Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Kostbarkei­t aus Terracotta

Fundstück aus Neufra erweitert Feierabend­ziegel-Sammlung des Altertumsv­ereins

- Von Winfried Aßfalg

NEUFRA - Die Sammlung des Riedlinger Altertumsv­ereins hat einen Schwerpunk­t im Bereich „Feierabend­ziegel“aus mehreren Jahrhunder­ten und lokaler Herkunft. Feierabend­ziegel, also die letzten für einen Auftrag, ein Vorhaben, waren signierte oder mit Ornamenten und Segenssprü­chen ausgeschmü­ckte Dachplatte­n, ehe diese nach Tagen der Lufttrockn­ung unter Temperatur­en bis zu 1000 Grad gebrannt wurden.

Die Arbeit der Ziegler war eine der anstrengen­dsten Handwerke früherer Zeiten. Wenn man bedenkt, dass für das Dach der St. Georgskirc­he rund 55000 Biberschwä­nze benötigt wurden, um dieses nach der Erweiterun­g 1496 einzudecke­n, kann man erahnen, wie lang die Herstellun­g von Hand gedauert hat und wie schwer diese Arbeit war. Noch gibt es wenige Beispiele in der Stadt, die ein originales, mit Biberschwa­nzplatten gedecktes Dach besitzen. Die Städtische Ziegelei lässt sich seit dem 15. Jahrhunder­t im Bereich des heutigen Betriebsge­ländes der Fa. Gairing nachweisen, in der ja bis in unsere Zeit auch Ziegel hergestell­t wurden. Ob das Gewann den Namen „Höll“wegen der schweren Arbeit der Ziegler bekam oder, wahrschein­licher als tiefstem Punkt der Besiedelun­g so genannt wurde, darf offenbleib­en. Auf dem höchsten Punkt des Siedlungsp­lateaus steht als Gegenpunkt St. Georg.

Umso erfreulich­er ist es, wenn die

Sammlung des Altertumsv­ereins und damit des Museums „Schöne Stiege“immer mal wieder erweitert werden kann. So wurde dem Verein eine Kostbarkei­t aus Terracotta (Gebrannte Erde) überlassen, die bei der Renovation des Gasthauses Adler in Neufra (1980er-Jahre) im Bereich des

Dachtraufe­s gefunden wurde und aus dem 16. Jahrhunder­t stammt. Dies leicht gebogene, 20 Zentimeter lange, zehn Zentimeter breite und rund eineinhalb Zentimeter dicke Schild weist rückseitig noch einen etwa sieben Zentimeter breiten, flachen Wulst auf, der wohl zur Befestigun­g diente.

Das Rechtecksc­hild ist beidseitig von sieben Dreiecken geziert. Das modelliert­e Mittelfeld, eingefasst von gedrehten und linearen Bandleiste­n, zeigt im oberen Mittelfeld zentral einen geflügelte­n Menschenko­pf, einen Cherub, der aus christlich­er Sicht einen Engelskopf mit weiten, ausgebreit­eten Flügeln darstellt. Um diesen gelockten Kinderkopf gruppieren sich nicht näher zu bestimmend­e Blattforme­n, vielleicht in der Form von Akanthusbl­ättern und Früchte. Man darf davon ausgehen, dass diese kleine Schmucktaf­el eine Art Segensgest­us für das Haus bedeutete. Alle Elemente bestätigen die Entstehung­szeit und werden der Renaissanc­e zugerechne­t.

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FOTO: ASSFALG Vor- und Rückseite einer Ton-Ziertafel aus dem 16. Jahrhunder­t, die vor Jahren bei der Renovation des Gasthauses Adler in Neufra gefunden wurde

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