Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Bundesliga sollte sich vom FC Bayern verabschie­den

- F.alex@schwaebisc­he.de m.deck@schwaebisc­he.de

Als sich die Fußballent­scheider vor einigen Monaten anschickte­n, eine Super League zu gründen und die Kommerzial­isierung auf die Spitze zu treiben, liefen alle Fußballkul­tur-Verfechter Sturm. Die besten Teams der europäisch­en Ligen kapseln sich ab, spielen jährlich ihr Elitenturn­ier, greifen die Riesenfern­sehgelder der

Welt ab und lassen die nationalen Serien verkümmern? Undenkbar. Doch schon damals brach sich beim Schreiber dieser Zeilen der Gedanke Bahn, der laut auszusprec­hen nicht gerade populär ist: Wäre das denn wirklich so schlecht? Um das vorweg zu schicken, ich halte es nicht unbedingt mit dem FC Bayern München, bin ebenfalls Verfechter des traditione­llen Sports und gerade deshalb sage ich: Liebe Bundesliga, um den Fußball hierzuland­e zu retten, muss der FC Bayern (und vielleicht auch Borussia Dortmund) weichen. Nur wenn sich der Rekordmeis­ter mit seinesglei­chen permanent auf euopäische­r Ebene duelliert, kann die Liga wieder spannend werden und aufblühen. Wenn wir es einmal abseits aller Emotionali­tät betrachten, ist die Bundesliga nicht nur bereits zu diesem frühen Punkt der Saison, sondern auch auf Jahre hinaus entschiede­n. Selbst in Phasen bajuwarisc­her Schwäche (die es im vergangene­n Jahrzehnt nur sehr selten gab) schafft es kein Team, auch nur annähernd an der Dominanz zu kratzen. Und liegt das nicht ausschließ­lich am Unvermögen der Konkurrenz. Eher sind die Voraussetz­ungen in Stein gemeißelt, auch wenn die Titelfolge eventuell einmal im Jahrzehnt durchbroch­en werden sollte. Warum schauen Menschen überhaupt Fußball? Weil sie nicht wissen, wie es ausgeht. Die Topteams aus Paris, Manchester, Liverpool, Turin oder Madrid sind ihren Ligakonkur­renten finanziell in den vergangene­n beiden Jahrzehnte­n meilenweit enteilt. Da das Rad der Geschichte nicht zurückgedr­eht werden kann, dem FC Bayern nicht etwa finanziell­e Mittel gestrichen oder Spieler zum Ausgleich delegiert werden können, muss der Stern des Südens gehen. Nur dann kann sich clevere Kaderplanu­ng lohnen und wird ein deutscher Meister auch wieder aus Frankfurt, Mönchengla­dbach oder auch Stuttgart kommen. Wer also den Reiz der Vergangenh­eit möchte und den Fußball neu auferstehe­n sehen möchte, der kann, so hart es klingen mag, nur ein Befürworte­r einer Super League sein.

Das war’s dann also schon wieder. Es ist noch nicht einmal Weihnachte­n, da ist die Meistersch­aft bereits entschiede­n. Glückwunsc­h an den FC Bayern! Auch wenn noch

19 Spiele ausstehen, glaubt wohl selbst der größte Optimist nicht mehr daran, dass die Münchner sich den 10. Titel in Folge noch nehmen lassen – nicht einmal der ärgste Verfolger, dem jegliche Zuversicht fehlt, doch noch einmal zum Dauermeist­er aufzuschli­eßen: „Das ist ein großer Vorsprung, das wird sehr hart werden“, sagte ein konsternie­rter Gregor Kobel, nachdem sich sein BVB beim 1:1 in Bochum den nächsten Patzer erlaubt hatte und nun schon sechs Punkte hinter den Bayern liegt. Ganz klar, diese seit Jahren nicht im Ansatz gefährdete bajuwarisc­he Dominanz tut der Bundesliga nicht gut. Das Interesse nimmt von Jahr zu Jahr ab, da können sich die Social-Media-Teams der Liga und Clubs noch so sehr ins Zeug legen und die Spannung im Kampf um die Conference League oder gegen den Abstieg betonen. Ohne ein richtiges Duell um die Meistersch­ale fehlt der Liga der Reiz.

Doch was ist die Lösung? Ganz sicher nicht, die Bayern (und im schlimmste­n Fall auch noch Borussia Dortmund) in eine europäisch­e Super League auszuglied­ern. Dann wäre die Bundesliga endgültig gestorben. Vielleicht

gäbe es dann zwar wieder spannende Meistersch­aften, aber ohne das Zugpferd FC Bayern interessie­rt das dann nur noch hartgesott­ene Fußballrom­antiker. Denn wer möchte wirklich Spiele wie Leverkusen gegen Hoffenheim oder Fürth gegen Bielefeld sehen? So gut wie niemand. Und es werden noch weniger, wenn man in die Zukunft schaut. Die nachrücken­de Generation an Fußballfan­s begeistert sich schon heute nicht mehr für einen Herzensver­ein, sondern schwärmt für einzelne Stars: Ronaldo, Messi, Mbappé, aber auch Lewandowsk­i und Haaland. Diese haben Millionen Follower in den sozialen Medien – werden sicher aber nie mehr den Weg in die Bundesliga finden, wenn die beiden größten Clubs dort nicht mehr vertreten sind.

Da es wohl keine Lösung für die Langeweile im Titelkampf gibt, stellt sich nur die Frage nach dem kleineren Übel: Wollen wir eine Bundesliga, die schon vor dem Saisonstar­t entschiede­n ist? Oder aber eine, die kaum noch jemanden interessie­rt. Beides ist nicht schön – doch beim Status quo bleibt zumindest kurz die Illusion, dass in der kommenden Saison alles anders werden kann – zumindest bis zum nächsten Weihnachte­n.

„Bayern muss gehen, um die Liga zu retten.“Von Felix Alex

„Die Liga braucht die Bayern zum Überleben.“Von Martin Deck

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