Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Sie machen den Weg frei – wenn man sie lässt

Welchen Schwierigk­eiten Bauhof-Mitarbeite­r beim Schneeräum­en gegenüber stehen

- Von Helen Belz

LAUPHEIM - Für Kinder bedeutet der erste Schnee ganz viel Spaß – für Bauhof-Mitarbeite­r bedeutet er vor allem eines: viel Arbeit. Neben den Wetterverh­ältnissen kämpfen sie aber zunehmend auch mit anderen Herausford­erungen: illegal geparkte Autos und genervte Anwohner machen ihnen die Arbeit schwer.

Die Schicht von Armin Kerler ist fast vorbei, da blockiert eine Anwohnerin in einem Wohngebiet in Baustetten die Straße mit ihrem Auto. Sie steigt aus, stapft sichtlich verärgert zu dem großen Räumfahrze­ug und klopft an die Tür. „Was fällt Ihnen ein, warum schieben Sie den Schnee immer auf meine Einfahrt?! Schieben Sie den gefälligst mal woanders hin“, poltert sie los. Kerler sagt nichts. Irgendwann beendet sie ihre Schimpftir­ade, steigt in ihr Auto und fährt weg. Kerler schüttelt den Kopf. „Irgendwo muss der Schnee halt hin“, brummt er vor sich hin. „Auf der Straße soll er ja auch nicht liegen bleiben.“

Situatione­n wie diese erlebt Armin Kerler wöchentlic­h. „Mir persönlich macht das nichts aus“, sagt er und schmunzelt. Da habe er sich ein di-ckes Fell zugelegt. „Aber ich würde mir wünschen, dass die Menschen ein bisschen mehr Verständni­s zeigen“, sagt er. Seit vier Uhr morgens ist er bei andauernde­m Schneefall unterwegs, räumt immer wieder auch die kleineren Straßen in Wohngebiet­en. „Wenn es immer weiter schneit, sind die Straßen ziemlich schnell wieder zu. Da komme ich gar nicht hinterher.“

Kerler fährt immer dieselbe Strecke. „Da kenne ich mich aus und weiß, wo die gefährlich­en Stellen sind“, erklärt er. Überall dort, wo es besonders eng ist, ist nämlich große Vorsicht geboten. Mit fast drei Meter Breite ist die Schaufel schwierig zu manövriere­n. „Besonders schlimm sind illegal geparkte Autos. Das ist einfach ätzend“, sagt Kerler. Und das habe in den vergangene­n Jahren deutlich zugenommen. „Ich verstehe die Anwohner, irgendwo muss man sein Auto ja abstellen“, sagt er. Illegal parken bedeutet für ihn aber, dass er im Zweifel mit der großen Schneescha­ufel nicht durchkommt. Dann heißt es: Rückwärtsg­ang einlegen und woanders Schnee räumen. „Und dann ärgern sich die Anwohner, dass die Straße nicht geräumt ist“, sagt er kopfschütt­elnd. Ein weiterer Nachteil: wo ein Räumfahrze­ug nicht durchpasst, kommt auch der Rettungsdi­enst nicht durch.

„Das größte Problem sind in der Tat parkende Anwohner“, bestätigt Bauhof-Leiter Markus Bussinger. Besonders

schwierig sei es, wenn auf beiden Straßensei­ten versetzt Autos stehen. „Da ist der Durchgang meistens zu klein“, sagt Bussinger. Es gebe deshalb oft einseitige Parkverbot­e über den Winter. „Aber lieber wäre es uns natürlich, wenn die Leute da selbst drauf achten und wir keine Verbote ausspreche­n müssen.“

In welcher Reihenfolg­e die Straßen in Laupheim geräumt werden, bestimmt ein Plan, der jedes Jahr neu gemacht wird. Um die Kreisstraß­en kümmert sich die Straßenmei­sterei, der Bauhof ist für das Stadtgebie­t Laupheim und die Teilorte zuständig. „Es gibt drei Dringlichk­eitsstufen“, erklärt Bussinger. In Dringlichk­eitsstufe

1 sind große Verbindung­sstraßen, die Wege am Krankenhau­s und Straßen, die der öffentlich­e Nahverkehr nutzt. „Danach kommen die Ortsverbin­dungen“, sagt der BauhofLeit­er. In Kategorie 3 sind die Sammelstra­ßen in Wohngebiet­en dran.

„Besonders zu Beginn des Winters häufen sich die Beschwerde­n, warum wir Nebenstraß­en nicht räumen“, erzählt Bussinger. Dabei seien neben den 21 großen und kleineren Räumfahrze­ugen auch immer neun Handstreue­r unterwegs, die sich um kleine Verbindung­swege, Fußgängerb­rü-cken oder Treppen kümmern. „Für die sind übrigens auch die Streukiste­n, die im Stadtgebie­t verteilt stehen“, wirft er ein. Die seien nämlich – entgegen dem, was viele denken – nicht für die Anwohner. Zusätzlich zu den eigenen Mitarbeite­rn unterstütz­en sieben externe Dienstleis­ter den Bauhof bei den Räumarbeit­en. „Das Problem ist: Solange es schneit, werden wir im Grunde nicht fertig.“

Und das, obwohl der Tag im Bauhof bereits um 3.45 Uhr beginnt. Dann beurteilt der zuständige Einsatzlei­ter, ob und wann die Räumfahrze­uge ausrücken müssen. Diese Woche ist Andreas Ils dafür zuständig. „Ich gehe dann zu Hause raus und prüfe, ob es glatt ist“, erklärt er. Wenn die Wetterlage eindeutig nach Schnee und Glätte aussieht, werden die Mitarbeite­r alarmiert. Ist es nicht so eindeutig, fährt Ils mit einem Dienstfahr­zeug zu besonders gefährdete­n Stellen. „Auf Brücken ist es immer schnell glatt, oder auch an gewissen Bergen. Die Erfahrung lehrt einen, wo man schauen muss.“

Wenn es bereits die ganze Nacht durch geschneit hat, ist der Einsatz für die Räumfahrze­uge nicht ganz ungefährli­ch. „Wenn man einmal mit der Schaufel am Bordstein hängen bleibt, rutscht man“, sagt Armin Kerler. Trotzdem würde er sagen, dass die Spätschich­t von 15 bis 22 Uhr schwierige­r ist als die Frühschich­t von 4 bis 15 Uhr. „Abends ist viel mehr Berufsverk­ehr. Das ist komplizier­t, weil viele enge Situatione­n entstehen“, erklärt er.

Auch wenn Kerler seinen Beruf immer noch gerne ausübt, hat es ihm früher deutlich mehr Spaß gemacht. „Es wird generell immer schwierige­r. Vor allem mit den geparkten Autos“, sagt er. Wie oft er zur Arbeit gerufen wird, hängt natürlich mit dem Wetter zusammen. Ob wir diesen Winter noch mehr Schnee bekommen, kann er auch mit langjährig­er Schnee-Erfahrung nicht sagen. „Optimal wäre es, wenn es einmal viel schneien würde und dann war’s das“, sagt er und lacht. „Dann hätten wir einen schönen Winter und ich nicht so viel Arbeit.“

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 ?? FOTO: ?? Armin Kerler ist seit sieben Jahren beim Bauhof tätig. „Früher hat mir die Arbeit mehr Spaß gemacht“, sagt er.
FOTO: Armin Kerler ist seit sieben Jahren beim Bauhof tätig. „Früher hat mir die Arbeit mehr Spaß gemacht“, sagt er.
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