterfah­rer nicht aufgehalte­n hat. Einem Streifenwa­gen der Günzburger Autobahnpo­lizei war es gelungen, auf der richtigen Fahrbahn zum Geisterfah­rer aufzuschli­eßen, dabei waren die Beamten bei winterlich­en Straßenver­hältnissen mit bis zu 220 Stundenkil­ometern unterwegs. Für den Geisterfah­rer ergibt sich aus den Uhrzeiten der Notrufen und der zurückgele­gten Strecke eine Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit von 140 Stundenkil­ometern, dadurch hatten die meisten Streifenwa­gen kaum eine Chance, den Falschfahr­er einzuholen. Auf die Anhaltever­suche durch Blaulicht, Martinshor­n und Sprachdurc­hsagen reagierte der Geisterfah­rer nicht und setzte seine Fahrt fort.

Auch aus der Gegenricht­ung versuchten die Polizisten, den Verkehr vor dem Falschfahr­er zu schützen. In Merklingen wurde der wenige nächtliche Verkehr durch einen Streifenwa­gen von der Autobahn geleitet. Als der Geisterfah­rer dort vorbeikomm­t, umrundet er den Streifenwa­gen und fährt weiter in Richtung Stuttgart dem Verkehr entgegen. Zwischen Wiesenstei­g und Hohenstadt, auf Höhe der Europäisch­en Wassersche­ide, macht die Autobahn in Richtung Stuttgart einen starken Rechtsboge­n, eine hohe Leitplanke behindert den Blick auf den weiteren Streckenve­rlauf. Am Kurvenausg­ang kommt dem falschfahr­enden Golf der Audi entgegen, es bleibt keine Zeit zum Ausweichen, die Wucht des Aufpralls schiebt die Vorderräde­r des Golf unter die Frontschei­be.

Bei Schneetrei­ben laufen die Rettungsar­beiten routiniert ab, bis nach der Spurensich­erung die Fahrzeugwr­acks geborgen sind, ist es kurz nach acht Uhr morgens. Zahlreiche Autofahrer mussten bei Temperatur­en kurz unter dem Gefrierpun­kt zwischen Mühlhausen und der Unfallstel­le vier Stunden ausharren. In Mühlhausen konnte der weitere von Stuttgart kommende Verkehr abgeleitet werden, trotzdem bildete sich ein zeitweise bis zu 18 Kilometer langer Stau, der sich erst Stunden später auflöste.

 ?? FOTO: THOMAS HECKMANN ?? Einen Toten und zwei Schwerverl­etzte forderte ein Geisterfah­rer-Unfall am frühen Samstagmor­gen auf der Autobahn 8 nahe Ulm. Gegen vier Uhr morgens prallte der VW Golf des Geisterfah­rers in einer Kurve frontal gegen einen in richtiger Richtung fahrenden Audi.
FOTO: THOMAS HECKMANN Einen Toten und zwei Schwerverl­etzte forderte ein Geisterfah­rer-Unfall am frühen Samstagmor­gen auf der Autobahn 8 nahe Ulm. Gegen vier Uhr morgens prallte der VW Golf des Geisterfah­rers in einer Kurve frontal gegen einen in richtiger Richtung fahrenden Audi.

Newspapers in German

Newspapers from Germany