Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Vögel füttern – aber wie?
Ulmer Vogelexpertin gibt Tipps fürs Füttern zu Hause – Vogelhaus ist nur zweite Wahl
ULM (sz) - Vögel füttern – das macht man am besten im Winter, wenn es kalt ist. Doch sollte man überhaupt füttern oder besser nicht? Das ist seit Jahren ein heiß umstrittenes Thema. Die Ulmer Vogelexpertin Wiltrud Spiecker verrät, was man beachten sollte. Sie versorgt seit 1984 verletzte Vögel in ihrem Haus am Eselsberg und kennt sich mit der Materie bestens aus.
Futtermischungen, Meisenknödel und Co. im Wert von 15 bis 20 Millionen Euro wandern jährlich über deutsche Ladentheken. Sowohl mit Blick aufs Futter, als auch auf den Futterspender rät Wiltrud Spiecker von der NABU-Gruppe Ulm/NeuUlm allerdings zum informierten Einkauf statt zum spontanen Shopping. Das fängt beim Futterplatz an: Da geben Naturschützer nämlich seit Jahren dem Futterspender gegenüber dem klassischen Vogelhäuschen den Vorzug. „Im Vogelhaus laufen die Vögel herum und können das Futter mit Kot verschmutzen, was die Verbreitung von Salmonellen und Trichomonaden begünstigt“, so Spiecker. Ein weiteres Plus des Spenders: Das Futter verdirbt darin nicht und bleibt auch bei starkem Wind, Schnee und Regen trocken. Die Futterspender sollten unerreichbar für Ratten aufgehängt werden und so weit von Gebüsch entfernt, dass lauernde Katzen die Vögel nicht überfallen können. Am besten hängt man sie entweder direkt an oder mit ausreichend Abstand zum Fenster auf, so dass schwere Aufprall-Verletzungen vermieden werden. Wenn möglich, den Futterplatz ab und zu wechseln, damit sich unter dem Spender kein Futter und Kot sammeln. Wegschmeißen muss man ein lieb gewonnenes und womöglich vom Enkel gestaltetes Futterhäuschen aber nicht: „Wer weiter- hin darauf setzen möchte, sollte es einmal die Woche mit heißem Wasser reinigen“, so Spiecker. Auch die Umgebung sollte ausgefegt werden.
Vogelfüttern ist eine wunderbare Gelegenheit, die gefiederte Natur in der eigenen Umgebung und aus nächster Nähe zu erleben, gerade auch für kleine Vogel-Fans, betont der NABU. Grundsätzlich nutzen nur etwa zehn bis 15 Arten das angebotene Buffet, gefährdete Vogelarten sind nicht dabei. Aber: „Die unterschiedlichen Vogelarten, erkennen, bestimmen und mehr über sie und ihre Verhaltensweisen
und Bedürfnisse lernen – das macht Spaß und weckt Verständnis für Schutzmaßnahmen für die Natur“, so Spiecker.
Am besten füttert man erst dann, wenn es wirklich kalt ist, schon allein deshalb, weil wärmere Temperaturen die Verbreitung von Krankheitskeimen begünstigen. Für alle Körnerfresser wie Meisen, Finken und Sperlinge eignen sich Sonnenblumenkerne gut als Basisfutter. Bei uns überwintern daneben auch Weichfutterfresser wie Rotkehlchen, Heckenbraunelle, Amseln und Wacholderdrosseln. Für sie kann man Rosinen, Obst, Haferflocken in Bodennähe anbieten, vermischt mit Speiseöl. Dabei ist darauf zu achten, dass dieses Futter nicht verdirbt. Es gibt spezielle Boden-Futterspender, die sich dafür besonders eignen. Insbesondere Meisen lieben auch Gemische aus Fett und Samen, die man selbst herstellen oder als Meisenknödel kaufen kann. Beim Kauf von Meisenknödeln und ähnlichen Produkten kann man darauf achten, dass diese nicht in Plastiknetze eingewickelt sind. Man kann die Futterballen in Drahtkörben anbieten, die immer wieder neu gefüllt werden können. So vermeidet man Plastikabfall. Bei den Freiland-Futtermischungen sollte man auf Qualität und die Zutatenliste achten: Billige Futtermischungen enthalten oft nährstoffarme Weizenkörner, und Futter aus biologischem Anbau sollte der Vorzug gegeben werden: So fördert man die naturverträgliche Landwirtschaft und hilft dabei, die Lebensräume gefährdeter Agrar-Vogelarten wie Feldlerche und Rebhuhn zu bewahren. Auf keinen Fall sollte man salzige Essensreste oder Brotabfälle füttern: „Salz und Schimmelbefall ist für Vögel mindestens so schädlich wie für uns“, erklärt Spiecker. Das gilt übrigens auch für die Wasservögel, etwa an der Donau: Brot ist für die Tiere nicht gesund und kann zur Überdüngung insbesondere stehender Gewässer führen.
Am wichtigsten ist dem NABU Ulm, dass es neben der richtigen Winterfütterung auch genügend Lebensräume für die gefiederten Freunde gibt. Jeder kann bei sich im Garten oder auf den Balkon anfangen: samentragende Stauden über den Winter stehen lassen, Laub nur unter die Sträucher fegen, heimische Sträucher wie Holunder, Schlehe oder Faulbaum pflanzen, die Vögeln Schutz und Nahrung bieten. „Ein naturnaher Garten ist die beste Futterstelle!“, so der NABU.